Ich meine : es gibt dringendere Bedürfnisse als Schuhe (Hobby? Barfuß! 2)
Hallo Lotsi,
ich bin - bei vieler Übereinstimmung - nicht ganz Deiner Meinung.
SchnaXeL hat gerade ganz richtig darauf hingewiesen, dass unsere Wahlfreiheit, trotz einer möglicherweise zweistelligen Zahl von Paaren Schuhe im Schrank auf deren Tragen häufigst zu verzichten, durchaus eine Form von Luxus darstellt. Du sprichst diesen sachverhalt ja auch an.
Aber auch dort haben die Leute ein Recht auf Schuhe, und wollen selbstverständlich auch welche. Es ist etwas überheblich zu glauben, nur weils da warm ist bräuchten, ja wollten die Menschen keine Schuhe.
Mag sein. Aber dafür muss in der Regel (die wie jede Regel bestimmt ein paar Ausnahmen haben muss) niemand in Europa - keine staatliche Stelle, kein Privatmann - Geld zur Verfügung stellen - also auch nicht der Dummschwätzer, der Dir oder mir Geld für Schuhe anbietet bzw. anbieten würde.
(Nicht zu vergessen, dass in Europa bis ins 20. Jahrhundert Barfußlaufen vor allem eine Folge von Armut gewesen ist, nicht etwa von "Natürlichkeit").
Es war eine Folge mir durchaus sinnvoll vorkommender Bewertungsmaßstäbe. Wenn Geld sehr knapp ist und das Existenzminimum kaum überschritten oder nicht einmal erreicht wird, sind Schuhe (deren Preis im Vergleich aber auch deutlich höher war als heute) eben kein vordringliches Problem.
(Ich will das keineswegs glorifizieren; ich bin selbstverständlich sehr froh, vor solche Entscheidungen nicht gestellt zu sein.)
Ich denke besonders an Lateinamerika und an Osteuropa. Die Straßenkinder von Rumänien haben Schuhe bitter nötig, es macht ihnen keinen Spaß, barfuß durch Bukarest zu laufen, was sehr viele müssen.
Das bezweifele ich nicht im geringsten. Aber sind für diese Kinder Schuhe tatsächlich wichtiger als ein Dach über dem Kopf, als gesundheitliche Vorsorge, als genug zu essen und als eine Ausbildung ?
Im Pressespiegel hatten wir einmal eine Meldung, dass der Berliner Blödelbarde Ingo Insterburg in seiner Kindheit bis November barfuß zur Schule ging, weil seine Mutter das knappe Geld lieber für seinen Musikunterricht als für Schuhe ausgab.
Wenn die finanziellen Ressourchen so knapp sind, dass man klare Präferenzen setzen muss, haben Schuhe - davon bleibe ich allerdings überzeugt - keinen Vorrang (es hängt allerdings von der Region der Erde ab, die man betrachtet - konkret v. a. von deren Durchschnitts- und insbesondere Wintertemperaturen).
Unsere Vorfahren sahen das offenbar auch so, die Menschen in den Entwicklungsländern betreffend kann ich nur Vermutungen anstellen.
Also: Wir dürfen unsere Freude am Barfußlaufen nicht auf andere übertragen!
Das will ich auch nicht, kann mir freilich vorstellen, dass sich auch dieser Text ein wenig danach liest. Zugegebenermaßen kann ich mir auch viel leichter vorstellen, rund ums Jahr barfuß zu sein, als rund ums Jahr obdachlos, hungrig und an massiven Mangelerscheinungen erkrankt.
Serfuß
Georg
PS : Barfußlaufen ist und bleibt doch die von der Natur vorgesehene Fortbewegungsart des Menschen ...