... und sein dickes Ende: Ich hab’s mal wieder kräftig übertrieben! (Hobby? Barfuß! 2)

Leo, Stammposter, Tuesday, 03.01.2006, 19:49 (vor 6899 Tagen)

(Fortsetzung)

Ich zog mich zum Schwimmen um und setzte mich auf eine Bank, um meine Füße in Ruhe langsam aufzutauen, die dabei leicht schmerzten. Nach 10 Minuten ließ der Schmerz nicht wie sonst üblich nach, sondern wurde sogar noch stärker! Wie im Zeitraffer lief (jetzt erst!) links und rechts je eine riesige Blase voll, und zwar nicht mit der normalerweise farblosen Blasen-Flüssigkeit, sondern mit einem Mischmasch von dieser und Blut (oder was das Rote sonst immer sein sollte). Ich hatte es also mal wieder übertrieben, und den Mund mit den "warmen Füßen" offensichtlich kräftig zu voll genommen. Dabei hatte ich doch immer darauf geachtet, auch ja den Splitt noch zu spüren! Ja, ja, genauso wie letztes Jahr bin ich dann HINTERHER auch noch auf Georg’s Warnung von 1998 vor Erfrierungen im Best-of gestoßen: "Wenn man was merkt, ist es zu spät!" Nun, ich hatte nichts gemerkt (oder war das etwas unangenehme Kältegefühl in den letzten 10 Minuten etwa schon alles, was man merkt, wenn’s eh schon zu spät ist?) - aber nun war es auf jeden Fall zu spät.

Ich taute mich dann noch weiter unter der nur mäßig warmen Dusche auf, sah dabei eine halbe Minute lang Sternchen während mein Puls plötzlich raste. Doch der Spuk war schnell wieder vorbei, und ich ging schließlich 45 Minuten Schwimmen. Nach dem Anziehen humpelte ich dann in 13 (statt normal gemütlich 10) Minuten zur U-Bahn, glücklicherweise konnte ich die vorsichtshalber mitgenommenen Sandalen vorne sehr weit einstellen. Nach dem Essen zu Hause hab ich jetzt die mit Blut angereicherte Blasenflüssigkeit wie von Georg empfohlen mit mäßigem Erfolg zum geringen Teil entfernt: Bei den winzigen Blasen an den beiden dicken Zehen mit vollem Erfolg; danach war der Druck weg und die Schmerzempfindlichkeit gegen Berührungen auch. Die beiden Riesenblasen an beiden Füßen unter fast den kompletten Ballen vom großen Zeh (1.) bis fast zum 4. (am Finger wär’s der Ringfinger) waren zwar was austretende Blasenflüssigkeit angeht sehr ergiebig, aber kurze Zeit später baute sich der Druck erneut auf.

Belastung auf den Ballen tut höllisch weh, ich gehe jetzt nur noch auf den Außenkanten und meine Knie schmerzen davon auch nach ca. 20 Metern, weil sie jetzt plötzlich das Belastungsmuster von O-Beinen ertragen müssen, anstelle des bei meinen X-Beinen üblichen. Eine Recherche im Internet machte mir so richtig Mut: Beim Aufwärmen erfrorener Gliedmaßen könne es durch das plötzliche in den Kreislauf gelangene Blut zu einem Schock kommen. Ich schluckte etwas, nachdem mir jetzt klar wurde, was die Sternchen zu bedeuten hatten. Bis die Blasen verheilt seien, dauere es lange, besonders bei blutigen Blasen. Therapie: Chirurgische Eröffnung und Entfernung der Blasendecke und Wundbehandlung. Bei Beeinträchtigung von arteriellen Gefäßen wird Thrombose-Prophylaxe mit z.B. ASS (Aspirin) empfohlen.

