Nachträglich 'rausgeflogen (Hobby? Barfuß! 2)

Jay @, Stammposter, Wednesday, 29.08.2007, 23:32 (vor 6231 Tagen)

Hi,
viele von Euch werden wohl 1 oder mehrere Stammlokale haben, in die sie regelmäßig - natürlich BF - zum Essen gehen. Mit etwas durchdachter Vorgehensweise lassen sich in D selbst relativ feine Etablissements sozusagen "erobern", die deutsche Gastronomie ist für BFige Besucher eine der unproblematischsten der Welt.

Man sollte eigentlich meinen, daß wenn man 'mal irgendwo Stammgast ist & über Jahre viel Geld dort gelassen hat, die Formel gilt: [bisher als BFiger Gast etabliert] = [für immer als BFiger Gast etabliert]. Dieser psychotendenziellen Auffassung war auch ich - bis vor rd. 3 Wochen etwas Besseren belehrt wurde.

Der "Hofbrauhauskeller", Lankesbergstr. 5, 85356 Freising (wer will, kann sich unter www.hofbrauhauskeller.de etwas anschauen), hat eine lange, wechselvolle Geschichte, zumeist wohl auf Pachtbasis. Unzählige Male hab' ich dort auch oft mit Freunden gespeist & getrunken (es konnte in den 70er Jahren vorkommen, daß ich nicht der einzige BFige war) & wurde von verschiedenen Deutschen, ab den späten 80ern von einem äußerst vornehmen Italiener auf das Beste bedient. Ab ca. Mitte der 90er stand das Lokal fast ein Jahrzehnt leer, das Building verfiel zusehends & machte zuletzt einen abbruchreifen Eindruck im Gestrüpp. Danach wurde es total umgebaut & erhielt sein heutiges Gesicht (man könnte sagen, ziemlich gehoben, nobel wäre genauso wie Schickimicki eine verfehlte Charakterisierung).
Unter den übrigen schreibenden Forumsusern kennt auch Markus U. dieses Lokal. Wir aßen dort April/Mai indoor zu Mittag, weil´s drinnen etwas weniger hochsommerlich heiß war als draußen. Niemand schenkte unserem BF auch nur die geringste Beachtung. Das jetzige Personal hat mich zumeist auf der Gartenterasse einige 100mal BF gesehen, indoor vielleicht nur ca. 5mal. Soviel zum "Etablierungsgrad".

Das Etablissement sieht sich heute wohl als die oberste Location (dies ist sie auch preislich) in Freising, sozusagen als Nachfolger des "Bayerischer Hof" (Zentrum, Marienplatz, über Generationen das "führende Haus am Platze", Geschäft wg. zu Tode verkehrsberuhigter Innenstadt stark zurückgegangen). Die "Elite" von Stadt & Land, die natürlich keine langen Wanderungen zum Essen will, gibt sich nunmehr hier mit ihren schönen 4rädern ein Stelldichein. Speziell dieses tut sie sehr gerne, weil man von der Gartenterasse aus wie auf dem Präsentierteller sehen kann, WER mit WAS zu- & abfährt.

Am Freitag, 10.08.2007, war´s +11° kalt & regnete in Strömen. Eine große Trauergemeinde hatte das Lokal belegt, meist Ältere in Schwarz. Ein einziger Tisch blieb übrig, wohin ich mich setzte. Es war zufällig außerdem der Platz, den jeder Ängstliche einnehmen würde - mit der schlechtesten Sichtbarkeit der eigenen Füße.

