Der Rheinsteig barfuß - ein Testbericht der Teilstrecke Rheinbreitbach-Kasbach (Hobby? Barfuß! 2)
Daher warte ich, ob hier vielleicht noch mehr Rückmeldungen zum Wegbelag kommen, und melde mich dann bei Lorenz.
Der Rheinsteig barfuß - ein Testbericht der Teilstrecke Rheinbreitbach-Kasbach
Hallo, insbesondere MarkusII und Lorenz,
Ich würde in einem Führer folgende Berschreibung empfehlen, ist leider etwas lang geraten.
Um spätere Enttäuschungen zu vermeiden, sei dem Interessenten (aus gegebenem Anlaß) vorherige Information empfohlen.
Das fängt schon beim Namen "Steig" an: Ein Steig ist nach "Deutsches Wörterbuch", Reichenbach-Verlag, München ein schmaler Pfad, nach Bünting, "Deutsches Wörterbuch", Isis-Verlag, Chur, ein enger, stark ansteigender Weg. Auch laut Duden ist ein Steig nicht nur schmal sondern auch steil, wogegen das Langenscheidt Schul-Lexikon Deutsch-Englisch Steig mit path / footpath übersetzt, also nicht steil. Nach allgemeiner Auffassung ist ein Steig also auf jeden Fall schmal und je nach Auffassung auch noch steil oder aber nicht. Der Tester hatte bisher die Auffassung schmal, nicht gerade eben, aber nicht unbedingt steil. Wikipedia beschreibt den Steig dann eher im engeren, alpinen Sinn.
Wer jetzt, wie der Tester ursprünglich auch, meint, die Berge längs des Rheins seien nicht so hoch und meist angenehm mit Waldboden bedeckt, und es gehe vielleicht anfangs mal steil hoch, im Verlauf leicht hin und her und dann zum Schluß noch mal steil runter, sei gewarnt: Beim Rheinsteig ist STEIGEN im wörtlichen Sinne das Programm, was die Knieprobleme von entsprechend disponierten Leuten verschlimmert, daher seien solche ausdrücklich gewarnt (damit es ihnen besser geht als dem Tester, der nicht hinreichend gewarnt wurde und der erst nach Verschlimmerung seiner Knieprobleme noch den aufmunternden Rat erhielt, der Rheinsteig sei für ihn eben nicht geeignet gewesen, wie er sich ja leicht vorher hätte informieren können)!
Der Rheinsteig ist jedenfalls ein gelungenes Trainingsrevier für alpine Steige. Besonders beeindruckend ist die trotz relativ niedriger Berge große Zahl von Höhenmetern, was durch laufende, meist steile, Auf- und Abstiege abwechselnd erreicht wird.
Das für einen alpinen Steig laut Wikipedia erforderliche Merkmal "unebener Boden" ist aber leider von Natur aus nur an ganz wenigen Stellen gegeben: Obwohl man sich im rheinischen Schiefergebirge befindet, herrschen leider wenig alpine Böden vor, nämlich unspektakulärer Waldboden. Dieser Mangel wurde jedoch durch flächendeckenden Einsatz von manchmal fein-, meist mittel-groben (auf ca. 50 m groben) Schotter behoben, der alpine Verhältnisse hervorragend simuliert. Um den inneren Schweinehund nicht in Versuchung zu führen, wurde er im Wald flächendeckend von Dickicht links zu Dickicht rechts aufgetragen; eine gewisse Grobkörnigkeit sorgt für große Trainingswirkung schon bei kleinem Materialeinsatz. Am besten ist sie naturgemäß bei Trockenheit, wenn der harte Waldboden nicht nachgibt. Eine gewisse Hornhaut and den Füßen erleichtert das Training aber doch erheblich; sie sollte daher nicht vollständig entfernt werden.
Diese optimalen Trainingsmöglichkeiten werden von ambitionierten Kletter-Schotter-Experen unter den Barfüßern immer wieder gelobt, erlauben sie es doch auch schon auf nicht ganz so langen Wanderungen, die eigenen Grenzen zu erreichen und herauszuschieben. Nur maximal 30% des Weges besteht aus Wiesen und sonstigen glatten Böden ohne Trainingswirkung -aber schließlich gibt ja auch im Hochgebirge mal Passagen über Almwiesen.
