Bericht vom Treffen in München @Markus U. (Hobby? Barfuß! 2)

RainerL @, Stammposter, Wednesday, 29.01.2003, 14:32 (vor 7913 Tagen) @ Markus U.

Hallo Markus,

Weiter oben habe ich beispielsweise einen sehr guten Beitrag von Emese entdeckt, und die ersten beiden Antworten enthalten nur Schrott und lassen auf die Unfähigkeit der Schreiber, sich mit den Gedanken von Emese konstruktiv und inhaltlich auseinanderzusetzen, schließen.

Da ich den zweiten Beitrag geschrieben habe meinst Du mich damit und Du hast recht: Es war auch Schrott dabei ! Ich weiß nicht was mich da geritten hat so heftig zu reagieren. Es war wohl das: "Gegen den Kapitalismus" das heißt ja Antikapitalismus und wird oft mit was Anderem gleichgesetzt. Bei mir hat es die Wirkung gehabt die bei einem Stier in der Arena ein rotes Tuch haben muß. Ich hoffe Du kannst mir verzeihen wegen meiner agressiven Weise der Antwort.


Da liegt ein Mißverständnis vor. Du beziehst Dich auf Deine Antwort auf meinen Beitrag "Barfuß wider den Kapitalismus", der seinerseits eine Antwort auf Emeses älteren Beitrag "Auf jeden Fall..." war. Ich meinte jedoch mit meinen oben von Dir zitierten Worten die dummen Antworten von Wormies Bindabu und Chris auf Emeses Beitrag "Kedves Markus U."

Da muß mir mein schlechtes Gewissen wegen der agressiven Antwort einen Streich gespielt haben. Richtig, Du meintest ja Emeses aktuellen Beitrag.

Bezüglich des von Dir angesprochenen Beitrages verzeihe ich Dir die aggressive Weise Deiner Antwort,

Danke !

... wenngleich ich im ersten Moment sehr überrascht war, weil ich zum einen derart aggressive Antworten von Dir nicht gewohnt war und Du zum anderen das Anliegen meines Beitrages mißverstanden hattest.

Wie oben schon gesagt: es war der Rote-Tuch-Effekt des gereizten Stiers der ansonsten auch friedlich auf der Weide grast.

Ansonsten gilt: Erst (sehr genau) lesen, dann antworten!

O.K. mache ich künftig ! Ich habe nur das Forum schon unter "roter Fahne" segeln sehen und deswegen die Reaktion.

Ich überlege mir die Antwort auf manchen Beitrag stunden- und sogar tagelang (natürlich nicht ununterbrochen, da ich mich außer mit diesem Forum (das zu meinem Hobby geworden ist) mit vielen anderen und wichtigeren Dingen zu beschäftigen habe), bevor ich sie schreibe und schließlich abschikke. Du hast mich insofern richtig verstanden, als ich gegen den Kapitalismus bin, in dem alles auf Effizienzsteigerung bei Produktion und Dienstleistungen hinausläuft, was zu Lasten der Lebensqualität geht und sich in der Konsequenz äußerst lebensfeindlich auswirkt, indem z. B. Kinder, die voraussichtlich mit einer Behinderung zur Welt kommen werden, schon im Mutterleibe getötet werden, weil Behinderte in einer solchen Gesellschaft als eine Belastung empfunden werden. Gestern haben wir im Rahmen einer Exkursion zu einem Center für natürliche Geburt einen Film aus dem Jahre 1995 dazu gesehen, und anschließend waren wir alle (etwa 20 orthodoxe Theologiestudenten mit ihrem Professor) sehr erschüttert.

Das muß wirklich ein bewegender Film gewesen sein. Es gibt aber für die Eltern nicht nur die Möglichkeit sich gegen ein behindertes Kind zu entscheiden sondern auch prinzipiell gegen ein (gesundes) Kind was schon im Mutterleib heranreift was ich auch sehr schlimm finde. Und in der heutigen Zeit muß man ja froh sein wenn sich Eltern überhaupt für ein Kind entscheiden ("Vergreisung der Gesellschaft","Selbstverwirklichung" etc.)

