Barfüßiger Tankstellenbesuch mit kleinen Folgen (Hobby? Barfuß! 2)

John Lupus, Stammposter, Friday, 21.10.2005, 08:53 (vor 6914 Tagen) @ Andi35

Du tust, bei aller Liebe zu Deiner Tochter und ihren dann intoleranten Schulgenossen, dann aber genau das, was wir nicht tun sollten: Du fügst Dich den Zwängen!

Ja, da tu ich.
Das tust auch du.
Das tut jeder!
Menschliches Zusammenleben ist doch immer eine Abfolge von Kompromissen.
Ich habe auf der einen Seite den Anspruch, mich nicht zu verbiegen.
Auf der anderen Seite möchte ich niemand schaden. Schon garnicht einem Menschen, den ich liebe.

Ich mache das nicht, sehe ich überhaupt nicht ein und wenn meine Tochter das zu Hause beklagen würde (wenn ich Eine hätte) würde ich mir den "Spezi" zeigen lassen, auf ihn zu gehen und fragen, was er für ein Problem damit hat, was denkst Du wohl, was darauf kommt und was sich die Tochter in Zukunft noch anhören müsste?

Genau damit würde ich meiner Tochter schaden. Nicht materiell, nicht greifbar. Aber sozial.
Schau nur mal, wie sehr dich das Ereignis (Verhalten der Tankstellenkassiererin und reaktion deiner Eltern) beschäftigt. Es geht keineswegs spurlos an dir vorüber. Und du bist ein erwachsener gefestigter Mensch! Um wieviel schlimmer kann soziale Ausgrenzung für eine 14jährige sein! Nein, das sind Rücksichten, die ich nehmen MUSS - auch wenn sie mir nicht immer gefallen.

Mit Hartnäckigkeit kriegt man auf Dauer jeden und alles klein, man muss nur den längeren Atem haben und es gibt Dinge, da habe ich ihn und bin stur darin, das zurecht, wie ich finde!

Das stimmt so nicht. Siehe nur den auch hier schon öfter zitierten "Nacktläufer von Freiburg", der sich mit seriner radikalen Konsequenz in die Isolation "gehartnäckigt" hat. Sag nicht, daß das nichts mit Barfußlaufen zu tun hat. Auch er tat nichts Verbotenes. Es geht ums gleiche Thema - nur auf einem etwas anderen Level.
Ich will aber doch gar niemand "klein kriegen". Schon gar nicht die Schulkameraden meiner Tochter. Was hätte ich davon? Was hätte SIE davon??? Ich habe Verantwortung für sie. Verantwortung hat nicht immer etwas mit der Durchsetzung von realen oder vermeintlichen Rechten zu tun.
Soweit es mit mir allein zu tun hat, beharre ich ja auch. Ich gehe barfuß zu JEDER Sitzung. Ich gehe barfuß zu JEDER Musikprobe.
Ich gehe barfuß in die Kirche (aber NICHT in den Gottesdienst).

Ja, das ist ja auch etwas völlig anderes, das ist ja schon ein ganz großer Schritt weiter, denn damit entblößt Du ja Dein Geschlechtsteil, somit also eine sehr intime Zone, da kann man geteilter Meinung sein.
Ich halte dies auch nur in Saunen und dafür speziell vorgesehenen Bereichen (FKK) für in Ordnung, aber das kannst Du ja machen, wie Du willst, so lange Dich niemand sieht oder Der, der es sieht, sich nicht daran stört.

Siehst du - auch du stellst jetzt hier für mich (!!!) Regeln auf, die mich z.B. gar nicht interessieren. Du definierst, was ich wo und wie tun darf. Und wenn sich jemand an mir stört?
Deine Barfüßigkeit darf niemand stören. Meine Nacktheit aber schon. Du definierst für mich, was geht und was nicht.
Ist es etwas "völlig anderes"? Ich nannte es nur als Beispiel dafür, wie ich, ohne dazu gezwungen zu sein, Rücksichten nehme auf Befindlichkeiten anderer (hier: meiner Tochter).

Moment! Das sprach ich ja nur an, weil meine Eltern ihn als Beispiel nannten! Sie sagten ja, man würde mich mit ihm in "einen Pott schmeißen"!
Diesen Unterschied klarzustellen war daher meine Absicht und nur darum erwähnte ich es!

Eben.
Du definierst dich als "normal" - und damit grenzt du diesen anderen "Typen" aus.
Nichts anderes machen deine Eltern (und andere Leute) mit dir. Sie definieren sich selbst als "normal" - und da fällst du aus dem Raster.
Das ist doch nichts Besonderes. Das macht praktisch jeder. Man sollte sich nur dessen bewußt sein.

Ja, schön wäre es, wenn die Fragen oder Äußerungen immer freundlichen und nicht negativen Ursprungs wären!
Leider ist Dem aber nicht immer so und dann kann das schon mal kurz nerven und vielleicht auch mal zu einer kurzen Diskussion führen, aber wirklich interessieren tut es mich dennoch nicht, nicht mehr!

Ich diskutiere nicht viel darüber. Aggressivität meiner Barfüßigkeit gegenüber habe ich aber eigentlich noch nie erlebt. Frechheiten schon, aber keine Aggressivität.
Kleiner Tip: Man nimmt Leuten, die einen zu nerven beginnen, am besten den Wind aus den Segeln, indem man sie fragt. Das wirft sie aus der Bahn und raubt ihnen jede "Argumentation".
"Interessanter Aspekt. Woher haben Sie das?"
"Warum haben Sie keine Handschuhe an, wenn es doch so kalt ist?"
"Haben Sie Fußpilz?" (Mit einem kleinen versteckten "Igitt!")
"Wann sind Sie das letzte mal barfuß gelaufen?"
"Woher haben Sie Ihre Erfahrungen?"
"Wo liegen denn all die Glasscherben, vor denen Sie mich warnen wollen?"
"Wo sind denn die Leute, die es stört? Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sie mir zeigen würden."
"Welchen Vorteil sehen Sie denn im Tragen von Schuhen gerade hier?"
Usw. usw. usw. usw. usw. usw. usw. usw.

Die wirklich guten Rhetoriker argumentieren nicht - sie fragen.

...aber man sieht daran auch, wie rotzfrech die Jungend heute ist! Kein Respekt mehr vor erwachsenen Menschen! Das hätte ich mich/hätten wir uns früher nie getraut und Mädchen schon garnicht, die waren da noch eher zurückhaltend, aber heute????

Schon Cicero beklagt die Verlotterung der Jugend.
Gerd Dudenhöffer ("Heinz Becker") hat es mal nett gesagt: "Ja sicher, auch wir waren mal jung. Aber doch nicht so!"

Doch.

Und hinter den jungen Leuten, die nichts anderes zu tun haben, als sich den ganzen Tag lang auf unserem Bahnhofsvorplatz rumzutreiben und sich schlecht zu benehmen, stecken fast immer Eltern, die versagt haben oder die sich einen Sch... für ihre Kinder interessieren.

Ich kenne aber auch die anderen, die nicht so auffallen: Jugendliche, die sich mit großer Energie in Kirchen, an Musikschulen, an der Schule oder sonstwo engagieren.
Man sieht sie halt nicht so - und wenn, nimmt man sie nicht so wahr.

Und einige von denen laufen sogar hin und wieder barfuß rum.

Grüße

John


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