Fragen an euch Barfüßer (Hobby? Barfuß! 2)

Kai (WN), Stammposter, Friday, 31.01.2003, 11:35 (vor 7911 Tagen) @ Sarah

Hallo Sarah,

das sind ja eine Menge neugieriger Fragen. Soweit ich die Teilnehmer des Forums kenne, fallen die Antworten sicher ganz unterschiedlich aus. Im Best Of des Forums (s. Link oben im Forumskopf) kannst Du das sehr ausführlich nachlesen.

Ich selber, um auf Deine Fragen teilweise zu antworten, bin verheiratet und meine Frau hat kein Problem damit, wenn ich von Frühjahr bis Herbst in meiner Freizeit barfuß unterwegs bin.

Lohnt sich konsequentes Verhalten, wenn es sozial isoliert? Kann
der Mensch als soziales Wesen sich auf die Dauer erlauben,
isoliert zu sein?

Jeder Mensch ist von gewissen Gruppen sozial isoliert. Das hängt von Schulbildung, Beruf, Hobbies, etc. ab. Nur extreme Verhaltensweisen führen zu einer kompletten Isolierung - meist ist diese dann aber auch irgendwo gewollt (bewusst oder unbewusst). Wer sich im alltäglichen zwischenmenschlichen Umgang "normgerecht" verhält, wird zwar als Barfüßer auffallen, aber in der Regel nie auf die Eigenart "Barfüßer" reduziert.

Ob sich konsequentes Verhalten auch im Fall einer sozialen Isolierung lohnt ist eine individuelle Frage. Barfußlaufen würde ich für mich persönlich nicht in diesen Rang erheben - ich selber achte durchaus auch auf Konventionen, z.B. gehe ich nicht barfuß in die Oper. Wenn es aber z.B. um umweltgerechtes Verhalten oder den Eintritt für Freiheitsrechte geht, geht meine "Schmerzgrenze" weiter.

Es ist, ob man das nun gut oder schlecht findet, so, dass die
meisten (auch nicht oberflächliche) Menschen durch von der "Norm"
abweichendes Verhalten sehr verunsichert werden, evtl. Angst oder
gar Aggressionen empfinden.

Jedes Abweichen von der Norm führt natürlich zu Verunsicherung. Allerdings ist es immer eine Frage des Ausmaßes der Abweichens. Wenn z.B. die sonstigen sozialen Verhaltensweisen oder die Kleidung "passen", dann stimmt das Weltbild wieder.

Meine Erfahrung zeigt, dass die meisten Menschen es sehr gut akzeptieren, dass ich barfuß bin, wenn sie meine Gründe gehört haben. Dann erfahre ich sogar eher Anerkennung und verhaltenen Neid. Einige lockere Worte und das Eis ist gebrochen.

Von der Norm abweichendes Verhalten ist ja u.a. sehr oft ein
Symptom psychischer oder geistiger Behinderungen/Erkrankungen.

Oder es ist schlichtweg eine kulturelle Betrachtungsweise. Beispiel ist der in Westeuropa vorherrschende Individualismus, der in asiatischen Ländern grob normabweichend ist.

Ich kann mir vorstellen "auffälliges" Verhalten oft ein Kennen
lernen schon im Ansatz verhindert, weil es dem Gegenüber Angst
macht.

Na ja, ganz so gravierend würde ich das nicht sehen. Ist es nicht generell der erste Eindruck von jemandem, der (vorerst) prägend wirkt? Egal ob lange/kurze Haare, Barfuß oder Springerstiefel, Pickel oder abstehende Ohren - jeder erste Eindruck prägt erst einmal. Das ist aber immer ein gegenseitiger Prozess, der stark von der eigenen Erwartungshaltung abhängig ist.

Ich habe im Freundeskreis so einen Fall. Meine Freundin (...)
wird von einem "Barfüßer", den sie in einem Seminar traf, umworben.
(...)Sie blockt die
Annäherungsversuche des jungen "Barfüßers" nun von vornherein ab,
weil sie Angst hat, schon wieder an einen psychisch Kranken
geraten zu sein.

Was möchtest Du denn nun von uns hier hören? Menschen die barfuß laufen - und sei es im Winter - sind sicher genau so unterschiedlich, wie all die beschuhten Zeitgenossen. Was soll denn die Aufregung? Unterhaltet euch doch einfach mit ihm. Fragt ihn, warum er barfuß läuft? Wie er es empfindet, damit aufzufallen, etc. - Fragen habt ihr doch genug. Sich mit jemandem zum Kaffe zu verabreden, um sich näher kennen zu lernen, heißt doch nicht gleich, eine Beziehung eingehen zu müssen. Seid doch einfach "unverkrampft" und denkt nicht bei jedem abweichenden Verhalten an eine psychische Störung. Vertraut einfach eurem Empfinden und redet lieber mit dem jungen Mann, als über ihn. Solange sein einziges abweichendes Verhalten das Barfußlaufen im Winter ist - und mehr hast Du nicht geschildert - sehe ich das Problem primär in euren gedanklichen Vorstellungen.

Beste Grüße
Kai


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