Ein weiterer Auswuchs besteht darin, daß der Mensch im Kapitalismus in erster Linie als Kunde und Verbraucher angesehen und umworben wird. Mit Werbung und allen möglichen psychologischen Tricks wird versucht, an das Geld der "Verbraucher" zu kommen, ohne Rücksicht auf die Folgen, die bei manchem in unentrinnbarar Verschuldung, Zerwürfnis von Familien und anderem bestehen. Kann ich ein solches System etwa gutheißen?

Ich habe mal ein Buch über Werbung gelesen und war danach völlig betroffen wie wir als Verbraucher manipuliert werden (leider kann ich mich nicht mehr an Einzelheiten erinnern) und hätte danach am liebsten gar nichts mehr gekauft. Von daher hast Du mit deiner Kritik über Werbung vollkommen recht.

Dere Marxismus- Leninismus hatte nie meine Sympathie, da er religionsfeindlich ist, während der Glaube an Gott, die Religion und ihre Ausübung in meinem Leben stets eine zentrale Stellung einnahmen. Du schreibst, daß Kommunismus wie ein rotes Tuch auf Dich wirkt. Das ist zunächst einmal eine bildhafte Beschreibung für eine gefühlsbetonte Reaktion. Aber hast Du Dich mit dem Kommunismus theoretisch auseinandergesetzt und die Schriften seiner "Klassiker" gelesen?

Wir haben in der Schule auch die Grundlagen des Kommunismus behandelt aber da war oft ein himmelweiter Unterschied zwischen den Theorien und der Umsetzung dieser Theorien.

... Oder war diese Reaktion nur Ausfluß eines seit der NS- Zeit in (West-) Deutschland tief verwurzelten Antikommunismus?

Sicher ist es auch das. Der real existierende oder existiert habende Kommunismus hat nicht viel mit den zu Grunde liegenden Theorien gemeinsam sondern mehr mit Machtausübung bzw. Machtmißbrauch und deswegen weckt schon das Wort "Kommunismus" schlechte Assoziationen.

Im übrigen hat das historische Scheitern des "real existierenden Sozialismus" im früheren "Ostblock" vielfältige Gründe (einer davon lag in der fehlerhaften theoretisch- ideologischen Grundlagen). Diese im einzelnen zu erläutern würde jedoch zu weit führen und wäre außerdem "off topic".

Kannst Du mir ja mal per mail erklären oder im persönlichen Gespräch.

Im übrigen habe ich ja die gesundheitlichen Aspekte befürwortet und mich dann gefragt wie Du das mit Spiritualismus und Barfüßigkeit meinst. Vorhin bevor ich nach Hause fuhr kam mir dann die Einleuchtung: Ich glaube Ich habe verstanden wie Du es meinst. Ich habe auch Emese schon etwas in dieser Art geantwortet. Was Ihr meint und ich nicht nachvollziehen kann da ich mehr Gelegenheitsbarfüßer bin (obwohl zu Hause und am Computerarbeitsplatz fast ständig barfuß) ist eine Entwicklung die vom gelegentlichen Barfußlaufen als Hobby sich entwickelt zu einem immer mehr barfußlaufenden Menschen bis es selbstverständlich wird. Das Barfuß-Sein scheint dann eine mehr in die geistige/geistliche/spirituelle Entwicklung zu begünstigen frei nach "Free your feet and your mind will follow" . Wenn man den spirituellen Weg geht entfernt man sich vom Materialismus (bzw. Kapitalismus) und geht einen besseren Weg der zu mehr Menschlichkeit, Freundschaft, Lebenssinn führt. Ich hoffe diesen Weg wiederzufinden den ich früher schon einmal fast gefunden habe.

Habe ich in etwa getroffen was Du meinst ?

Jetzt hast Du mich verstanden und in etwa getroffen, was ich meine. Bei mir war es so, daß sich der Geist durch das Barfußgehen (der Mensch ist schließlich als ganzheitliche Einheit zu verstehen) mehr in eine geistige/ geistliche/ sprituelle Richtung entwikkelt hat. Es ist für mich auch kein Zufall, daß große Gestalten des Glaubens wie die Propheten, Jesus Christus und die großen Heiligen (bekanntestes Beispiel: Franziskus) barfuß waren. Auch in manchen nichtchristlichen Religionen (z. B. im Buddhismus) wird der Zusammenhang zwischen Barfußgehen und Spiritualität gesehen und praktiziert.

Barfußlaufen scheint also die Entwicklung in eine spirituelle Entwicklung zu unterstützen. Mich würde auch mal interessieren ob es bei bestimmten Mönchen und im Buddhismus nicht auch was mit Armut zu tun hat oder bestimmten günstigen klimatischen Bedingungen daß die Barfuß laufen. Bei dem bekanntesten Beispiel, dem Franziskus war es doch so daß er damit dem Weltlichen entsagen wollte.

Mir ist jedenfalls wieder bewußt geworden daß ich noch viel lernen muß. Ich würde Dich auch gerne mal kennenlernen, im persönlichen Gespräch läßt sich doch Vieles klären. Auch darf man nicht vergessen daß wir uns hier nur per Schrift austauschen können und alleine dies schon zu Mißverständnissen führen kann. Beim persönlichen Gespräch kommen noch Stimme, Mimik, Gestik dazu und man kann den Anderen besser verstehen.
Zu einem Treffen mit Dir bin ich gerne bereit. Vielleicht kannst Du im Februar mal ins Rheinland kommen? Dann bin ich wieder in Ratingen.

Könnte eventuell klappen. Wann bist Du im Februar denn in Ratingen und hast Du besser in der Woche oder am Wochenende Zeit ?

Ich habe auch irgendwo von Dir gelesen daß Du fragst "Soll ich jetzt etwa schreiben: "Ich habe barfuß den Müll herausgebracht oder bin 500 km barfuß Auto gefahren." Das ist für die die mit dem Barfußlaufen anfangen hochinteressant. Auch solche Themen gehören hierher.

Das ist richtig, aber man macht schließlich eine Entwicklung durch, bevor man zum Ganzjahresbarfüßer wird. Natürlich war ich sehr aufgeregt, als ich zum ersten Male im Winter barfuß einkaufen ging, und anschließend hatte ich im Forum darüber berichtet, zumal ich ohne dieses Forum gar nicht dazu gekommen wäre, etwas Derartiges zu tun. Daß man im Winter NICHT barfuß geht, war bis dahin für mich selbstverständlich gewesen. Ich hatte mir zwar Gedanken darüber gemacht, ob man im Winter barfuß gehen könne, war aber zu dem (falschen) Schlusse gekommen, daß dergleichen wohl nicht möglich sei, weil mir Beispiele, vor allem aus meiner Umgebung, fehlten. Und selbst wenn mir damals jemand auf der Straße barfüßig entgegengekommen wäre, so hätte ich es nicht gewagt, ihn diesbezüglich anzusprechen und zu fragen.
Mit fortschreitender Übung hat sich aber herausgestellt, daß das barfüßige Leben eher ereignislos verläuft. Barfuß im Januar einkaufen zu gehen, mit der U- Bahn zu fahren, gar Auto zu fahren sind für mich mittlerweile selbstverständlich. Soll ich das wirklich alles protokollieren? Etliche Blikke und Kommentare bemerke ich gar nicht, und das, was ich in dieser Hinsicht registriere, ist zumeist eher belanglos.

Nur wenn mir im Zusammenhange mit meiner Barfüßigkeit etwas widerführe, was nicht alle Tage oder ohne weiteres geschieht, und wenn ich mich darüber besonders freue oder ärgere, ist das meiner Meinung nach einen Bericht im Forum wert.

Genau das scheint aber eher selten zu passieren. Also ist Barfüßigkeit im Winter doch nichts besonderes ? Es kann aber auch sein daß die Bemerkungen nicht in deiner Anwesenheit gemacht werden wie Franz spekuliert hat als ich von meinem barfüßigen Schneespaziergang berichtete und bei einigen Begegnungen niemand was gesagt hat und ich nur einmal hinter meinem Rücken das Wort "barfuß" vernommen habe.

Vor allem interessiert mich immer die Reaktionen der Umwelt auf das Barfußgehen. Aber besonders interessant finde ich auch die etwas abgehobeneren Themen wenn eindeutig und objektiv über ein interessantes Thema wie z.B. die Entwicklung vom Hobby-Barfüßler zum Menschen mit barfüßiger Lebenseinstellung berichtet wird und verschiedene Aspekte dazu.

Diese Entwicklung hat sich schrittweise vollzogen. Angefangen hat es bei mir damit, daß ich schon als Kind gern barfuß gelaufen bin und Sokken schon immer insgeheim verabscheut habe. Erst als ich aus dem Elternhause ausgezogen war, habe ich die sokkenlose Zeit von Jahr zu Jahr immer weiter und bis in den Winter hinein ausgedehnt. Im Sommer trug ich nie Sokken (außer zu Beerdigungen); im Winter (November bis Februar) hielten sich die sokkenlosen Tage mit den "Sokken- Tagen" in etwa die Waage. Wirklich barfuß gelaufen bin ich damals jedoch selten, und im Winter schon gar nicht. Im September 2000 entdeckte ich dann, nachdem ich einen Internet- Anschluß hatte, dieses Forum, und natürlich stürzte ich mich sofort auf das "Best of" und ging besonders der Frage nach, ob man im Winter barfuß laufen könne. Ich las das gesamte "Best of" sowie sämtliche Beiträge im Archiv. Dann mailte ich einzelne Barfüßer aus der Rubrik "Personalien" an und verabredete mich mit ihnen zum gemeinsamen Barfußlaufen. Das fand ich sehr aufregend. Später (ab Dezember 2000) probierte ich es dann auch alleine. Vom Winter 2000 bis zum Frühling 2001 dehnte ich dann das Barfußlaufen nach und nach auf meine gesamte Freizeit aus und trainierte eifrig das Gehen auf verschiedenen Böden, bis ich nur noch auf Grobschotter Schwierigkeiten hatte (bis heute - damit werde ich wohl leben müssen). Durch das verstärkte Barfußlaufen spürte ich schließlich ein verändertes Verhältnis zum Boden (= der Erde) und fing an, das Barfußgehen auch theoretisch verstärkt zu reflektieren, und so gelangte ich sowohl durch eigenes Nachdenken als auch durch Anregungen aus dem Forum nach und nach zu meiner "barfüßigen Lebenseinstellung". Außerdem hat das Barfußlaufen andere Auswirkungen: Ich bin selbstbewußter geworden (da ich mich anfänglich dazu überwinden und mit Blikken und Kommentaren klarkommen mußte, hatte ich keine Wahl - die Alternative hätte in der Kapitulation und der Rückkehr zur "beschuhten Lebensweise" bestanden), und mein Gesundheitszustand hat sich verbessert. Im letzten Jahr mußte ich mit manchen Kümmernissen leben, was mir meiner Meinung nach barfuß besser gelang, als wenn ich beschuht gewesen wäre.

Danke für die ausführliche Barfußbiographie. Da habe ich ja noch einen weiten Weg vor mir. Wenn ich beim Barfußlaufen in der Natur schon selbstbewußter geworden bin in die Stadt habe ich mich so noch nicht getraut. Liegt aber wohl auch daran daß ich zur Zeit äußerst selten in der Stadt bin.

Barfüßige Grüße
Rainer L., der die schönen Dialoge im Rahmen des "Monsterthread" sehr vermißt

Ich vermisse sie auch sehr. Aber wir können ja jederzeit einen neuen "Monsterthread" strikken. Ich hatte Derartiges schon früher immer wieder versucht, war aber noch nie so weit gekommen wie mit Dir!

Lieber keinen Monsterthread mehr versuchen sonst gibt es wieder Ärger mit den Administratoren ;-) (außerdem habe ich momentan wenig Zeit dazu). Aber sich hier ab und zu auszutauschen das gehört zu einem lebendigen Forum dazu.

Barfüßige Wintergrüße,
Markus U.

Barfüßige (regnerische) Wintergrüße
Rainer L.

P.S. Schon Schneespaziergänge in München möglich ?


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