Neid (+ evtl. zusätzlich Ressentiment) (Hobby? Barfuß! 2)
Hallo Barpfotenbär!
Daß FlipFlops ein Ausdruck verborgener Sehnsucht sind, merkte ich, als sich kürzlich ausgerechnet 3 FlipFlop-Träger (2w,1m) darüber lustig machten, als ich im Baumarkt barfuß lief.
Das könnte mehrere Gründe haben: Je größer die Gruppe, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß sie sich in irgendeiner Form (kichern, lästern oder im Extremfall pöbeln) über Andersartigkeit bemerkbar macht. Und manchmal reicht die kleinste Abweichung. Die in der Gruppe tragen Flipflops, man selbst verzichtet auf die wenigen Millimeter Plastik (oder "edles" Leder) unter den Füßen. Wenn man einer wandernden Seniorengruppe des Damenturnvereins begegnet, dann fallen auch manche Bemerkungen, die eine einzelne ältere "Dame" niemals sagen würde. In der Gruppe führt man sich stark.
Manchmal ist es auch Neid. Eigentlich möchte man barfuß laufen, traut sich aber nur in Flipflops raus, dann ärgert man sich im stillen, wenn andere mehr Mut haben. Wenn man zu den Menschen gehört, die beim nächsten Mal auch den Mut aufbringen, dann ist es nicht weiterhin tragisch. Wenn es sich aber um Leute handeln, die NIE den Mut aufbringen, um barfuß an die Öffentlichkeit zu treten oder es höchstens "heimlich" im Dunkeln machen, dann gesteht die Gefahr, daß man extrem intolerant gegenüber denjenigen ist, die sich barfuß an die Öffentlichkeit trauen. Hier im Forum tauchte mal der Satz auf: "Wer etwas haben möchte, sich aber nicht traut, der gönnt es auch keinem anderen". (Das gilt nicht nur fürs Barfußlaufen, auch mit Besitztümern oder sportlichen Leistungen: Der stolze Besitzer eines großen Autos redet nicht selten schlecht über den Nachbarn, der einen noch größeren Wagen hat, während es dem Rad fahrenden Nachbarn, der genügend Geld für ein Auto hat und auch einen Führerschein besitzt, jedoch aufs Auto verzichtet, völlig schnurz ist.)
Ein ähnliches Phänomen tritt bei manchen (natürlich längst nicht allen) "Sommerbarfüßern" auf. Anstatt ehrlich zuzugeben, daß es ihnen ab einer gewissen Temperatur zu kalt ist, um barfuß zu laufen, hacken sie auf denjenigen herum, denen es noch nicht zu kalt ist.
Viele Grüße
Michael aus Zofingen
Hallo Michael,
jedes Wort Deiner Erklärung würde ich Dir sofort unterschreiben, besiegeln und vor Freude bepieseln. Du triffst den Nagel auf den Kopf! Und es zeigt, welch irrationales Gefühl Neid ist. Eine Diskussion darüber führte ich vor ein paar Tagen erst, und ich argumentierte dann ungefähr so: "Wieso glaubst Du, selber ein Anrecht auf etwas zu haben, auf das andere Deiner Meinung nach kein Anrecht haben?"
Mit anderen Worten: Bewunderung bringt mich weiter, Bewunderung bewirkt, daß ich mich anstrenge. Neid dagegen hindert mich selbst am Weiterkommen; denn anstatt, daß ich mich anstrenge, andere zu überholen, versuche ich sie auszubremsen. Sich selbst zu beschleunigen ist halt sehr viel schwieriger, als andere festzuhalten.
Das erlebe ich im Alltag tagtäglich und das ist vielleicht auch der Grund, warum ich auf diese ausbremsende Gleichmacherei stets so allergisch reagiere. (Wie ich gestern erst schrieb.)
Das skurrile an unserem Fall ist, daß wir den Neid mit etwas provozieren, das sich jeder einigermaßen Gesunde ohne Kosten leisten kann.
Herzliche Grüße vom Barpfotenbär
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Hi Barpfotenbär, hi Michael,
auch ich darf mich der in den beiden vorhergehenden Beiträgen geäußerten Sicht der Dinge rückhaltlos anschließen und ergänzend anmerken, daß die beschriebenen Effekte zusätzlich noch durch Ressentiment ihre extremste Ausprägung finden (übrigens wurde genau das von dir, Barpfotenbär ca. November letzten Jahres formuliert). So ist mir z. B. ein extrem [BF in der Öffentlichkeit]-gegnerischer alter Mann bekannt, der inzwischen gelernt hat, seine Worte zurückzuhalten, man sieht aber, wie er dabei mit sich kämpft. Er wohnt ca. 500 m von mir entfernt am Stadtrand, wo der Ort in ein großes Waldgebiet übergeht & hat ein Faible entwickelt, seinen Garten & sein Haus auf das Äußerste zu pflegen, scheinbar lebt er nur noch dafür. Zufallshalber sah ich einmal den Grund für seine außerhalb der Privacy ständig massiv verpackten Füße (während er sich gerne mit kurzen Hosen selbst bei nicht allzu warmer Witterung in der Öffentlichkeit zeigt): Schrecklich deformierte Pranken mit grünschwarzen krallenartigen Pilzruinen, die er (möglicherweise in den Hoffnung, daß der UV-Anteil des Sonnenlichtes den Pilz abtötet) auf dem überdachten Balkon sitzend, mitunter durchaus gezielt bestrahlt. So entsteht diese ausbremsende Gleichmacherei aufgrund eines perversen Gerechtigkeitsempfindens: Dem anderen soll ebenfalls verwehrt sein [gutaussehende Füße in der Öffentlichkeit], was dem einen verwehrt ist.
Viele & herzliche Grüße, Jay (trauernd, daß sein Urlaub zu Ende geht, aber selbstverständlich bis zum Winter lückenlos barfuß bleibend)