Saftige Rechnung, (zumindest teilweise) wegen barfuß (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Tuesday, 19.12.2006, 13:11 (vor 6552 Tagen)

Gestern erhielt ich Post, verfaßt in einer Fremdsprache, das Adreßfeld enthielt meinen richtig geschriebenen Namen, der Straßenname war falsch geschrieben, und der Wohnort war "Otingen".

Der unpersönliche, da vermutlich vom Computer automatisch verfaßte Text war wie folgt:

Madame, Monsieur,
Nos services ont été amenés à effecteur un Transport sanitaire à votre profit. Cette prestation a été menée dans les conditions générales suivantes:

Bénéficiaire: OELTING MICHAEL
Véhicule: Ambulance
Trajet aller: de MULHOUSE COMMISSARIAT CENTRAL à MULHOUSE CHEM 8680
Trajet retour: de à
Facture: 918684 Emise le 14/10/2006
Montant: 44.32 Euros
Transport: du 14/10/2006 au

Nous vous serions donc très obligés de bien vouloir vous acquitter de ce montant 44.32 Euros, dès que possible, et ce par tout moyen à votre conveniance.
Nous vous adresserons alors de volet de la facture aui vous est destiné afin que vous puissiez, selon le cas, rechercher le remboursement de ces frais auprés de votre Caisse d'Assurances Maladie ou d'un autre organisme d'affiliation.
Dans cette attente, en vous remerciant pour votre confiance, nous vous adressons, Madame, Monsieur, nos salutations dévouées.

Mühsam, wenn man versucht, das einigermaßen richtig abzuschreiben, wenn man die Sprache nicht beherrscht. Aber folgendes kann ich daraus interpretieren:

1. Es ist französisch.
2. Die wollen Geld, MEIN Geld!

Ob 44,32 Euro für eine Fahrt im Krankenwagen vom Mülhausener Zentralkommissariat zum Emile-Muller-Hospital den üblichen Tarifen entspricht oder ob es an Halsabschneiderei grenzt, ist nicht Thema. Mir geht es in erster Linie ums Prinzip:

Da lief ich nun am 14.10. barfuß, in kurzen Hosen und im leichten T-Shirt bei ca. +14°C und bedecktem Himmel durch verschiedene Gegenden der Stadt Mülhausen und wurde von der Polizei aufgegriffen, zur Wache gefahren, dann von einer Ambulanz ins Spital gefahren. Zweifellos kostet so ein Krankentransport Geld. Und irgendwer muß das bezahlen. Aber wieso ich?

Habe ich die Ambulanz gerufen? Nein.
Wer hat angeordnet, daß mich die Ambulanz ins Krankenhaus fährt? Die Polizei, nachdem sie mich, um die Worte von Luc zu gebrauchen "erniedrigt" hat.
Hätte ich mich weigern können, von der Ambulanz mitgenommen zu werden? Nein! Es wäre nur noch schlimmer geworden.
Habe ich etwas verbotenes getan? Nein!

Also müßte eigentlich die Polizei (bzw. der Staat oder die Stadt) die Rechnung begleichen. Wo kämen wir denn hin. Dann könnte ja die Polizei willkürlich jeden unbescholtenen Bürger wegen jedem Muckensäckeli aufgreifen und dann die Ambulanz rufen, weil sie unfähig ist, sich weiter mit der Materie zu beschäftigen. Oder für den Fall, daß die Polizei mich nicht eigenmächtig aufgegriffen hat, sondern aufgrund eines Anrufes aus der Bevölkerung (egal ob Spießer oder nicht), so müßte eigentlich dieser die Fahrkosten begleichen. Schließlich muß jemand, der "nur zum Spaß" die Feuerwehr ruft, obwohl es nirgendwo brennt, auch den Feuerwehreinsatz bezahlen und nicht der Besitzer des Gebäudes, Fahrzeugs usw., das angeblich brennt.

An meine Krankenkasse kann ich die Kosten auch nicht abwälzen, da ich dank barfußlaufen im Jahr 2006 nie krank war und auch von der Krankenkasse nichts wollte. in der Schweiz muß man je nach Jahresfranchise immer einen Teil selber bezahlen, das heißt alles, was die Jahresfranchise unterschreitet (Selbst die tiefste Franchise liegt höher als 44,32 Euro).

