Holzkirchner/Berliner Treppigkeitsdefinition für Verkehrsmittel-Ästheten (Hobby? Barfuß! 2)
Hallo Ulrich,
... in hochflurigen Bussen und Straßenbahnen zwar ein paar wenige Stufen vorhanden sind,
meine primäre Definition!
... diese Verkehrsmittel aber in aller Regel ebenerdig erreichbar sind. U- und S-Bahn sind dagegen fast immer über längere Treppen zu erreichen, an die noch nicht einmal die Treppen von Doppeldeckerbussen heranreichen.
Deine sekundäre Definition!
Dann könnten wir uns ja vielleicht folgendermaßen einigen: Primär treppige Verkehrsmittel sind solche, in denen man sich korrekt-stimmig treppig FÜR JEDEN NEUEINSTEIGENDEN (zumindest jeden, der zum Oberdeck weitergeht) SICHTBAR positionieren kann - hierzu sind Treppen IM Verkehrsmittel erforderlich. Sekundär treppige Verkehrsmittel sind solche, die zwar nicht primär treppig im o.a. Sinn sind, aber vor dem Einsteigen eine treppige Positionierung AUF DEM ZUGANGSWEG ZUM BAHNSTEIG über möglichst lange Treppen erlauben.
Natürlich sollte man bei der Wahl des Fahrwegs in größeren U- und S-Bahnnetzen auch darauf achten, dass man möglichst oft Treppen hinaufsteigt und nicht womöglich hinab, da beim Hinaufsteigen eine deutlich bessere Sicht für nachfolgende Personen auf die Fußsohlen gegeben ist.
Vollkommen richtig!
Eingehend auf Deine Vorschläge schlage ich daher folgende Holzkirchner/Berliner Definition von echter Treppigkeit, unechter Treppigkeit, echter Untreppigkeit und integraler unechter Treppigkeit vor:
§1: Ein Verkehrsmittel, das im inneren Treppen enthält und so die ästhetisch korrekt-stimmige Positionierung erlaubt, ist primär treppig und automatisch echt treppig. Die Benutzung solcher Verkehrsmittel ist zu bevorzugen.
§2: Ein Verkehrsmittel, das im Inneren keine Treppen enthält, ist primär untreppig und kann gleichzeitig unecht treppig oder echt untreppig sein. Näheres regeln §§3-5.
§3: Ein primär untreppiges Verkehrsmittel, das über viele AUFWÄRTS-Stufen erreicht wird, ist zumindest sekundär treppig und somit insgesamt unecht treppig. Die Benutzung solcher Verkehrsmittel ist aus ästhetischen Gründen auch möglich!
§4: Ein primär untreppiges Verkehrsmittel, das über viele ABWÄRTS-Stufen erreicht wird, ist auch sekundär untreppig und somit insgesamt echt untreppig. Die Benutzung solcher Verkehrsmittel ist möglichst zu vermeiden!
§5: Ein primär untreppiges Verkehrsmittel, das auf gleicher Höhe liegt, wie das vorher benutzte (gleicher Bahnsteig oder über Ab- und Aufwärts-Treppen) erbt die sekundäre Treppigkeitseigenschaft des zuvor benutzten Verkehrsmittels und wird demgemäß unecht treppig oder echt untreppig. Hierbei ist eine ggf. vorliegende primäre Treppigkeit dominant über die sekundäre Treppigkeit, so dass das nachfolgende Verkehrsmittel dann stets sekundär treppig wird, d.h. echt treppig => unecht treppig
Wenn du also wiedermal nach Berlin kommst, solltest du unbedingt darauf achten, dass du den Hauptbahnhof im Tunnel erreichst, damit du reichlich Treppen nach oben steigen kannst.
Das ist bei Ankunft aus München glücklicherweise immer der Fall!
Mit der S-Bahn fährst du dann am besten bis Warschauer Straße, weil sie nur dort unterhalb des Straßenniveaus liegt, so dass auch dort wieder Treppen nach oben, auch zur U1, führen. Falls du z. B. zur U2 möchtest empfehle ich mit der S-Bahn auf der Stadtbahnstrecke bis Ostkreuz zu fahren, dort nach oben zur Ringbahn umzusteigen und mit dieser bis Schönhauser Allee zu fahren, dem einzigen Umsteigebahnhof, wo die S-Bahn zwei Etagen unter der U-Bahn liegt.
Aber was ist nun mit der Rückfahrt? Auf die Schnelle fällt mir da nur folgende Lösung ein: Mit der U2 bis Zoologischer Garten (oder alternativ mit der U1 bis Kurfürstendamm) und dann weiter mit der Stadtbahn (unecht treppig gemäß §3) bis Spandau und von dort dann mit dem ICE (unecht treppig gemäß §5) nach München und zum Schluß mit der BOB (echt treppig gemäß §1) nach Holzkirchen.
Aber wie komme ich an den unterirdischen Stationen mit gutem Ästhetik-Gewissen in die U1 oder U2? Hier lässt sich eine echt untreppige Fahrt dann kaum vermeiden! Zur Lösung dieses Problems schlage ich in solchen Fällen vor, dass eine teilweise echte Untreppigkeit tolerabel ist, sofern sich auf der Fahrt insgesamt eine integrale unechte Treppigkeit ergibt:
§6: Mit jeder Etage treppauf wird die integrale Treppigkeit ausgehend vom Anfangswert 0 zu Beginn der Fahrt um 1 inkrementiert und mit jeder Etage treppab um 1 dekrementiert. Echt untreppige Teilstrecken sind tolerabel, sofern sich insgesamt eine positive integrale Treppigkeit ergibt, so dass die gesamte Fahrt integral unecht treppig wird.
