Der längere Hebel (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Tuesday, 06.03.2007, 06:47 (vor 6410 Tagen) @ Engel

Hallo Engel,

ich selber habe nie ein Auto besessen. Und wenn ich mir tatsächlich eins anschaffen sollte, dann würde ich es auch barfuß. Mögliche Polizeikontrollen wären kein Grund. Wie schon andere gesagt haben, ist die barfüßige Benutzung von privaten Fahrzeugen, egal ob Auto, Motorad oder Fahrrad nicht verboten. Als Autofahrer ist man in dem Vorteil, daß Barfüßigkeit während der Fahrt nicht gesehen wird, beim Fahrrad oder Motorrad fällt es schon mehr auf, speziell dann, wenn man zusätzlich noch kurze Hosen trägt. Wenn man als Autofahrer angehalten wird, dann also in der Regel nicht wegen barfuß, sondern wegen anderer Dinge (z.B. zu schnelles Fahren, nicht funktionierendes Licht). Und wenn das "andere" schon eine gebührenpflichtige Verwarnung nach sich zieht, dann wird der Polizist, nicht versuchen, das "barfuß" auch noch ins Spiel zu bringen.

Der Polizist sitzt in der Tat am längeren Hebel. Bei der Bestimmung der Bußenhöhe ist er nicht an eine fixe Zahl gebunden, sondern er hat einen Ermessenspielraum. Und es ist durchaus möglich, daß er beim gleichen Delikt eine unterschiedliche Höhe bestimmt. Eine attraktive junge Frau muß vielleicht weniger bezahlen als eine alte Frau mit Krampfadern. Und wenn der Polizist in der Freizeit am liebsten lange Jeans und Turnschuhe trägt, dann würde er von einem solchen Autofahrer weniger verlangen als von einem Schlipsträger einerseits und von einem kurzbehosten Barfüßer andererseits. So kommt eins zum anderen. Wie will man als Betroffener nachweisen, daß der Polizist die Bußenhöhe wegen barfuß in den oberen Bereich gelegt hat.

Als Radfahrer wurde ich schon häufig kontrolliert, auch schon vor meiner Barfußzeit, wenn ich beim Radfahren kurze Hosen trug. Dabei ist das ebenso wenig verboten. Meistens waren irgendwelche Spießer, die womöglich verbotenerweise während der Fahrt die Polizei per Handy gerufen haben. Nur selten handelten die Polizisten eigenmächtig. Manches Mal mußte ich sämtliche Taschen auspacken, mein Fahrrad wurde auf Fahrtüchtigkeit kontrolliert. Offensichtlich suchten die Beamten irgendwas, um mir eine Buße anhängen zu können, wenn sie schon wegen mir "chrampfen" mußten anstatt in der warmen Wachstube die Zeit mit Jassen zu verkürzen.

In der Schweiz haben Polizisten mehr Macht als andere. Sie dürfen beispielsweise jede "verdächtige" Person überprüfen. Nirgendwo steht geschrieben, was verdächtig ist. Und für manch einen prüden Polizisten ist barfuß an sich verdächtig. Oder eine schwarze Haut. Oder eine gewisse äußere Ähnlichkeit mit einem (angeblichen) Verbrecher. Die Beamten sind nicht einmal verpflichtet, einem genaue Auskunft zu geben. Sie dürfen einen sogar behufs Abklärung eine kurze Zeit in Polizeigewahrsam nehmen, ohne daß gleich die Gerichte eingeschaltet werden müssen, etwa dann, wenn Fluchtgefahr besteht.

Ich wurde einmal von der Polizei abgeholt, als in der Nähe ein Kind mißhandelt wurde. Die Tatsache, daß ich schon öfter barfuß und in kurzen Hosen der Polizei aufgefallen war, war Grund genug, mich in den Kreis der möglichen Täter einzugrenzen und einzusperren (von Freitag, später Nachmittag bis Sonntagmorgen). Länger behalten konnten sie mich nicht, dann hätten sie Gerichte einschalten müssen. Gemein fand ich, daß sich der wahre Täter bereits einen Tag vorher der Polizei gestellt hatte. Aber die Kompetenzen hat sie nicht überschritten. Und wie will ich der Polizei nachweisen, daß sie mich nur deswegen verdächtigt hat, weil ich eine Vorleibe fürs Barfußlaufen und fürs Tragen von kurzen Hosen habe? Das kann ich nicht. Obwohl ich überzeugt bin, daß die Polizeischergen mich niemals verdächtigt hätten, wenn ich in der Freizeit ebenfalls lange Hosen und Schuhe getragen hätte?

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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