Eigentlich ist der Betrag an sich auch nicht so hoch, daß er mich gleich in den finanziellen Ruin treibt. Aber andererseits eine derartige Summe nur fürs Barfußlaufen in Kombination mit Sommerkleidung auf öffentlichem Raum? So etwas sollte kostenlos sein. Kein Barfußpark verlangt einen derart hohen Eintritt. Und eine barfüßige Fahrt im Liegen in einem Ambulanzfahrzeug ist sicher nicht angenehmer, wie wenn man die gleiche Zeit barfuß mit dem Taxi oder mit dem Tram unterwegs ist. Vor allem letzteres ist deutlich billiger als die Ambulanz.

Wenn ich die Rechnung bezahle und die Quittung an die französische Polizei schicke mit der Bitte, das Geld auf mein Konto zu überweisen, passiert vermutlich nichts. Wenn ich nicht bezahle und die Rechnung an die Polizei schicke mit der Bitte, die Ambulanz zu bezahlen, dann regen sich die Beamten sicher darüber auf, daß ich sie wegen solcher "Peanuts" belästige. Eventuell hat die Stadtpolizei Mülhausen, nachdem sie mich ins Spital abgeschoben hat, einen Strich unter die Sache gemacht. Vielleicht existiert nirgendwo eine Notiz in den Polizeiakten über den "barfüßigen Spinner aus der Schweiz". Wenn ich aber mit so etwas die Sache wieder aufrolle, gerate ich wirklich in die Akten der französischen Polizei!

Und wenn ich einfach nichts mache? Vermutlich würde irgendwann eine Mahngebühr erhoben, und zwar genau nach der Zeit, die im Zentralcomputer des Spitals einprogrammiert ist. Und erst wenn nach einer gewissen Zeit überhaupt nichts passiert, wird ein Mensch sich näher damit befassen (und vermutlich die Sache vergessen, da der Aufwand, aus dem Ausland eine Geldsumme einzufordern, in keinem Verhältnis zur Geldsumme steht. Betreibungsämter werden wohl kaum eingeschaltet. Und solange ich nicht gerade im selben Spital wieder eingeliefert werde, wird Gras über die Sache wachsen.

Anders, wenn ich irgendwelche Korrespondenz mit der Mülhausener Polizei aufnehme und mich nach zähem hin und her immer noch weigere, die Rechnung zu bezahlen, dann werde ich vielleicht in Frankreich als "unerwünschte Person" ausgeschrieben. Denn im Gegensatz zum ursprünglichem Tatbestand, nämlich barfußlaufen in Kombination mit leichter Kleidung ist das Nichtbezahlen von Rechnungen vielleicht nicht gerade eine Straftat, aber zumindest eine Ordnungswidrigkeit. Und allzu hartnäckiges Weigern gegenüber der Polizei könnte als "Widerstand gegen die Staatsgewalt" interpretiert werden. Oder als Beleidigung, wenn ich in der Korrespondenz Worte gebrauche wie "unfähiger Polizeistaat", "barfußfeindliche Bananenrepublik", "geldgierige Arschlöcher" usw.

Mit französischem Recht kenne ich mich nicht aus, vielleicht jemand anders im Forum. Und ebenso nicht, wie sich dort Polizeibehörden und Gerichte anstellen würden. Ob man mich einsperren könnte, wenn ich es wagen sollte, wieder ein die französische Grenze überschreite. Oder an Frankreich ausgeliefert werde, wenn ich mich in Deutschland oder einem anderen EU-Staat aufhalte. Ich weiß zwar, daß die Schweiz einen Schweizer nicht an einen anderen Staat ausliefern darf, aber ob ein EU-Staat einen Schweizer an einen anderen EU-Staat ausliefern darf, weiß ich nicht.

Wie dem auch sei: Es ist einfach ein starkes Stück, daß in einem demokratischen Rechtsstaat ein unbescholtener Mensch wegen Barfußlaufen in Kombination mit leichter Kleidung an einem öffentlichen Ort, was weder verboten, noch gebührenpflichtig ist, sondern für jeden kostenlos möglich sein sollte, derartige Dinge geschehen können. Auch wenn die Höhe der Summe auch für mich fast schon "Peanuts" sind. Das mußte mal gesagt werden!

Schöne Grüße
Michael aus Otingen (pardon: Zofingen)


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