Kommunale BF-Verbote: Leichter verhängbar als man glaubt (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Friday, 02.02.2007, 17:04 (vor 6507 Tagen) @ Jay

Hi Jay!

Das Bewußtsein läßt seit Ende der 70er immer mehr nach, wenn es um die schleichende Wandlung zum autoritären Obrigkeitsstaat geht.

Diese Beobachtung habe ich auch gemacht, und die Entwicklung behagt mir gar nicht. Beim Totalitarismus werden wir wohl nicht landen, aber die Bürger werden immer mehr gegängelt, bevormundet, schikaniert, in ihren Freiheitsrechten eingegrenzt. Besonders verhaßt ist mir der heimliche Zwang zur "political correctness", die empfindliche politische und gesellschaftliche Sanktionen dafür, daß jemand von seinem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung einen unliebsamen Gebrauch macht, bereithält (ein besonders markantes Beispiel hierfür ist die "Hohmann- Affäre).
Eine Voraussetzung dafür freilich ist, da das Volk sich solche Gängelung durch die Obrigkeit bieten läßt. Die Solidarität mit den leider viel zu wenigen Cleveren, die sich offen gegen solche Tendenzen auflehnen und vehement dagegen anbollern, läßt leider sehr zu wünschen übrig.

Man sieht nun, daß die Feature Barfuß genau in diese Kategorie fällt. Es braucht nur ein Gemeindehäuptlingsgremium anti-BF-psychopathische Stimmungen zu bekommen, und das BF-Verbot (eingebaut z. B. in "Satzung zur Bewahrung des historischen Ortsbildes von XY", schließlich darf ja auch die Sixtinische Kapelle nicht durch Bikinis verunstaltet werden) ist da.
Dazu ist es nur ein kleiner Schritt.

Diese Befürchtung halte ich für übertrieben und unbegründet. Barfußlaufen gehört als Ausdruck der Selbstbestimmumg des eigenen Äußeren zum Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG), in das nur aus schwerwiegenden Gründen eingegriffen werden darf. Eine Satzung, die das Barfußlaufen an öfentlich zugänglichen Orten, welche anders als z. B. ein Supermarkt nicht dem Privatrecht unterliegen, dürfte aufgrund ihrer Verfassungswidrigkeit nichtig sein.

Dagegen kann man natürlich klagen, aber das wird u. U. komplex. Sind die gegnerischen Anwälte gut, könnten sie z. B. die zerpflückende Frage stellen, ob das "Recht auf Freiheit, in der entwickelten europäischen Zivilisations-Öffentlichkeit barfuß zu sein" überhaupt in den Katalog grundlegender Menschenrechte gehört.

So kompliziert ist die Sache gar nicht, da hier Art. 2 GG ohne weiteres durchgreifen dürfte. Wahrscheinlich wäre der von Dir aufgezeigte Sachverhalt sogar für eine Anfängerübung im juristischen Studium zu simpel oder gerade noch so an der unteren Grenze des vom Schwierigkeitsgrad her Vertretbaren angesiedelt.

Den ganzen gerade vergangenen Tag grübelte ich im Hinterkopf darüber nach, was man macht, wenn man sich in Stadt/Landkreis, in dem man sich häufig aufhalten muß oder will, tatsächlich nicht mehr in der Öffentlichkeit BF zeigen darf. Ich bin taktisch & strategisch bereits für mich festgelegt, möchte aber mit dieser Replik nicht noch länger werden, da das Thema noch nicht akutell ist (und hoffentlich auch z. B. in D nie aktuell werden wird) und ich nach einem schwierigen Arbeitstag ins Bett falle.

"Don't worry, be happy."
Bei Dir habe ich manchmal den Eindruck, daß Du gelegentlich dazu neigst, "Grillen zu fangen". Vielleicht liegt es ja daran, daß Du im Winter draußen kaum barfuß gehst? Dann kämest Du vielleicht auf andere Gedanken und hättest weniger (unbegründete) Sorgen.

Barfüßige aufmunternde Wintergrüße,
Markus U.


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