So normal ist Barfußlaufen ! (Hobby? Barfuß! 2)
Hallo Lotsi, hallo Forum,
ich finde auch bei angestrengtem Überlegen keine meiner Gewohnheiten oder Tätigkeiten, bei der ich nicht ein- oder mehrmals mehr oder weniger heftig angeeckt oder schlecht angekommen wäre bzw. mich in einer zugehörigen Situation ausgesprochen unwohl gefühlt hätte.
Dass dies für mein und Euer Barfußlaufen auch gilt, beweist insofern zunächst einmal nicht mehr der weniger, als dass Barfußlaufen eine ganz normale Angelegenheit ist, bei der man ebenso gute wie schlechte Erfahrungen machen kann.
Im Nachhinein schlechter Erfahrungen - ich neige dazu, diese gründlicher zu analysieren zu versuchen als die guten - finde ich oft (leider nicht immer) Erklärungsansätze, und häufig genug war schlicht eine Fehleinschätzunmg der Gesamtsituation die Ursache, vielleicht noch kombiniert mit zwischenmenschlich - athmosphärischen Störungen, an deren Zustandekommen man selbst sich reichlich unschuldig fühlt.
Und genau diesen Zusammenhang lese ich auch aus Lotsis Schilderung heraus :
Naja, und wirklich Ärger gab`s, als wir zu einer Gartenparty bei seinen Bekannten mussten. Alles Leute, die mich nicht kannten. [...] Es war ein warmer Sommerabend, ich machte mich extra ganz fein (ahnte nämlich Schlimmes) - auch die Füße: mit Fußkette sogar! [...] Das Fest war nämlich dermaßen fad - lauter spießige fast-Juristen und ähnliches Volk, alles im edlen Zwirn, die Damen hochhackig im Cocktailkleid, alle super langweilig und ätzend. Und weil alles so langweilig war (wie das bei so Cocktail-Parties offenbar immer sein muss), drehte sich halt das meiste tatsächlich um meine nackten Füße: gesprächstchnisch und optisch. Ich bin selten so doof angeglotzt (und angeredet) worden und mir auch fast noch nie barfuß so nackt und bloß vorgekommen. Fast ausgeliefert.
Neulich habe ich gelesen - nicht unbedingt neu -, dass Schuhe (nicht nur) in Mitteleuropa zur Standardbekleidung gehören. Insofern kann man logischerweise auch diesbezüglich sowohl "underdressed" als auch "overdressed" erscheinen (an beides habe ich - ganz ohne Beteiligung meiner Füße - auch einige schlechte Erinnerungen).
Während overdresste Fußbekleidungen kaum zu existieren scheinen, ist "underdressed" in den Augen mancher Zeitgenossen wohl ein ziemlich interessantes Thema - und erst recht, wenn underdressed konkret barfuß ist.
Also bleiben im Alltag nur folgende Alternativen :
- ständige Anpassung an fremde Maßstäbe (eine uns unsympathische Alternative);
- das Meiden solcher Personengruppen bzw. Situationen (schon eher praktikabel, weil diese Art Typen einem ja im Allgemeinen ohnehin eher unsympathisch ist ... Lotsi hätte sich auf der Cocktailparty mit ziemlicher Sicherheit auch ohne Gesprächsthema zu sein unwohl gefühlt);
- ein ausreichend dickes Fell, kombiniert mit einigen guten Argumenten pro Barfußgehen und contra Dummschwätzigkeit und Vorurteile.
Für welche Alternative man sich entscheidet, muss sicher vom eigenen Charakter, den konkreten Lebenszusammenhängen des Einzelnen, auch von Jahreszeit, Geschlecht, Region ... abhängig sein - so dass es eine allgemeingültige Antwort à la "So macht man es richtig" nicht geben kann und wird.
Ich selbst halte es pragmatisch : da ich nicht provozieren will, gehe ich zu bestimmten Anlässen ohnehin beschuht, schließe bei Bedarf auch Kompromisse (ziehe also auch mal Schuhe an, nur weil meine Frau oder unsere Kinder das von mir wünschen) oder nehme, wenn ich mir der Situation nicht sicher bin, in Auto oder Rucksack vorsichtshalber mal Schuhe mit ... um so besser, wenn diese Vorsicht überflüssig war (und das war sie dann nahezu immer).
Die Variante dickes Fell nehme ich allerdings auch immer häufiger in Anspruch (und habe subjektiv dabei den Eindruck, immer seltener "angemacht" zu werden).
Schließlich fällt auch die Frage :
Aber ein gequältes "Muss das sein?!" presste er gerne heraus
allerspätestens nach dem fünften klaren "Ja !!!" auf denjenigen zurück, der sie stellt ...
Was die angeschnittene Partnerschaftsproblematik anbelangt, komme ich ebenfalls auf die Normalität des Barfußlaufens zurück :
ich behaupte, dass niemand von uns "den absolut idealen Partner / die absolut ideale Partnerin" hat, mit dem es keinerlei Auffassungsunterschiede gibt (wäre vermutlich auf Dauer ohnehin ziemlich langweilig).
Jede Partnerschaft ist in einigen oder sogar vielen Bereichen auf Kompromisse angewiesen, und ihr Gelingen ist entscheidend von der Komprissfähigkeit der Beteiligten abhängig (der ideale Partner ist insofern in erster Linie kompromissbereit).
Das gilt auch für die barfüßige Leidenschaft, und wenn es diesbezüglich nicht nur keine Übereinstimmung gibt, sondern es außerdem auch an Kompromissbereitschaft des / der anderen fehlt, dann stellt das die Beziehung auf eine Belastungsprobe - so wie es in anderen Fragen, die für einen von beiden wichtig sind, auch wäre.
(Vielleicht helfen ja gelegentliche Tarifverhandlungen à la : ich akzeptiere Dein Rauchen, obwohl es mir lieber anders wäre - und Du mein Barfußgehen in der Öffentlichkeit ... (ein besseres Beispiel fiel mir gerade nicht ein)).
Was bei aller so verstandenen "Normalität" der Barfußfragen noch offen bleibt, ist die Frage, warum nackte Füße für manchen sooo interessant sind, wie es auch aus Lotsis Bericht hervorgeht.
Im "Best of" gibt es dazu eine Vielzahl von Erklärungsansätzen - falls ich mal Zeit dazu finde, stelle ich sie als Katalog zusammen.
Herzliche Füße an alle, speziell Lotsi
sendet Georg