Von Barfüßern, Spießern und barfüßigen Spießern... (Hobby? Barfuß! 2)

Jörg (Hanna), Tuesday, 09.01.2001, 14:23 (vor 8722 Tagen) @ Lotsi

Hallo Lotsi, Bernd und alle anderen,

jetzt bin ich aber doch etwas geschockt. Da schreiben wir hier jahrelang, daß Barfußlaufen in der Öffentlichkeit eigentlich eher positiv wahrgenommen wird und nackte Füße oft gar nicht auffallen, und jetzt auf einmal solche Aussagen! Ja um Himmelswillen, wie schafft ihr nur diese Aufmerksamkeit? Aber im Ernst, ich kann den Nervfaktor durchaus nachvollziehen, wenn auch auf anderer Ebene. Ich habe einen weitgehend unbekannten Studiengang hinter mir und verkaufe Meßgeräte, von denen nur sehr wenige Leute wissen, was man damit anfangen kann. Daher muß bei privaten Bekanntschaften auch ständig Fragen beantworten wie "Wo, Wie, Was kann man denn mit dem Studium denn anfangen?", "Wo, Wie, Was sind denn das für Geräte/werden sie gebraucht/funktioniert denn das?". Dann folgen immer minutenlange Monologe. Diese Fragen nerven, wenn man sie ständig beantworten muß. Wie schön ist das dann doch, wenn mich jemand fragt, warum ich barfuß laufe, daß läßt sich wenigstens in einem Satz beantworten.

Solche Fragen (egal ob nach meinem Job oder nach meinen nackten Füßen) sind doch in der Regel bestenfalls Neugierde (bei der Frage nach Studium/Job sogar oft nur Anstand, oft interessiert meine Antwort gar nicht, was dann noch schlimmer ist, weil ich mir umsonst den Mund fusselig rede).
Aber, liebe Lotsi, deswegen sind die Fragesteller doch nicht gleich alle spießig (s.u.). Ich persönlich empfinde die Glotzerei (wenn denn bei mir wirklich mal jemand glotzt, wahrscheinlich bin ich nicht hübsch genug ;-) wesentlich nerviger, als die Fragerei. Wir müssen uns halt damit abfinden, daß viele Leute nicht nachvollziehen können, warum wir barfuß laufen. Da ist es doch natürlich, danach zu fragen, um den Wissensnotstand zu beheben. Also, locker und selbstbewußt bleiben, auch wenn die Fragen zum hunderstenmal die selben sind - sie kommen ja von Personen, die sie zum ersten Mal stellen. Ich habe da allerdings auch gutes Training, weil ich auch die Hotline für die Produkte (u.a. auch Software) mache, die ich verkaufe, da kommen auch jeden Tag die gleichen Fragen. Schaut euch Lorenz an, der hat den Bogen raus (macht jedenfalls auf mich so den Eindruck).

Und noch etwas zu Dir, Lotsi. Es sei der Radikalität Deines jugendlichen Alters wegen entschuldigt, aber mir geht das Adjektiv "spießig" bei Dir etwas zu schnell über die Lippen bzw. die Tastatur. Deine Juristen sind spießig (warum gehst Du dann auf die Party - da hättest Du Dich doch auch beschuht gelangweilt), "Sparkassentanten" sind spießig (womit Du pauschal auch gleich meine Freundin (nicht Sparkasse, aber Bankerin), meinen Bruder (Sparkassenbanker!) und unseren Forums-Lothar (!) beleidigst) und überhaupt sind bestimmte Erscheinungsbilder und Berufe bei Dir typisch spießig. Wie kommst Du darauf? Würde ich Dir mittags zwischen zwei Kundenbesuchen beschuht im Anzug in Regensburg begegnen, würdest Du mich für spießig halten, begnete ich Dir spätnachmittags nach dem zweiten Besuch in barfüßiger Freizeitbekleidung, fändest Du mich (hoffentlich ;-) symphatisch. Die Einteilung in spießig oder nicht eine Frage der Uhrzeit? Wäre ich - so Du mich barfuß kennenlernen würdest - in Deiner Gunst nur so lange "unspießig", bis ich Dir meinen Beruf verraten würde? Das kann's ja wohl nicht sein. Damit wären wir bei dem Satz von Bernd, der uns beiden so gut gefällt: "Kleider machen Leute, aber keine Menschen".

Aber damit wir uns nicht falsch verstehen: Im großen und ganzen finde ich Deine Postings nett, interessant und eigentlich auch differenziert genug. Daher wirst Du mein bißchen Kritik auch sicher verkraften.

Liebe Grüße und Serfuß,
Jörg

PS: Die arme Lotsi steht hier natürlich nur pars pro toto am Pranger, es dürfen sich durchaus noch einige andere angesprochen fühlen...


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