Berlin-Holzkichner-Treppigkeitsdefinition für Verkehrsmittel-Ästheten (Hobby? Barfuß! 2)

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Thursday, 19.07.2007, 23:30 (vor 6273 Tagen) @ Leo

Hallo Leo

Es ist schon wirklich erstaunlich und natürlich auch höchst bedauerlich, dass über dieses für Barfüßer äußerst wichtige Thema bisher so wenig diskutiert wurde. Die Frage, welche Verkehrsmittel vorzugsweise zu benutzen sind, betrifft schließlich nicht nur uns beide.
Ich halte es daher für sehr wichtig, nocheinmal genauer auf die sekundär treppigen Verkehrsmittel einzugehen:

Dann könnten wir uns ja vielleicht folgendermaßen einigen: Primär treppige Verkehrsmittel sind solche, in denen man sich korrekt-stimmig treppig FÜR JEDEN NEUEINSTEIGENDEN (zumindest jeden, der zum Oberdeck weitergeht) SICHTBAR positionieren kann - hierzu sind Treppen IM Verkehrsmittel erforderlich. Sekundär treppige Verkehrsmittel sind solche, die zwar nicht primär treppig im o.a. Sinn sind, aber vor dem Einsteigen eine treppige Positionierung AUF DEM ZUGANGSWEG ZUM BAHNSTEIG über möglichst lange Treppen erlauben.

Ganz genau.

Eingehend auf Deine Vorschläge schlage ich daher folgende Holzkirchner/Berliner Definition von echter Treppigkeit, unechter Treppigkeit, echter Untreppigkeit und integraler unechter Treppigkeit vor:
§1: Ein Verkehrsmittel, das im inneren Treppen enthält und so die ästhetisch korrekt-stimmige Positionierung erlaubt, ist primär treppig und automatisch echt treppig.

So weit stimme ich mit dir überein.

Die Benutzung solcher Verkehrsmittel ist zu bevorzugen.

Das würde ich nicht in jedem falle so sehen. Insbesondere, wenn der Zugang zu primär untreppigen Verkehrsmittel über lange Treppen führt und die Fahrt nicht allzu weit geht, könnte das untreppige Verkehrsmittel eventuell mehr Blicke auf die Füße ermöglichen, als bei einer kurzen Fahrt im echt treppigen Verkehrsmittel mit vielleicht wenig Fahrgastwechsel möglich wäre.

§2: Ein Verkehrsmittel, das im Inneren keine Treppen enthält, ist primär untreppig und kann gleichzeitig unecht treppig oder echt untreppig sein. Näheres regeln §§3-5.

Hier wird es etwas kompliziert. Man sollte vielleicht zwischen Verkehrsmitteln und Stationen unterscheiden, um eindeutig festlegen zu können, ob etwas nun echt treppig (Fahrzeuge mit Stufen bzw. Bahnhöfe mit Treppen) oder unecht treppig (Stufenlose Fahrzeuge an treppigen Stationen bzw. ebenerdige Stationen an denen stufige Fahrzeuge halten) ist. Eine U-Bahn wäre dann so lange unecht treppig, wie sie Stationen mit Treppen anfährt. Die Berliner U5 z. B. wird daher erst an ihrer Endstation Hönow echt untreppig, weil diese Station ebenerdig liegt

§3: Ein primär untreppiges Verkehrsmittel, das über viele AUFWÄRTS-Stufen erreicht wird, ist zumindest sekundär treppig und somit insgesamt unecht treppig. Die Benutzung solcher Verkehrsmittel ist aus ästhetischen Gründen auch möglich!

Eben.

§4: Ein primär untreppiges Verkehrsmittel, das über viele ABWÄRTS-Stufen erreicht wird, ist auch sekundär untreppig und somit insgesamt echt untreppig. Die Benutzung solcher Verkehrsmittel ist möglichst zu vermeiden!