Gestern Morgen habe ich mich dann ins Büro gequält: Normalerweise sind es von mir zu Hause bis zum Bahnhof und dann vom Bahnhof ins Büro jeweils höchstens 5 Minuten Fußweg - gestern morgen brauchte ich schon jeweils 11. Den Weg zur Kantine hab ich mir verkniffen und der Weg zum Klo war mir auch schon lästig. Ein erneuter Versuch der Linderung des starken Druckschmerzes brachte zwar nochmals je nach Stelle mehr oder weniger rote Blasenflüssigkeit zu Tage, aber dann schlossen sich die Löcher wieder, und der Druck baute sich erneut auf. Am Abend wurde es mir richtig kalt im Büro (normal ist mir immer zu warm) und ich ging früher heim als geplant. Ich benötigte jetzt sogar jeweils 14 Minuten für die Fußwege. Wegen des vielen Schnees konnte ich die Sandalen nicht sauber aufsetzen und so kam es immer wieder zum schmerzenden Druck auf die Blasen.

Heute morgen war der Druck erträglich, so lange ich nicht gehen musste. Der Schnee war noch höher, wie üblich war schlecht geräumt, und so beschloß ich, zu Hause zu bleiben. Da man jetzt auch bei 1 oder 2 Tagen schon eine Krankschreibung braucht, musste ich also zum Arzt. Mein verständnisvoller und taktvoller Hausarzt (der mich auch schon öfters barfuß gesehen hat) ist in Urlaub. Fachlich hätte sich auch ein Orthopäde angeboten, der seine Praxis ganz bei mir in der Nähe hat, im selben Haus wie das Fitnessstudio: "Orthopädische und Chirurgische Gemeinschaftspraxis" Unter diesen Umständen musste ich wohl erst recht mit der im Internet empfohlenen chirurgischen Therapie rechnen, und so bin ich lieber die lächerlichen 1,5 km mit dem Taxi (welch Verschwendung!) zur Vertretung meines Hausarztes gefahren, die mich zunächst auch zum Chirurgen weiterschicken wollten (Mann und Frau kümmerten sich gemeinsam um mich Exoten). Sie hielten mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg: "Ich hab mal den Messner im Vortrag gesehen, der hat auch so was gehabt, der ist auch so ein Verrückter! Manche Leute müssen ja auch durchs Eiswasser schwimmen!" Da ich mich standhaft weigerte, zum Chirurgen zu gehen, erhielt ich Krankschreibung, Verbandsmaterial und ein Rezept über ein Desinfektionsmittel zur Verhütung einer Infektion (falls sich die Blase öffnet). Außerdem gab es noch den Rat, die Beine hochzulegen (wo ich auch schon selber drauf gekommen war) und statt ASS lieber das auch noch entzündungshemmende Ibuprofen zu nehmen: Thrombosegefahr besteht nicht, und wenn das Blut durch ASS verdünnt wird, ist es eher schlechter für die Blase.

Als sie dann meinte, sie hätte sich selbst erst mal eine Verbrennung zugezogen, aber bei der Abkühlung dann noch zusätzlich eine Erfrierung des umliegenden Gewebes in Eiswasser ohne überhaupt etwas zu spüren, dachte ich schon, ein gewisses Verständnis heraus zu hören. Zum Abschied wurde sie dann aber noch mal deutlich: "So einen Blödsinn machen Sie aber wohl nie wieder!" Ich zog es vor, ihr lieber nichts von meinem Wintererlebnis des letzten Jahres zu erzählen, und humpelte durch die Tür, die sie mir mit immerhin mitleidsvollem Blick aufhielt.

Gruß

Leo

P.S.

Hallo Ihr erfahrenen Winter-Barfüßer:

Gibt es denn wirklich gar keine brauchbare Vorwarnung?? Ich hab doch immer alles gespürt!

Mir würde jetzt höchstens einfallen, einen Winterausflug eher so zu gestalten wie Michaels Basel-Besuch an Heiligabend: Nicht alles an einem Stück, sondern Füße zwischendurch immer wieder komplett aufwärmen.


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