Austauschschülerin in Dänemark - Generationenkonflikte (Hobby? Barfuß! 2)

Guenther, Thursday, 07.09.2006, 08:38 (vor 6590 Tagen) @ Sabrina

Hi Sabrina!

Das Kind wird diese Meinung von seinen Eltern übernommen haben. Aber ist es nicht seltsam, daß prominente Leute vielfach von solchen Massenmenschen (als Menschen, die sich nicht von der ""grauen Masse" unterscheiden) wegen ihrer Besonderheiten berühmt und bewundert werden, während diese Massenmenschen andererseits alles, was sie in ihrer Nähe an Besonderheiten vorfinden (und dabei empfinde ich meine Barfüßigkeit nicht einmal als besonders extravagant), aufs intoleranteste bekämpfen?

Sie reflektieren einfach nicht über den Sinn von Normen. Ein "Normbruch", den alle gut finden, finden sie auch gut, einen solchen, den sonst keiner begeht, finden sie erst mal schlecht. Nur über den Sinn oder Unsinn der gebrochenen Norm (in dem Falle Schuhetragen) denkt keiner nach.

Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Begibst Du Dich barfuß zu Deiner Arbeitsstelle und ziehst dort Schuhe und Socken an bzw. wieder aus, wenn Du Feierabend hast. Ich weiß zwar nicht, was Du beruflich machst (nur soviel, daß Du an der Universität beschäftigt bist), aber ist es dort auch im Sommer nicht möglich, mit Sandalen ohne Socken zu erscheinen? Mein Mann hat auch einen Bürojob, aber dort wird es problemlos toleriert, daß er inzwischen auch im Winter keine Socken mehr trägt.

Genau, ich hab die "Vorzeigeklamotten" im Büro. Zu Hause bin ich eigentlich nur zum Schlafen (eine Folge beruflicher Unsicherheit, daß ich nie aus meinem elterlich ererbten und somit mietfreien Haus ausgesiedelt bin). Führt mitunter in etwas groteske Situationen, z.B. Sonntag, als es zwei Stunden vor Georgs Wanderung sintflutartig zu regnen anfing, und ich zwar Anzug, Schlips und langen Wintermantel (nicht wirklich bassend für eine solche Aktion), aber keine Regenjacke griffbereit hatte.
Sandalen ohne Socken hab ich nie erstrebt, weil ich´s nicht mag, wenn mir was um die Barfüße rumklappert, was ich festkrallen muß und ich außerdem leicht Blasen krieg. Wär auch glaub ich dresscodemäßig nicht so der große Schritt nach vorn. Zwischen den geisteswissenschaftlichen Disziplinen an der Uni bestehen himmelhohe Unterschiede, was den Grad der Konservativität der Kleiderordnungen anbelangt. Das kann von "keine Kleiderordnung" bis zu Bankverhältnissen gehen. Und bei zeitlich rückwärts gewandten Fächern ist es eher konservativ, hab ich den Eindruck.

Ach so, von dieser Seite habe ich das noch nicht betrachtet. Ich fand diese Definition von Anfang an sehr originell und überzeugend. Und sie hat mir ja schließlich auch bei der Entfaltung meiner eigenen "dauerhaften Barfüßigkeit" enorm geholfen: Wenn ich Schuhe brauche, ziehe ich sie an. Und wenn ich keine Schuhe brauche, lasse ich sie auch gleich zu Hause.

Geht bei mir mitunter nicht so einfach. Z.B. im Juli mußt ich mich in brütender Hitze bewerben, und das geht nicht ohne strengsten Dresscode. Wenn man den aber schon seit 6 Uhr morgens anhat und dann 13 Uhr zum Vortrag erscheint, ist das (zumindest in meinem Fall) geruchsmäßig eine ziemliche Zumutung für die Umwelt. Da man aber auch nicht unterwegs duschen kann, schleppt man die feinen, niegelnagelneuen Klamotten halt in der Reisetasche mit sich und zieht sie am Bahnhof/ Flughafen des Zielorts an (zum Glück hat die Stewardess beim Einchecken -Germanwings - keine Schuhe verlangt). Dieses Verfahren bringt mitunter auch Überraschungen mit sich, z.B. daß die Halbschuhe in Größe 46, die im Regal so schön aussehen, nicht wirklich an die Haxen passen, und daß die Haut der Fersen dann nach der Vortragstour erstmal für einige Wochen weg ist (wie es mir neulich bei einem Kongreß passiert ist). Am nächsten Tag hab ich diese sympathischen Schuhe dann wieder gern nach der strengen Ratinger Konvention behandelt.

Gruß, Guenther


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