Das größte Paradoxon an der Sache... (Hobby? Barfuß! 2)

Descalzar, Stammposter, Saturday, 07.07.2007, 00:19 (vor 6286 Tagen) @ Markus U.

Hi Descalzar!

Grad läuft auf ARTE die Serie "High sein, frei sein, überall dabei sein"
Es geht in dieser Serie um die damaligen Hippieziele und was aus ihnen geworden ist. Zum Thema wurden Ibiza und Formentera,Marrakesch,Kabul und Goa gemacht. Außerdem wurden Menschen portraitiert, die seinerzeit die Hippietrails bereist haben und am Zielort geblieben sind.

In Kabul dürfte von denen keiner mehr übriggeblieben sein. Auch in Marrakesch stelle ich mir das Leben für Europäer angesichts der dort herrschenden islamischen Kultur eher schwierig vor. Ibiza und Formentera sind vom Tourismus schon bis zu Gehtnichtmehr ausgeschlachtet worden (dorthin zieht es mich gar nicht), und über Goa weiß ich sehr wenig. Allerdings schent Indien seit jeher ein sehr barfußfreundliches Land zu sein, in dem auch ein großer Teil der Bevölkerung bis heute barfuß geht. Zudem hat Indien seit vielen Jahrhunderten Erfahrung mit "Aussteigern" (Asketen, Yogis und so) und kommt daher wohl auch für Hippies und esoterisch angehauchte Menschen einladend rüber.

Nach Kabul würde mich auch nichts mehr ziehen. Im Beitarg kam aber ganz gut rüber, daß es bis Anfang der 70er eine traumhafte Stadt gewesenm sein muß. Leider hat der Krieg alles zerstört, aber inzwischen zieht es wieder die ersten Touristen nach Kabul. Leider haben die Fundamentalisten die Überhand gewonnen. In den frühen 70ern scheint Afghanistan noch ein ziemlich liberales Land gewesen zu sein.
Mit der Mentalität der Inder könnte ich mich schon arrangieren.
Ein muslemisches Land wäre auch nix für mich.

Oft hab ich mit Arbeitskollegen darüber diskutiert, wo man in ca 20 Jahren hin soll und wo die spärliche Rente dann ein lebenswertes Leben ermöglicht. Ich sagte immer, wenn ich alt bin, gehe ich nach Indien. Dort sind die Lebenshaltungskosten "noch" niedrig und es fällt keine "weiße Sch..." ;-)

Ob das für ein erfülltes Leben reicht? Immerhin ist Indien kulturell ein ganz anderer Kontext als Europa, und die indischen Sprachen sollen auch ziemlich schwierig zu erlernen sein. In Deutschland fällt zwar im Winter manchmal "weiße Scheiße", aber die Temperaturen sind eigentlich das ganze Jahr über recht barfußtauglich, sofern man nicht gerade im Fichtelgebirge wohnt.

Für mich uist mein Leben erfüllt, wenn es einigermaßen warm ist, ich in Ruhe leben kann und nicht Streß und Hektik aufkommt. Ich ergötze mich weder an großen Reichtum oder einen tollen Job, der eventuell meinen sozialen Status hebt oder mehr Geld in die Kasse spült.
Man kann schon sagen, daß Deutschland von den Temperaturen her ziemlich barfußfreundlich ist. Es ist kaum zu heiß oder zu kalt zum Barfußlaufen.

Vielleicht schwang aber in dem "Nein, du bist gewiß kein Deutscher!" auch die allgemeine Wahrnehmung vieler Deutscher als Spießer mit. Laufen Spießer barfuß? Wohl nur auf Befehl, wenn in der orthopädischen Klinik ihre Pranken zwecks Begutachtung zu entpacken sind. Oder weil man eben in Kneipp-Wassertretanlagen BF zu laufen hat. Weiß der Teufel, wie sie Lorenz' BF-Parks interpretieren. Wahrscheinlich völlig falsch & ganz anders als das, was sich Lorenz gedacht hat, wie ich inzwischen weiß.

Lorenz Enmgagement in Ehren, aber meine Gedanken gingen vorher schon in die Richtung: Barfußpark= auf Befehl barfuß laufen und danach sofort wieder die Schuhe anziehen. Viele werden diesen Park wohl wie eine Art Animationsveranstaltung erleben. "Was die anderen machen, machen wir mit", so wahrscheinlich der Gedanke vieler.
So mancher braucht eben einen Vorturner.

Das mag zwar sein, aber ich habe meine vormals sehr kritische Meinung zu Lorenzens Engagement für Barfußparks und so geändert. Ich brauche zwar FÜR MICH keinen Barfußpark, weil ich in meinem Alltage barfuß laufe, aber ich bin inzwischen davon überzeugt, daß Lorenz durch seinen unermüdlichen Einsatz sehr viel für die allgemeine Akzeptanz des Barfußlaufens in der Öffentlichkeit bewirken kann.
Und vielleicht ist sogar sein betont konventionelles Auftreten diesbezüglich von Nutzen: Barfußlaufen ist eben nicht nur etwas für "langhaarige Hippies", wobei ich mich selbst trotz langer Haare nicht unter die Hippies rechne (erstens ist die Zeit der "echten Hippies" seit Jahrzehnten vorbei; zweitens liefen die keineswegs immer barfuß, und drittens habe ich mit Drogen nix am Hut).

Och stelle Lorenz' engagement auch nicht in Frage und bewundere es, wenn jemand unermütlich für seine Sache einsteht. Für mich wäre es nur ein Grauen, einem Vorturner hinterherzulaufen. Aber jeder, wie er mag.
Der Begriff Hippie ist in meinen Augen ein dehnbarer Begriff. Die Originalhippies sterben langsam aus und was danach kommt sieht in ihnen gegebenenfalls ein Orientierungspunkt. Jeder muß dann eben für sich erforschen, was ihm guttut oder wie er leben möchte. Das dabei so manche dann eventuell ein Hippie-Image bekommen, bleibt nicht aus. Mehr dazu in meinem Beitrag: 500 m in einer Stunde

Gruß und Fuß,

Descalzar


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