Moment! Hier muss man bedenken, dass ein Verkehrsmittel nicht nur betreten, sondern auch wieder verlassen wird. Führt also zum Betreten eine Treppe nach unten, führt dieselbe Treppe zum Verlassen wieder nach oben. Dann ergibt sich wieder die gewünschte Ästhetik. es kommt nun aber darauf an, dass man möglichst mehr hinauf als hinab steigt. Bei einer Fahrt mit der Berliner U3 etwa von Breitenbachplatz bis Heidelberger Platz führen auf beiden Stationen die Treppen nach unten, wie es bei U-Bahnen nicht ungewöhnlich ist. Da am Breitenbachplatz der Tunnel aber unmittelbar unter der Straße liegt, am Heidelberger Platz aber noch das Niveau der S-Bahn dazwischen liegt, würde man deutlich mehr Stufen hinauf als hinab steigen.
Obwohl diese Verbindung nach deiner Definition echt untreppig wäre, könnte auch der ästhetikbewusste Barfüßer sie durchaus nutzen. Ich würde diese Verbindung daher wegen des grundsätzlichen Vorhandenseins von Treppen durchaus als unecht treppig statt als echt untreppig bezeichnen.

§5: Ein primär untreppiges Verkehrsmittel, das auf gleicher Höhe liegt, wie das vorher benutzte (gleicher Bahnsteig oder über Ab- und Aufwärts-Treppen) erbt die sekundäre Treppigkeitseigenschaft des zuvor benutzten Verkehrsmittels und wird demgemäß unecht treppig oder echt untreppig. Hierbei ist eine ggf. vorliegende primäre Treppigkeit dominant über die sekundäre Treppigkeit, so dass das nachfolgende Verkehrsmittel dann stets sekundär treppig wird, d.h. echt treppig => unecht treppig

Es kann aber doch nicht sein, dass Ab- und Aufwärts-Treppen sich gegenseitig aufheben. Bei einer Aufwärtstreppe wird nachfolgenden Personen immer der Anblick der baren Füße ermöglicht. Dieser Anblick lässt sich nicht durch eine anschließende Abwärtstreppe wieder rückgängig machen. Man sollte daher auf einen Umsteigevorgang, bei dem gleich viele Stufen hinauf wie hinabgestiegen werden müssen keinesfalls unnötig verzichten. Fast möchte ich meinen, dass sich ein Umsteigevorgang bereist lohnt, sobald überhaupt ein paar Stufen hinauf gestiegen werden müssen, selbst dann, wenn noch mehr Stufen wieder hinabführen.
Außerdem wird ein Verkehrsmittel nicht echt untreppig, nur weil man wegen eines Umsteigevorgangs die von außen kommenden Zugangstreppen nicht nutzt. Sollte beim Umsteigen, z. B. durch Wechsel der Bahnsteigseite, keine Nutzung von Treppen erfolgen ändert das Verkehrsmittel nicht seine Treppigkeit, sondern der Barfüßer verpasst eine Chance zur Nutzung der vorhandenen Treppen. Man sollte also dort, wo durch Wechsel der Bahnsteigseite ein Umsteigen möglich ist, dennoch kurz den Bahnhof verlassen, um ihn anschließend neu zu betreten und so auch die Treppen zu benutzen.

Wenn du also wiedermal nach Berlin kommst, solltest du unbedingt darauf achten, dass du den Hauptbahnhof im Tunnel erreichst, damit du reichlich Treppen nach oben steigen kannst.

Das ist bei Ankunft aus München glücklicherweise immer der Fall! :-)

Mit der S-Bahn fährst du dann am besten bis Warschauer Straße, weil sie nur dort unterhalb des Straßenniveaus liegt, so dass auch dort wieder Treppen nach oben, auch zur U1, führen. Falls du z. B. zur U2 möchtest empfehle ich mit der S-Bahn auf der Stadtbahnstrecke bis Ostkreuz zu fahren, dort nach oben zur Ringbahn umzusteigen und mit dieser bis Schönhauser Allee zu fahren, dem einzigen Umsteigebahnhof, wo die S-Bahn zwei Etagen unter der U-Bahn liegt.


Aber was ist nun mit der Rückfahrt? Auf die Schnelle fällt mir da nur folgende Lösung ein: Mit der U2 bis Zoologischer Garten (oder alternativ mit der U1 bis Kurfürstendamm) und dann weiter mit der Stadtbahn (unecht treppig gemäß §3) bis Spandau und von dort dann mit dem ICE (unecht treppig gemäß §5) nach München und zum Schluß mit der BOB (echt treppig gemäß §1) nach Holzkirchen.