Das Tarifsystem nimmt allerdings leider keine Rücksicht auf solch vorbildliches Verhalten, da Einzelfahrscheine nicht für Rundfahrten benutzt werden dürfen.
Daher:
§7: In Sonderfällen ist das Fahren von Ablaß-Runden mit positivem Beitrag zur integralen Treppigkeit erforderlich bzw. ohnehin ratsam zur Verbesserung der integralen unechten Treppigkeit. (Mit Rücksicht auf die üblichen der Ästhetik entgegenstehenden Tarif-Bestimmungen für Einzelkarten wird die Benutzung von Tageskarten empfohlen.)
Solche Ablaß-Runden sind z.B.:
Berlin: Gesundbrunnen - Friederichstr. - Ostkreuz - Gesundbrunnen
München: Neuperlach Süd - Odeonsplatz - Marienplatz - Neuperlach Süd
Hamburg: Altona - Landungsbrücken - Sternschanze - Altona
Das Paradies für den um optimale und stimmige Verkehrsmittel-Ästhetik bemühten Barfüßer in Deutschland ist aber Berlin mit seinen vielen langtreppigen Bussen! Hier lässt sich die absolut perfekt stimmige Barfuß-Positionierung in vollkommener Ästhetik erreichen, indem man sich seitlich auf den Gangplatz oben an der vorderen Treppe setzt und die nackten Füße noch lässig so in den Treppenraum schiebt, das jeder beim Heraufkommen, den absoluten Superblick von unten auf die Fußsohlen genießen kann!
Das Problem dabei ist allerdings, dass dieser optimale Sitzplatz frei sein muss und außerdem, dass die Fahrgäste auch nach oben gehen, was leider nicht immer der Fall ist. Die meisten Fahrgäste, die nur kurze Strecken zurücklegen wollen, meiden die Treppen, wodurch das Oberdeck oft nicht so gut genutzt wird, wie das Unterdeck.
Da muß ich Dir leider recht geben! Es ist daher ratsam, möglichst schon an der Endstation einzusteigen, um diesen optimalen Platz auch zu bekommen und außerdem solche Linien zu bevorzugen, auf denen das Oberdeck erfahrungsgemäß besonders gut besucht ist, wie z.B. die Linien 100 und 200 in Berlin. (Aber oh Schreck! Ausgerechnet auf der Linie 200 kommen jetzt neuerdings sogar in Berlin untreppige Busse zum Einsatz!)
In diesem Zusammenhang muss ich aber darauf bestehen, dass du deinen Irrtum bezüglich der Ablehnung von U- und S-Bahnen noch einmal überprüfst. Sicher sind auch im Münchner Schnellbahnnetz genügend Treppenanlagen vorhanden, so dass man diese Verkehrsmittel als gewissenhafter Barfüßer benutzen kann.
Ich will ja auch nicht päpstlicher sein als der Papst und habe daher Deine Anregung mit der sekundären Treppigkeit gerne aufgegriffen, zumal sie mir in der Tat das Leben in München sehr stark erleichtert: Z.B. beim Besuch der Olympiaschwimmhalle wird mir ein Fußmarsch von über 10km für Hin- und Rückweg zusammen erspart:
Außer mit der BOB (nach §1 echt treppig) bis Donnersbergerbrücke und weiter mit der S6 (Umstieg am gleichen Bahnsteig: nach §5 unecht treppig) bis Neuperlach Süd kann ich nun ab Holzkirchen mit dem Zug bis Kreuzstr. fahren (wegen einiger höherer Sitze gemäß §1 sogar echt treppig!). dann mit der S6 (ebenerdiger Umstieg: nach §5 unecht treppig) bis Neuperlach Süd. Dann geht es weiter mit der U5 (Umstieg am gleichen Bahnsteig: nach §5 unecht treppig) bis zum Odeonsplatz. Dort geht es nun viele Stufen hinauf zur somit unecht treppigen U3 und damit weiter zum Olympiazentrum.
Da die U3 am Olympiazentrum eine Etage unter der Oberfläche fährt, beginnt der Rückweg aber leider mit einer echt untreppigen Teilstrecke. Diese Eigenschaft überträgt sich dann gemäß §5 leider auch beim Umstieg am Scheidplatz in die U2 (am gleichen Bahnsteig). Glücklicherweise liegt aber die U2 am Hbf. 2 Etagen unter der S-Bahn und sogar 3 Etagen unter der BOB, so dass sich insgesamt eine deutlich positive integrale unechte Treppigkeit ergibt. Bei Umstieg in die S5 nach Holzkirchen lässt sich durch den kleinen Umweg Hbf - Sendlinger Tor - Marienplatz die integrale Treppigkeit sogar noch weiter optimieren.
Mit ebenso ästhetisch-missionarischen wie dankbaren Grüßen zurück - und in der Hoffnung dass sich unsere hier vorgestellte Holzkirchner/Berliner Treppigkeitsdefinition ästhetisch akzeptabler Verkehrsmittel genau so durchsetzt wie die Ratinger Barfüssigkeitsdefintion
Leo