Versuch, den Hintergrund des Bedürfnisses nach Barfusssein zu erfassen (Hobby? Barfuß! 2)

aquajeans @, Friday, 03.12.2004, 19:33 (vor 7239 Tagen)

Dies ist ein sehr persönlicher Beitrag.

Ich bin einer der sehr frühen Teilnehmer dieses Forums, und mir zu unserem Hobby, das ich aktiv und regelmässig pflege, auch viele,zum Teil kritische, Gedanken gemacht

Einige Gedanken gehen mir seit einiger Zeit nicht aus dem Kopf, und der Anstoß dazu sind insbesondere, aber bei weitem nicht nur, verschiedene Aspekte in Michael von Zofingens Beiträgen.

Ich möchte sie äußern, und zur doch ziemlich ernst gemeinten Diskussion stellen. Diejenigen, die sich für die Art Thematik nicht interessieren, sollen bittschön blöde Kommentare für sich behalten.

Ich bin jedes Mal erschrocken, wenn ich Michael von Zofingen's Beschreibung seines Verhältnisses mit seiner autoritären Mutter und seinem gegenüber der Mutter unterwürfigen Vater lese. Mir kommt es vor, als lese ich einen Bericht aus meiner eigenen Jugendzeit als Einzelkind einer dominanten Mutter. Genau die gleiche Leidensgeschichte habe ich erlebt, mit dem Unterschied, dass ich irgendwann vor fast 20 Jahren , im Gegensatz zu M. von Z., den Absprung zu 98 % geschafft habe.

Dabei sind Michaels Beschreibungen kein Einzelfall, er sagt nur explizit, was andere unterschwellig fühlen.

Vor einigen Jahren schrieb z. B. hier regelmäßig mal jemand aus Österreich, der eine ähnliche Relation mit seinen Eltern beschrieb, nur halt nicht mit dem gleichen Talent zur Selbstanalyse und der gleichen Durchsicht wie M. von Z.

Auch in anderen Beiträgen klingt manchmal unterschwellig eine ähnliche Thematik an, ohne dass die Autoren sich der Problematik so selbst-bewusst sind wie M. von Z., und das nicht so unhäufig.

Reiner Zufall ? Ich glaube nicht.

Meine Frage: besteht ein Kausalzusammenhang zwischen dem Bedürfnis, barfuss laufen zu wollen, also, um mal etwas Amateur-Jungianer zu sein, den direkten, auch mal schmerzlichen Kontakt zur Erde (als das Symbol des Weiblichen) zu suchen, und einem belastenden, unbefriedigenden Mutter-Sohn-Verhältnis? Kann man den Faden noch etwas weiter spinnen, und sagen, das Bedürfnis, sich der Kälte auszusetzen, sei ein unbewusster Kampf gegen erlittene Gefühlskälte?

Oder zumindest der Versuch einer Kontaktaufnahme mit der weiblichen Komponente des Universums ?

Dazu eine autobiographische Bemerkung.

Ich kam zum Barfusslaufen als 10 oder 11 jähriger, in einer Gegend, wo dies absolut nicht üblich ist , schon gar nicht für Jungen, durch meinen ersten irgendwie gefühlsbetonten Kontakt mit einem Mädchen, das in dem gleichen Mietshaus wohnte. Es war so was wie meine erste Liebe, sofern es so was Ende der Sechziger in dem reaktionär-katholischen Umfeld meiner Familie überhaupt geben durfte.

Sie hat mich an einem heißen Sommernachmittag das erste Mal überzeugt, Schuhe und Strümpfe auszuziehen, und mit ihr zu versuchen, über einen pieksigen Kiesweg zu laufen, und zu sehen, wer es am längsten aushält, barfuss auf Telefonmasten und Gartenmauern zu klettern , im Garten lehmige und dreckige Füße zu bekommen usw. usw. Wir hatten auch vor, im Winter gemeinsam barfuss durch den Schnee zu wandern, wozu es aber nie kam. Dies natürlich zum blanken Entsetzen meiner Eltern, die diese Art von Beschäftigung mit allen Mitteln zu untersagen versuchten.

Ich habe das Mädchen nach einem Umzug total aus den Augen verloren, aber seit diesem Sommer hat das Bedürfnis nach Barfusslaufen mich eigentlich nie mehr losgelassen, nur habe ich es nie voll ausgelebt bis zu dem Zeitpunkt als ich in einer ersten Phase auf die newsgroup alt.lifestyle.barefoot und dann auf das Forum stieß, und erleichtert feststellen konnte, dass ich nicht der einzige bin.

Aber der Ursprung des Bedürfnisses, barfuss zu laufen entstand eindeutig anlässlich des ersten gefühlsbetonten Kontakts mit dem anderen Geschlecht.

Ich frage mich daher:

Ist vielleicht das unbewusste Motiv oder zumindest ein unbewusstes Motiv unter anderen zumindest für das männliche Barfusslaufen, abgesehen von aller aufgesetzten und vorgeschobenen Vernunftgründen wie Stärkung der Gelenke und der Muskulatur, Abhärtung, ideologische Überzeugung, ein ganz anderer, gefühlsbetonter?

Inwiefern ist Barfusslaufen ein Ersatz für eine unbefriedigende Mutter-Kind-Relation? Oder aber in allen Fällen der Versuch einer (gegebenenfalls Ersatz-) Relation mit dem Weiblichen, symbolisiert durch die Erde, die man dabei unmittelbar berührt ?

Gibt es deshalb im Forum so eine hohe Zahl an männlichen Junggesellen?

Ist es falsch, dies zuzugeben ?

Und andersrum: ist vielleicht die aggressive, mitunter hysterische Ablehnung des Barfusslaufens, das fast jeder hier im Forum im Rahmen von unangenehmen Vorfällen schon mal erlebt hat , nicht vielleicht Ausdruck der Unfähigkeit zu einem vernünftigen Umgang mit all dem, was die Erde symbolisiert ? Mit einer vorgeschobenen, pseudorationalen Begründung wie Hygiene, Fusspilzgefahr, Zeckengefahr, Verletzungsgefahr, oder gar, es sei "unmännlich" ???

Und sollte dies für uns Männer zutreffend sein, welches ist dann die Motivation für die Mädchen ? Ist vielleicht deshalb das Barfusslaufen für sie selbstverständlicher ?

Was meint Ihr ?

Mit freundlichen Grüßen

Aquajeans


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