Auf der Rückfahrt könntest du mit der U2 bis Potsdamer Platz fahren, dort nach oben in den M41 steigen, der meist mit DD-Bussen bedient wird, und mit ihm zum Hauptbahnhof fahren. Dort geht es dann nach oben zur Stadtbahn. Für die Fahrt nach München solltest du dann natürlich einen Zug auf der Stadtbahnstrecke nutzen, also z. B. über Hannover fahren.

Aber wie komme ich an den unterirdischen Stationen mit gutem Ästhetik-Gewissen in die U1 oder U2? Hier lässt sich eine echt untreppige Fahrt dann kaum vermeiden!

Die U1 ist im Bereich von Gleisdreieck bis Warschauer Straße mit aufwärts führenden Treppen zu erreichen, die U2 an den Stationen Ruhleben, Nollendorfplatz bis Mendelssohn-Bartholdy-Park und Eberswalder Str. bis Schönhauser Allee).

Zur Lösung dieses Problems schlage ich in solchen Fällen vor, dass eine teilweise echte Untreppigkeit tolerabel ist, sofern sich auf der Fahrt insgesamt eine integrale unechte Treppigkeit ergibt:

§6: Mit jeder Etage treppauf wird die integrale Treppigkeit ausgehend vom Anfangswert 0 zu Beginn der Fahrt um 1 inkrementiert und mit jeder Etage treppab um 1 dekrementiert. Echt untreppige Teilstrecken sind tolerabel, sofern sich insgesamt eine positive integrale Treppigkeit ergibt, so dass die gesamte Fahrt integral unecht treppig wird.

Die Dekrementierung halte ich, wie schon oben beschrieben, nicht für sinnvoll. Wesentlich ist das Treppaufsteigen. Sollte zum vermehrten Treppaufsteigen auch mal ein Treppabsteigen nötig sein, sollte man es akzeptieren. Auch für kurze Aufstiege lohnt sich ein längerer Abstieg.

Das Tarifsystem nimmt allerdings leider keine Rücksicht auf solch vorbildliches Verhalten, da Einzelfahrscheine nicht für Rundfahrten benutzt werden dürfen.

Daher:

§7: In Sonderfällen ist das Fahren von Ablaß-Runden mit positivem Beitrag zur integralen Treppigkeit erforderlich bzw. ohnehin ratsam zur Verbesserung der integralen unechten Treppigkeit. (Mit Rücksicht auf die üblichen der Ästhetik entgegenstehenden Tarif-Bestimmungen für Einzelkarten wird die Benutzung von Tageskarten empfohlen.)

Richtig.

In diesem Zusammenhang muss ich aber darauf bestehen, dass du deinen Irrtum bezüglich der Ablehnung von U- und S-Bahnen noch einmal überprüfst. Sicher sind auch im Münchner Schnellbahnnetz genügend Treppenanlagen vorhanden, so dass man diese Verkehrsmittel als gewissenhafter Barfüßer benutzen kann.


Ich will ja auch nicht päpstlicher sein als der Papst und habe daher Deine Anregung mit der sekundären Treppigkeit gerne aufgegriffen, zumal sie mir in der Tat das Leben in München sehr stark erleichtert: Z.B. beim Besuch der Olympiaschwimmhalle wird mir ein Fußmarsch von über 10km für Hin- und Rückweg zusammen erspart:

Leider sind meine Ortskenntnisse bei den Münchner U- und S-Bahnen nicht exakt genug, um da mitreden zu können.

Mit ebenso ästhetisch-missionarischen wie dankbaren Grüßen zurück - und in der Hoffnung dass sich unsere hier vorgestellte Holzkirchner/Berliner Treppigkeitsdefinition ästhetisch akzeptabler Verkehrsmittel genau so durchsetzt wie die Ratinger Barfüssigkeitsdefintion ;-)

Ebenso in der Hoffnung auf eine Einigung, aber bei Erreichen einer möglichst großen Einfachkeit unter Berücksichtigung sämtlicher denkbarer Treppensituationen mit freundlchen Grüßen nach Holzkirchen

Ulrich


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