Eine besonders intensive Trainingswirkung entsteht durch die Kombination von Schotter und steilen Abstiegen, und an einer steilen Treppe wurden mit viel Liebe zum Detail sogar die Stufen geschottert.
Die angenehme Kühle im Hochgebirge wird durch den meist schattigen Wegverlauf simuliert (was gerade am Tage des Test sehr angenehm war). Auch sehr schöne Aussichtspunkte waren vorhanden.
Auf alpinen Steigen sind die Einkehrmöglichkeiten rar, und die Wirtsleute sind sich ihrer Monopolstellung bewusst, die sie ihre Gäste durch ruppiges Auftreten auch spüren lassen. Auch dieser Aspekt des alpinen Wanderns wird auf dem Rheinsteig in vorbildlicher Weise simuliert: Die einzige Einkehrmöglichkeit entlang der Teststrecke verkauft heiße Getränke nur in Kännchen mit EINER Tasse dazu und auch das sonst oft erfolgreiche Ausweichen auf Cappuccino läuft ins Leere (1 Riesentasse zum Preis eines Kännchens).
Aufmüpfiges Kontern der Gäste durch demonstrative Nicht-Bestellung eines Getränks zum Kuchen beeindruckt die mürrische Bedienung aber genau so wenig, wie das verweigerte Trinkgeld. Auch innen herrscht ein barscher Ton: Der Chef (?, oder ein angestellter Wichtigtuer) befielt den Gästen, gefälligst die Außentoilette zu benutzen, innen die sei geschlossen.
Nur sehr Leidensfähige werden hier freiwillig noch ein zweites Mal einkehren, die meisten haben wohl die Hochgebirgs-Lektion gelernt: Immer genug zu Trinken und zumindest eine Not-Ration zum Essen mitnehmen!
Der Tester zählt sich zwar selbst nicht zu den Kletter-Schotter-Experten, hat aber schon einige barfüßige Wanderungen in den Alpen absolviert, so z.B. im Berner Oberland von Lauterbrunnen (799m) auf das Schilthorn (2970m), aber nur bis zur Schilthornhütte (2432m) barfuß, danach mit Wanderschuhen. Ein vorheriges Training auf dem Rheinsteig hätte aber bestimmt einen noch souveräneren Aufstieg erlaubt und vielleicht einige Kommentare wie "Warum quälen Sie sich denn so?" oder "Warum tut man sich denn so was an?" von vorne herein vermieden. Solche expliziten Kommentare gab es beim Rheinsteig-Test zwar nicht, aber einige entsprechende Blicke schon.
Wie oben bereits beschrieben, sollten Leute mit Knieproblemen den Rheinsteig besser meiden, wie auch Untrainierte mit schlechter Kondition. Auch wer einen gemütlichen Spaziergang auf barfußfreundlichen naturbelassenen Waldböden oder Wiesen und zahlreiche Einkehrmöglichkeiten erwartet, ist hier fehl am Platz. Bei größeren Gruppen unterschiedlicher Kondition (insbesondere noch bei konträren Erwartungen: sportliches Traning zur gemeinsamen Grenzerfahrung oder einfach geselliges Beisammensein) ist dagegen ein Auseinanderreißen der Gruppe zwischen den kurzen Pausen zum Erwarten der Nachzügler zu befürchten, was die Kommunikation während der Wanderung nicht gerade erleichtert.
Barfuß-Anfänger sollten sich besser nicht auf den Rheinsteig begeben: Die Gefahr, dass sie nach diesem für sie viel zu intensiven Training gleich wieder mit dem Barfußlaufen aufhören, ist einfach zu groß.
Aber für alle konditionell und schottermäßig ambitionierten Barfuß-Sportler stellt der Rheinsteig ein hervorragendes Trainingsrevier da, um die eigenen Grenzen schon vor dem Urlaub im Hochgebirge so nach oben zu schieben, so dass man ihn dann unbeschwert genießen kann. Aber das wurde ja auch bereits von anderen im Forum lobend erwähnt!
Nach dem Abstieg ins Tal locken zuletzt auch gemütliche Orte mit guten Einkehrmöglichkeiten wie z.B. auch Linz. Hier geht der Rheinsteig sogar mitten durchs Zentrum - aber vorher musste der Test schon aus gesundheitlichen und zeitlichen Gründen abgebrochen werden.