System der Angst dreht sich im Kreis (Hobby? Barfuß! 2)

Jay, Stammposter, Friday, 16.03.2007, 06:11 (vor 6465 Tagen) @ Engel

Hi Engel,
auch ich muß sagen, wenn man diese TV-Sendungen wie "Richterin Barbara Salesch" als authentisch & für bare Münze nimmt, was da für meist jugendliche Typen mit flapsiger Sprache & in voller Punkermontur auftreten, sei es als Angeklagte oder Zeugen, ist natürlich der logische Schluß voll gerechtfertigt, daß
* ordentliche Jeans
* ordentliches T-Shirt oder Pullover
* Barfuß
überhaupt keine Einflußgröße auf den Ausgang der betreffenden Verhandlung darstellen sollten.
Nur kommt mir das Ganze unglaubwürdig vor. Solche Termine werden normalerweise gründlich vorbereitet bis hin zu der Psychodimension "Anzug, Schlips & Beschuhung (oder entsprechende Analoga bei Damen) stellen eine Respektsbezeugung vor dem Gericht dar". Warum sollte man also so&soviel Tagessätzen weniger zuliebe, so&soviel Monaten weniger Knast zuliebe auf die "ordentliche Etikette"-Feature verzichten? Schließlich soll die Entstehung eines bestimmten Ergebnisses größtmöglich katalysiert werden (&, seien wir mal ehrlich: wenn Schuhe & Socken, sei es aus idealistischen Gründen oder weil tatsächlich extrem unbequem-unangenehme Modelle vorliegen, nicht gerade als höllische Qualen wahrgenommen werden, treibt doch jeder diesen nicht extrem konstenintensiven Aufwand. Besonders "glaubwürdig" wird die Sache, wenn man sie nicht als "aufgesetzt", sondern in "seriöser Dezentheit" praktiziert, der Glaube, mit dieser einfachen Psychostrategie ein Verhandlungsresultat zu seinen Gunsten verändern zu können, sitzt sehr fest, auch bei mir.)

Nunmehr dreht sich die Sache in diesem Forum im Kreis & wir landen wieder bei einem fundamentalpsychologischen Thread, den ich in meiner Anfangszeit hier angezettelt hatte: "Barfußgehen, eine Provokation - warum?" So wird es wohl psychodimensional auch von der Gerichtsbarkeit empfunden, wenn ein betont anderes Outfit als das gerade eben genannte praktiziert wird. In diesem Thread hatte ich von dem im Forum zwischenzeitlich verblichenen Alan Turing (bezeichnete sich als auch in Bezug auf 'Gesellschaftliches' absolut harten Ganzjahres-BF) einen fürchterlichen Rüffel kassiert, was mir einfällt, barfuß auf der Beerdigung den Toten zu entehren! Lorenz beschäftigte sich mit dem Gedanken an ein Barfuß-Benimm-Seminar (wobei er verständlicherweise im Rahmen des HBF nicht soweit ging, konkret die evtl. und groteskerweise bestehende Möglichkeit von Lerninhalten wie "Wo es sich NICHT gehört, BF zu gehen" zu erwähnen).

Warum werden - wie im vorliegenden Fall einer Hauptverhandlung vor Gericht - freie (oder auch das bereits irgendwo psychodimensional wirkende Wort "nackte") Füße als Provokation empfunden, während man mir in Kindertagen beibrachte: In der Kirche sind Handschuhe auszuziehen & ferner in jedem konservativen Stil- & Etikettebuch 'drinsteht: Sich bei einer Begrüßung per Handschlag im Winter nicht den rechten Handschuh auszuziehen, gilt als unhöflich bis grob unhöflich. Wahrscheinlich auch, sie bei einer Gerichtsverhandlung (samt Wintermantel) anzubehalten...

Warum sind freie Füße immer noch etwas Besonderes (& als Provokation Empfundenes) & nicht einfach Soetwas wie z. B. eine bestimmte Pulloverfarbe? Wer würde sich daran stören (außer ein ultrakonservativer Richter ist bei Herren tatsächlich total anzug- & krawattenfixiert), säße jemand in einem leuchtend orangefarbigen Pullover in der Verhandlung?

Vielleicht wird niemals ergründbar sein, weshalb das so in der menschlichen Gehirnsoft(oder sogar firm-)ware so eingestanzt ist. Gäbe es "das" nicht, fiele vielleicht sogar der Reiz für dieses Forum fort.

Grübelnde Barfußgrüße, Jay


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion