Dieser Trend: Dann kann man BF außerhalb der Privacy bald endgültig begraben (Hobby? Barfuß! 2)

Dominik R., Stammposter, Friday, 31.08.2007, 20:52 (vor 6295 Tagen) @ Detlev (MKK)

Hi Detlev,...
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Auch wenn du es wahrscheinlich nicht gerne hörst bzw. liest:
Die Kundschaft in solchen Lokalen hat bzgl. des dort verkehrenden Publikums schon gewisse Vorstellungen.

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Das ist mir bekannt. Deswegen sage ich: Am Auto zeigt sich schonungslos die Wahrheit. ...

Gerade da zeigt sich eben nicht die Wahrheit! Teure Schlitten (7er BMW, S-Klasse, etc.) sieht man häufig bei eher zweifelhaften Gestalten und bezahlt sind die Kisten auch nur selten! Man kann wohl sagen, dass ein dickes Auto ein typisches Zeichen für Neureiche ist. Derjenige, der wirklich etwas ist, hat es nicht nötig, mit so etwas zu protzen!

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Und wenn ein Gast sich nicht den Regeln der zivilisierten Gesellschaft fügen will, so muss er mit entsprechenden Konsequenzen rechnen.

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Ich würde die Regeln der zivilisierten Gesellschaft nicht fixierend auf das definieren, was zufällig die Wunsch-Klientel des "Hofbrauhauskellers" als Regeln der zivilisierten Gesellschaft betrachtet. Herrschaften dieser Art mögen zwar auch bei höchsten sommerlichen Temperaturen zuverlässig gewissen Outfit-Standards genügen, das wird wohl heute ausschließlich mit gutem Benehmen gleichgesetzt. Mir fällt auf, daß sich diese Herrschaften sonst sogar oft sehr schlecht benehmen, weil sie glauben, per Anzug, Krawatte, etc. stünde ihnen alles zu...

So etwas kenne ich auch. Tytpisches Verhalten von Leuten, denen der Reichtum in den Kopf gestiegen ist. Diese wurden allerdings auch schon zu allen Zeiten von wirklich gebildeten Zeitgenossen verachtet.

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Es zeichnet sich ohnehin ein Trend ab, wieder verstärkt auf gesellschaftliche Regeln zu achten.

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Na denn prost! Ständig wird von den entsprechenden Protagonisten suggeriert, dies steigere die Annehmlichkeit des Lebens & verbessere den gegenseitigen Umgang von Mensch zu Mensch miteinander. Ich habe nur das Gegenteil erfahren. Gegen diesen Dreck kann man gar nicht akribisch genug vorgehen, sollen wir alle wieder in die 1950er (oder besser 1930er Jahre) zurück? Es handelt sich hier nicht um etwas, was wirklich etwas wert ist, sondern um ein System von bizarrem Getue, das folgende unverzichtbare Grundlagen menschlichen Zusammenlebens ersetzen soll: Eine natürliche Höflichkeit, Freundlichkeit & Hilfsbereitschaft.
Für mich ist die freie Bestimmung über das eigene Outfit ein unveräußerliches Grundrecht des Menschen. 1970 war´s soweit.
Und jetzt heißt´s: Zurück! Das soll Fortschritt sein? Immer weniger Möglichkeiten in der Gesellschaft. Immer mehr Entliberalisierung der Gesellschaft.

Entliberalisierung der Gesellschaft? Zum Teil vielleicht!
Zum anderen Teil aber auch Rückbesinnung auf altbewährte Traditionen, deren Wert man erst erkannte, nachdem sie nicht mehr beachtet wurden!
Man kann vielleicht auch sagen, dass die Liberalisierung in den 60er/70er Jahren übers Ziel herausgeschossen ist und jetzt eine Korrektur einsetzt (Ähnlich wie an der Börse, wo auch auf übertriebene Kursentwicklungen eine Korrektur folgt).

"Rückbesinnung auf altbewährte Traditionen", was soll das bitte sein?
Was diese Gesellschaft braucht ist Freundlichkeit & Hilfsbereitschaft und mehr Courage. (Vorallem letzters, da nicht nur das Establishment die Zeit zurückdrehen will, sondern Neo- und Altfaschisten, was immer deutlicher in den Kleinstätten wird).
"die Liberalisierung in den 60er/70er Jahren übers Ziel herausgeschossen" Nein und nochmals nein. Die Notstandsgestzt sind bis heute nicht aus der Welt.
Wenn man bedenkt das in dieser Zeit Berufsverbote, etc. erst eingeführt wurden, sieht man das Bewegung zu schwach war.
Springer, ist auch mächtiger geworden und hat dank dem Dicken seit Mitte der 80er noch ein dickes Privatfernsehstandbein, wenn auch sein Drecksblatt heutzutage von weniger Menschen gelesen wird.
Und zur Börse kann ich nur sagen, ich hoffe das es nicht mehr ewig dauert bis es eine Gesellschaft gibt, die eine Börse überhaupt nicht mehr kennt.

Was dabei herauskommt, kannst du daran ersehen, was die USA 1970 waren (eine Nation mit Wohlstand & Freiheit für viele Bevölkerungsschichten, obwohl sie mit viel mehr technischem, Personal- & Kostenaufwand in Vietnam Krieg führte als heute im Irak und nebenher noch auf dem Mond landete)

Eben nur "viele" Bevölkerungsschichten! Nicht aber z.B. für Schwarze, Latinos oder gar Indianer! Um 1970 war vor allem in den Südstaaten eine Art "Apartheid" in den Köpfen der Leute höchst lebendig!

Gut, das da ein gesellschaftliches Umdenken eingesetzt hat.
Wobei man sagen muß, in den Köpfen der Leute ist es besser geworden, was der Umgang mit Schwarze, Latinos oder gar Indianer betrifft.
Aber, man darf nicht vergessen, das die U.S.A. heute eine der reaktionärsten Regime ist. Die Regierung tut nichts für z.B. Arme Schwarze. Und das (bewußte) versagen des Regims im Fall New Orleans spricht Bände.

und das, was sie heute sind (ein Quasi-Entwicklungsland mit verfallender Verkehrs-etc.-Infrastruktur, aber mit ein paar abgeschirmten Reservaten für Superreiche, für die breite Bevölkerungsschichten als eine Art Wohlfahrtsinstitut fungieren und, damit sie den "ästhetischen" Ansprüchen der Oberen genügen, sich jede Menge Stil- & Etikette und auf immer größeren öffentlichen Flächenanteilen Barfuß-Enthaltsamkeit & vieles andere mehr vorschreiben zu lassen haben). Möchtest du das?

In den USA herrschte immer eine andere Denkweise! Recht hat eben der Erfolgreiche! Und wer arm ist, ist dies nur, weil er eben zu dumm ist, sich Reichtümer zu erwirtschaften (Nicht meine persönliche Meinung!).
Die Tatsache, dass in der englischen Sprache die Unterscheidung zwischen freundschaftlicher und förmlicher Anrede verloren gegangen ist, verführt viele Deutsche dazu, Amerikaner als ganz besonders locker zu sehen. Dem ist aber nicht so! Schon immer war in Amiland der Dresscode wichtiger als bei uns! (Auch sichtbar in der Tradition des casual friday).

Es fehlt nicht mehr viel, & man kann dann in Illustrierten etc. lesen: BF = Schlechtes Benehmen, in der Öffentlichkeit wie zuhause (wo ja auch schon "Stil" einkehren soll). Womöglich wird dann auch noch über Internetforen hergezogen, die Solchem Vorschub leisten...
Längst gehört eine breite politisch/gesellschaftliche Bewegung gegen Entliberalisierung der Gesellschaft ins Leben gerufen. Sie müßte bereits noch mehr sagen als nur: Bis hierher & nicht weiter!
Sorry, aber ich muß sagen, ich habe dich anders in Erinnerung. Bitte aber nicht zu förmlich nehmen - zumindest mir sind hier auch schon Fehltritte unterlaufen.

Nach meiner eigenen Erfahrung geht privat immer noch (fast) alles. Ich habe noch nie Probleme bekommen, weil ich barfuß in der Stadt unterwegs war. Man kann wohl sagen: Da, wo Freizeitkleidung akzeptiert wird, geht auch barfuß. Aber da, wo Business-Outfit erwartet wird, sollte man vorsichtiger sein! Ohne Krawatte im Nobel-Restaurant mag bei ansonsten unauffälligem Verhalten noch angehen, ohne Schuhe geht aber zu weit!
Eine sehr beliebte Argumentation in diesem Bereich besagt, dass man durch die förmliche Kleidung seinen Respekt gegenüber dem anderen zum Ausdruck bringt. Als unangemessen empfundene Kleidung erweckt also beim anderen den Eindruck, dass man ihn nicht ernst nimmt!

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Die Beherrschung dieser Regeln gehört auch zu den von Unternehmen wieder häufiger gefragten Soft Skills.

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Ach du lieber Himmel! Mag sein, daß Unternehmen damit happy werden - ich als Kunde jedenfalls ganz bestimmt nicht. Z. Zt. bekomme ich grad' einen neuen Handy-Vertrag. Der Typ, mit dem ich das teilweise auch am Telefon machen muß, besteht fast nur noch aus Soft Skills, man hört richtig durchs Phone durch, was für ein geschniegelter & sicher voll fett beschuhter Lackaffe (ausgesucht nach dem schönsten Bewerberfoto & dem reichhaltigsten Soft Skills-"Profil") das wahrscheinlich ist. Ich hab' ja nichts dagegen - bloß, so wie der sich anstellt - mich interessiert ja nur, schnell & mit wenig eigenem Arbeitsaufwand zu einem kostengünstigen Mobiltelefonvertrag zu kommen.

Für Telefon-Marketing gelten da etwas andere Regeln, weil du dein Gegenüber ja in der Regel nicht sehen kannst! (Bildtelefonie hat sich ja noch nicht durchgesetzt).
Aber bei persönlichem Kontakt mit Kunden achten die Chefs schon darauf, ob sich einer sicher im Anzug bewegen kann!
Man kann nämlich sehr wohl erkennen, ob einer den Anzug aus echter Überzeugung, sozusagen als "Zweite Haut" trägt oder nur als lästige Pflicht!
Auch ein Prolet, den man wäscht, rasiert und in einen Anzug steckt bleibt für einen entsprechend erfahrenen Beobachter immer noch als "maskierter" Prolet erkennbar, einfach weil seine Haltung und seine Körpersprache nicht zu dem Anzug passen!

"den man wäscht, rasiert,... die allermeisten Leute ohne Anzug waschen sich, viele tragen auch keinen Bart, im Gegensatz zu Kurt Beck auf dessen Niveau dieses Zeilen hier sinken....
Ich hoffe das sich viele Menschen bewußt werden das sie Proletarier sind und anfangen sich nicht mit einem Stück vom Kuchen (das seit 30 Jahren immer kleiner wird) begnügen sondern nach der ganzen Bäckerei fragen.

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Von daher gibt es auch beruflich immer häufiger Probleme, wenn man sich in best. Situationen nicht ganz selbstverständlich und locker (und korrekt!) im Anzug bewegen kann oder will.
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Joo! [LACH LACH]. Braucht bloß eine Nicht-Katalog-Situation vorzukommen, deren "locker - selbstverständliches" (& dank Anzug korrektes) Behaviour Pattern nicht im Trainings-Center einstudiert wurde, dann gibt´s echt beruflich Probleme. Das Produkt der "Neuen Mitarbeiter-Schulung" entpuppt sich als Schauspieler & der Anzug als Maskerade. Dieser allzeit so souverän in Schlips & Nadelstreifen auftreten sollende "neue Mitarbeiterschlag" wird dann unsicherer denn je, wenn er noch nicht dagewesene Probleme lösen soll. Meistens rettet er sich dann "souverän" aus der Sache, in dem er REALarbeit/REALproblemlösung wegdelegiert & sich hierarchisch "höherstehend" gibt ("werde das abklären lassen"). Dies sind meine bisherigen Erfahrungen.

Leute, die ihre Kompetenz und Selbstsicherheit ausschließlich aus dem Anzug beziehen, sind natürlich auch nicht zu brauchen. Ein erfahrener Personaler sollte auf solches Theater aber nicht hereinfallen!

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Im rein privaten Bereich kannst du machen, was du willst. Begibts du dich aber auf gesellschaftliches/geschäftliches Parkett, wird schon ein gewisser Benimm erwartet!

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Genau. Ich verstehe darunter, einwandfreie Ware/Dienstleistung für mein Geld geliefert zu bekommen & nicht mit Stil- & Etikette gelieferte jämmerliche Leistungen zu Wucherpreisen, wie mir das oft bei "stilvollen" Unternehmen vorkommt.

Wer sich von Anzügen blenden lässt, ist selber schuld!
Mir sind diese öligen Vertreter in ihren beschlipsten Nadelstreifen grundsätzlich suspekt!

Nunmehr zum stil- & benimmbrüchigen barfüßigen Mittagessen in eines meiner Stammlokale fahrend, Have A Nice Day,
Jay

Diesmal hoffentlich ohne Rausschmiss! ;)

Viele Grüße aus Schorndorf,
Dominik


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