Die Vielfalt barfüßigen Lebens (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Monday, 02.07.2007, 23:34 (vor 6355 Tagen) @ Mike

Hi Mike!

also bei diesem Posting - und auch bei ähnlichen Beiträgen (Barfuß zum Blutspenden etc.) - fällt mir auf, dass sie sich immer mehr vom Kernthema des Forums entfernen.
Mir scheint, bei solchen Beiträgen steht nicht die Freude an den Empfindungen des Barfußlaufens im Vordergrund, sondern die Absicht, das Barfußsein in allen möglichen und unmöglichen Situationen darzustellen und die Reaktionen darauf in diesem Forum zu interpretieren.

Auch "die Absicht, das Barfußsein in allen möglichen und unmöglichen Situationen darzustellen", gehört für mich zum "Kernthema". Es dürfte breiter Konsens darüber bestehen, daß wir so ziemlich alle das Barfußlaufen als etwas sehr Angenehmes und Schönes empfinden. Für diese Feststellung brauchen wir aber eigentlich kein Forum. Also geht es hier vor allem darum, Barfußerfahrungen auszutauschen; Fragen zu stellen und zu beantworten, Rat zu suchen und zu gewähren, einander persönlich kennenzulernen, allerhand Gedanken über den (tieferen) Sinn und Nutzen des Barfußgehens zu entwikkeln und vieles mehr. Ich habe durch dieses Forum gelernt, daß man, wenn man es unbedingt will, seine ganze Freizeit, ja sogar sein ganzes Leben barfuß zubringen kann. Ich muß freilich gestehen, daß mir dieser unbedingte Wille fehlt, denn ich bin nicht bereit, meinen Arbeitsplatz und die Mitwirkung in der Kirche zugunsten immerwährender Barfüßigkeit aufzugeben. Aber auch so bin ich häufiger barfuß als beschuht. Damit kann ich gut leben.

Mir würde barfuß zu gehen keinen Spaß mehr machen, wenn ich ständig zwanghaft überlegen müsste, wo ich meine bloßen Füße präsentieren könnte und wie die Reaktionen darauf ausfallen werden.

Das würde mir auch keinen Spaß machen. Zwar stelle ich gelegentlich die bewußten Überlegungen an, aber das geschieht nicht ständig und schon gar nicht zwanghaft. Oft ist es mir gar nicht mehr bewußt, daß ich barfuß bin. Dagegen empfinde ich das Tragen von Schuhen im Laufe der Jahre als immer unangenehmer. Zudem laufe ich nicht barfuß, um meine Mitmenschen damit zu erfreuen oder zu provozieren, sondern weil es mir selbst guttut, ich mich auf diese Weise mit der Erede verbunden bin und mich zutiefst als mich selbst empfinde. Zudem ist es wundervoll, neue Situationen, in denen man es gar nicht für möglich gehalten hätte, barfuß zu bestehen. So hätte ich es vor zehn Jahren nicht für möglich gehalten, daß ich jemals jemanden würde barfuß übern Weihnachtsmarkt gehn sehn. Inzwischen habe ich es selbst schon des öfteren getan, so daß es für mich nichts Besonderes mehr ist. Und wer weiß, wo und inwiefern ich nicht auch zukünftig meine Grenzen weiter hinausschieben kann. Gerade weil ich nicht zwanghaft überlege, fällt mir momentan dazu nichts ein, aber ich vertraue darauf, daß es sich irgendwie irgendwo irgendwann spontan ergeben wird.

Für mich ist Barfußgehen eine spontane Entscheidung, vor allem abhängig von Faktoren wie Freizeit, Jahreszeit, Wetter und Umwelt. Wenn es nicht zu 100 % passt, dann lasse ich es eben sein. Ein Schotterweg kann mich durchaus nicht vom Barfußlaufen abhalten, ein geschäftlicher Besuch in der Bank hingegen schon, denn da gehe ich nicht zum Vergnügen hin.

Ich bin nach Möglichkeit auch da barfuß, wo ich nicht zum Vergnügen bin, also auch in der Bank. Am Arbeitsplatz und bei Gericht kommt es für mich überhaupt nicht in Betracht, und auf einer Beerdigung empfinde ich es (freilich nur für mich selber, nicht für andere) als besonders unangebracht. Und wenn ich gar selbst krank und verzweifelt bin, dann pelle ich mich "freiwillig" in fette Schuhe und Sokken (völlige Abwesenheit von Lebensfreude => Abwesenheit der Barfüßigkeit). Und manchmal muß man einfach Kompromisse schließen. So bin ich sehr gern in der Kirche, aber gerade da kann ich leider nicht barfuß sein (zumindest nicht in Altar & Sakristei).

Ich denke, das ist der Grund, warum ich noch nie negative Situationen mit dem Barfußgehen erlebt habe. Keine blöden Kommentare, keine seltsamen Blicke oder gar Beanstandung.

Ich habe bereits vor einiger Zeit ausführlich dargelegt, daß es meiner Meinung nach eher darauf ankommt, ob man seine Barfüßigkeit irgendwie stimmig "rüberbringt". Vor kurzem bin ich an einem kühlen und bewölkten Nachmittage barfuß übern Löricker Rheindeich gegangen, als mir ein Polizeifahrzeug im Schrittempo entgegenkam. Die Polizisten schauten auf meine Füße; ich grinste, und sonst geschah nichts. Das Polizeifahrzeug hielt nicht einmal an, sondern rollte einfach ganz langsam weiter.
Wil ich dagegen in der Stadt nicht angequatscht werden, dann gukke ich einfach entschlossen. Ist zwar gewissermaßen Mimikry, aber wirkungsvoll.

Barfüßige, derzeit recht kühle und regnerische Sommergrüße,
Markus U.


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