Ich bestellte zum x-ten Mal ein Wienerschnitzel & die Sache nahm ihren gewohnten Gang. Kurz nach der Überreichung der abschließenden Tasse Kaffee trat die bisher schon oft zumindest neutral, eher leicht freundlich wirkende Bedienung an mich heran (ich dachte, sie käme zum Kassieren, was sie auf meinen Wunsch hin zugüg abwickelt) und sprach unfreundlich, streng ermahnend:
"Sie, das geht so nicht mehr. Barfuß...es hat sich 'wer beschwert...der Chef sagt´s auch... - also zukünftig mit Schuhen, und wenn´s bloß irgendwelche sind."
Ich war äußerst überrascht. Damit hatte ich hinten & vorn nicht gerechnet. Es vergingen locker 2 Sekunden, bis ich, "psychodimensional" (mit "familiärem" Blick) auf meine Stammgast-Eigenschaft anspielend, dezent zurückfragte:
"Dürfte ich erfahren, wer sich da beschwert hat?"
Das wollte sie mir nicht sagen. Die folgende Überlegung sprach ich natürlich nicht aus, aber es kam mir irritierend vor, daß ein sogenannter "Geschäftsfreund", der da drin pro Woche bis zu 100 € läßt, nicht ein klein wenig Informationsbonus wert ist - vor Gästen, die man vorher noch nie gesehen hat. Blitzartig fiel mir ein, zum 1. Mal auszuprobieren, was in Kriminalfilmen immer funktioniert hatte - zudem würde man zeigen, daß man ebenfalls zur feinen Gesellschaft gehört, schließlich will das Lokal nur diese als Gäste haben:
Ich zog eine 20 €-Note. Sie verfehlte ihre beabsichtigte Wirkung gründlich. Es brach ein Eklat los: "Und DAFÜR wollen Sie mich bezahlen? Sagen´ S einmal, spinnen Sie?!"
Eine dumme Ziege. Sie hat keine Ahnung, wie wichtig exakte, auch "quantitativ"-graduelle Freund-Feind-Unterscheidungen im Leben, ganz besonders im BFigen, sind. Für einen Response "Sind Freunde oder ebenfalls Stammgäste von uns" hätte ich Verständnis gehabt.
In meinem Gesichtsausdruck & meinem herablassenden Tonfall (ich sagte kurz "Richten Sie die Rechnung her") signalisierte ich meine Verwunderung über soviel Dummheit. Natürlich hätte auch ich niemals einen Freundes/Stammgast-"Verrat" begangen, aber sonst hätte ich den Deal gemacht. Nur wer einmal fast pleite war & gehungert hat, kann verstehen, weshalb.

Auch diesmal gab ich ihr ein amerikanisches Trinkgeld, welches sie kommentarlos annahm. Wortlos verließ ich das Lokal - aber nicht ohne vorher sofort in diskreter Aufmerksamkeit geprüft zu haben, ob jemand von den übrigen Gästen den Vorfall bemerkt hätte. "Sie" hatte sich nämlich alle Mühe gegeben, das "Publikum" auf die Sache aufmerksam zu machen, indem sie zuerst halblaut 'rumbrüllte, dann in künstliches, hysterisches Gelächter ausbrach. Mehr durch Zufall (Gaststätte überfüllt, laute Gespräche) hatte sie keinen wahrnehmbaren Erfolg damit.

Das Lokal ist grundsätzlich für unsereins verloren, solange der Pächter oder Inhaber nicht wechselt. Ich hab' mich seither nicht mehr dort sehen lassen & kam erst jetzt dazu, dieser arroganten Art* ein Nachspiel folgen zu lassen. Der "Chef" gibt mir entweder eine plausible Erklärung für das Verhalten seiner Bedienung (so etwas wäre in den USA vor 30 Jahren undenkbar gewesen) oder er hat keine Chance, zukünftig auch nur 1 Ct Umsatz von mir zu sehen, & sei´s auch nur als nichtBFiger Wintergast.

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Seite 1

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Seite 2. Erläuterungen:
"...komme Ihrem Wunsch, zukünftig bei Ihnen nicht mehr mit fehlender Fußbekleidung zu erscheinen, selbstverständlich nach" ist Pseudodiplomatie. Sollte es überhaupt noch zu Kontakten kommen, wird mein Kommentar sein: "Wissen Sie, es ist mir einfach lästig, bloß um bei Ihnen speisen zu dürfen, extra nach Hause zu fahren, meine Füße waschen & verpacken zu müssen, wenn man das woanders ohne diesen seltsamen Aufwand & in gleicher Qualität haben kann". Der Brief auf offiziellem Firmenpapier soll ihm insbesondere signalisieren, daß Gefahr droht, daß ich ihm weitere, nicht nur "wild" aussehende Kunden abziehe (wie er vielleicht meint - daher die Erwähnung des fehlenden, "hemdsärmeligen" Anzugjacketts). Unwägbarkeiten: Man hat keine Lust, ständig mit Klagen wg. einiger -zig Quadratzentimeter irgendwo unbedeckter Körperoberfläche (im Nicht-Genitalbereich) behelligt zu werden, weiß der Teufel, was ihm außer Füßen sonst noch nicht passen könnte (großflächig per kurzer Hose zur Schau gestellte Männer-Stachelborstenbeine scheinen jedenfalls seine ästhetischen Anforderungen an den Gast zu erfüllen). Man weiß eben nicht, woran es liegt - ist´s allein der überschrittene Entblößungsflächen-%-satz & kann jemand nicht rechnen oder was auch immer. Sei´s drum, man will als Gast entspannt essen & nicht mit skurrilen Problemen konfrontiert werden. Drum geht man sicherheitshalber woanders hin.

Mit dem Anspruchsdenken von Gästen an andere Gäste ist das so eine Sache. Es ist eine zuverlässige Konstante, daß wer sich dazu berufen fühlt, seine Erwartungshaltung seiner Umwelt mitzuteilen, auch Signale seiner eigenen Zugehörigkeit zur feinen Gesellschaft setzt. Das Wesen der feinen Gesellschaft ist GELD (sonst hat sie nichts). Wer fein sein kann, zeigt dies auf dem Parkplatz, weil feine 4räder das 100fache feiner Klamotten kosten. Kann das jemand nicht & bringt er in dieser Hinsicht keine Leistung, wird Gemecker über "mangelhafte" oder fehlende Kleidungsausstattung Anderer schnell zur Clownerie.

Der Schlußsatz ist nichts anderes als die Formel: Durch neue Geschäftspolitik Kunden verloren.

Ich rechne damit, daß kein oder ein kurz-großkotziger ("kann es mir leisten, auf Sie zu verzichten")-Response kommt. Mit meinen anderen Stammlokalen sprach ich über die Sache & erstmalig über BF. Sie zeigten sich über den Vorfall sehr verwundert, versicherten mir, daß meine BFigkeit überhaupt kein Problem sei, ferner: Man sei um jeden KONKRETEN Gast froh, der überhaupt kommt & dort gutes Geld läßt. Das Gastronomie-Geschäft sei wg. der hohen Lebenshaltungskosten rückläufig, vor allem die Rentner, die sich früher doch ab & zu ein gutes Mahl gegönnt hätten, blieben auffällig weg. So gelang es mir, die 'Geschäftsbeziehungen' zu vertiefen, was dazu führte, daß ich nunmehr als BFiger Gast, der sich zu benehmen weiß, immer wieder 'mal eine Tasse Kaffee oder ein kleines Dessert "auf Kosten des Hauses" erhalte.

BFige Gourmetgrüße, Jay (bitte noch um etwas Geduld für den Urlaubsbericht).
--
*) "Dürfen wir Sie bitten, zukünftig [man weiß schon]...weil sich Gäste aufregen..." wäre vielleicht auch eine Formulierung gewesen, nicht aber der oben wörtlich zitierte, 'kindgerechte' Befehlston einem Stammgast gegenüber, der stets Verständnis für sehr lange Essens-Lieferzeiten bei starker Lokalbesetzung gezeigt hat. Gewisse verbale Umgangsformen sollte man als Bedienung eines Restaurants, das an seine Gäste gewisse "Ansprüche" stellt, gelernt haben.


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