Barfuß & "schöne" Chemie (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Wednesday, 02.05.2007, 09:56 (vor 6352 Tagen) @ Jay

Auf der anderen Seite ist mir aber nicht klar, wer eigentlich Michael aus Zofingen im Chemielabor Sicherheitsschuhe vorschreiben will & weshalb. Gewiß, Gefäße können 'runterfallen & die Splitter werden per nassem Lappen & Staubsauger nicht notwendigerweise vollständig entfernt, auch wird man situativ in den seltensten Fällen seine Arbeit unterbrechen können, um auch die feinsten Mikrosplitter zu beseitigen. Weshalb es aber nicht Flipflops oder andere Minimalschuhe "tun", bleibt mysteriös. Das Geschehen in Chemielabors spielt sich meist auf keramikgekachelten Tischen in Brust- & Augenhöhe ab, "zerreißt" es irgendwas, sind vor allem die Augen gefährdet & der V-förmige Brustausschnitt des weißen Labormantels, der die übrige Kleidung schützen soll, läßt konzentrierten Säure- & Laugenspritzern freie Bahn, Hemd & ggf. Krawatte sind sofort penetriert.

Hallo Jay,

zwischen all dem "Latein" habe ich doch auch etwas aus meinem Fachgebiet gefunden!

Chemielabor ist nicht Chemielabor! man muß schon unterscheiden zwischen Universitäts- und Forschungslabors, wo in der Tat eher mit kleinen Dingen gearbeitet wird, und zwischen einem Syntheselabor, in dem ich arbeite (bzw. arbeiten lasse). Im Syntheselabor wird schon mit größeren Dingen gearbeitet, außerdem werden manchmal auch schwerere Dinge wie Gasflaschen, Fässer und Kältemaschinen durchs Labor gerollt.

Daher schreibt die Firma den Labormitarbeitenden zwar keine Sicherheitsschuhe, jedoch geschlossene Schuhe vor, weiterhin sind kurze Hosen verboten. Bei der Laborarbeit muß man auch den weißen Labormantel tragen, den man aber am Schreibplatz ablegen darf. Und natürlich darf die Schutzbrille nicht fehlen (bei dauernder Laborarbeit müssen auch Brillenträger eine Schutzbrille tragen, ansonsten reicht die "normale" Brille. Kontaktlinsen sind auch unter der Schutzbrille verboten.

Die Fabrikationsmitarbeiter müssen einen Blaumann tragen und Sicherheitsschuhe. Wenn ich in mein Büro will, muß ich erst durch mein Labor gehen. Außerdem kommt es vor, daß ich mal schnell in den Betrieb säckeln muß (da muß ich als "Zuschauer" nicht extra Sicherheitsschuhe tragen, aber geschlossene Schuhe).

Bei Explosionen findet in der Tat das meiste in Augenhöhe statt, aber die teilweise mit Giften behafteten Splitter fallen auf den gesprenkelten Fußboden, wo man sie nicht leicht erkennt. Außerdem platzen manchmal Schläuche, und dann rinnt die Brühe bevorzugt über die Beine und Füße.

Das Tragen einer Krawatte ist nicht zwingend vorgeschrieben, solange nicht gerade Kunden da sind (und die kommen manchmal völlig unvorbereitet). Ich besitze auch keine Sekretärin, die den Kunden solange zurückhält, bis man die Krawatte umgebunden hat. Mich persönlich stört das Tragen einer Krawatte übrigens weniger als das Tragen von Schuhen, langen Hosen und vor allem Mützen. Bei mir gilt vielleicht der Spruch: "Wenn die Krawatte erstmal fällt, fällt der Rest auch schnell!" Aber nicht der gesamte Rest, das wäre eine Ordnungswidrigkeit (und Andi würde sich ärgern).

Wenn es keinerlei Bekleidungsvorschrift fürs Labor gäbe, dann würde ich in einem Labor dieser Art höchstens dann barfuß arbeiten, wenn es nur von mir benutzt wird. Wenn andere Leute darin fuhrwerken, wäre mir die Gefahr zu groß, mich an den Scherben anderer zu verletzen. Für eigene Scherben hätte ich die notwendigen Dinge griffbereit. Flipflops wären mir nur dann sicher genug, wenn nicht andere GLEICHZEITIG im Labor arbeiten.

Das Tragen von langen Hosen dagegen halte ich weniger wichtig. An der Uni trug ich auch im Sommer im Labor kurze Hosen und Sandalen (aber mit Socken, ähhhhhh). Niemand sagte mir damals etwas. Im Unilabor würde ich auch heute nicht barfuß laufen, höchstens dann, wenn ALLE Studenten dort barfuß arbeiten sollten und daher besser aufpassen als fett beschuhte Studenten.

Trotzdem sehne ich mich nicht nach der Uni Oldenburg zurück.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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