Von Frau zu Frau: Fragen an Julia (Hobby? Barfuß! 2)
Hi Sandra,
ich habe die Erfahrung gemacht, dass ein Partner es entweder ok findet oder peinlich, dass ich barfuß bin. Der Vater meiner Tochter fand es peinlich, es war oft Anlass zu Wortwechseln. Das ist aber nur einer von vielen Gründen, weshalb ich mit ihm schon lange nicht mehr zusammen bin.
In der Schule und in der Uni hatte ich nur Freunde, denen es entweder egal war oder die es toll fanden. Dabei gibt es (sorry, Leute) glaube ich immer auch eine erotische Komponente, ohne dass es gleich Fetischismus sein muss, den ich hasse, weil er oft extrem aufdringlich daherkommt und sich meist in bizarren Ritualen ausleben will. Ich glaube, dass mein derzeitiger Freund - er ist 13 Jahre älter als ich, wir sind offiziell verlobt, leben aber nicht zusammen - mich auch wegen meines Barfußgehens attraktiv findet. Es steht nicht im Vordergrund, spielt aber eine Rolle. Vielleicht, weil eine Frau, die immer barfuß ist, eine gewisse Ungebundenheit und Stärke symbolisiert (das ist es jedenfalls, was er immer an mir besonders lobt), und es daher für einen Mann ein besonderer Erfolg ist, so eine Frau "seine" zu nennen. Ich weiß nicht. Ich gebe hier nur wieder, was ich so alles in meinem Leben zu hören bekommen habe. Ich selbst fühle mich jedenfalls nicht stärker oder sonstwie überlegen.
Mein Verlobter nimmt mich mit großer Nonchalance und auch mit Charme, wie ich bin, und zwar immer und überall. Obwohl wir uns viel in "Kreisen der Gesellschaft", wie man wohl sagt, bewegen, wo man sehr formell miteinander umgeht, und obwohl die meisten seiner Freunde in seinem Alter oder älter sind und bis auf eine Frau, und die nur sehr selten bei Gartenpartys, niemand barfuß geht, ist ihm nichts an mir peinlich. Es gibt von diesen (meist übrigens konservativen) Leuten auch nur wenige, und wenn, freundlich-interessierte Bemerkungen, selbst auf hochoffiziellen Terminen. Ich glaube, diese Toleranz ist auch eine Frage des Stils. Nur Leute, die selbstunsicher und mit sich selbst nicht im Reinen sind, denken, sie müssten alles unter Kontrolle haben und auf "normales" Niveau bringen: etwa die Beschuhung ihres Partners. Diese Erkenntnis hilft und fördert auch Dein eigenes Selbstbewusstsein bei etwas unliebsameren Reaktionen der Umwelt. Wenn das Thema Deine Beziehung ständig belastet, gibt es wohl nur zwei Wege, dies zu beenden: Schuhe anziehen oder Freund ablegen. Denn von ihm zu erwarten, dass er den Mund hält, wäre auch nicht ganz fair.
Meine Freunde kennen mich sowieso seit langer Zeit nur barfuß, da ist das also kein Thema mehr.
Ich habe also keine Probleme, allerdings bin ich, glaube ich, insgesamt ein wenig auffällig, einerseits durch meine Größe (1,84 m), durch ein paar in Maßen gepflegte Laster (wie Zigarillorauchen), eine ziemlich extrovertierte und direkte Art. Ich stehe meist im Mittelpunkt, ohne das unbedingt zu wollen. Dass ich das ohne Schuhe mache, rundet das Bild wohl nur ab.
Andererseits aber bemühe ich mich, "comme il faut" zu sein, und habe auch Lust daran: Also den Konventionen, soweit es mein Stil erlaubt, zu entsprechen und allenfalls originelle Details zu verändern. Ich lege größten Wert nicht nur auf Fußpflege, sondern überhaupt auf Pflege und Mode. Das macht mir großen Spaß, und es macht vieles leichter (übrigens nicht nur, wenn man barfuß ist).
Zu Deinen Pflege-Fragen: Ich kann nur sagen, eincremen, eincremen, eincremen. Die Haut und besonders die Hornhaut müssen geschmeidig sein, und wenn die Füße immer gut gecremt sind, bekommt man sie auch leichter sauber. Ich benutze mehrmals am Tag Nivea (ganz banal, es gibt erfahrungsgemäß nichts besseres), bei anhaltender Nässe und im Winter, vor allem, wenn Auftausalz gestreut ist, zusätzlich Vaseline. Die ist zwar fettig, macht die Haut aber wasserdicht, so dass sie nicht aufweicht und hinterher stärker austrocknet.
Mit meinem schwarzen Haar und meiner irisch hellen Haut benutze ich als Nagellack dunkle Farben, rotbraun, weinrot, rost, passend übrigens zum Lippenstift. Im Sommer trage ich auch gern ein starkes Signalrot. Mein Verlobter fand es neulich auch interessant, dass ich (zu schwarzem Lippenstift) mit einem modischen Blau-metallic experimentiert habe, passend zu meiner Augen- und Augenmakeup-Farbe. Ich fand den Lack zu blass, den Lippenstift dagegen zu düster.
Ich habe einige sehr hübsche Zehenringe, die ich in Marokko gekauft habe. Ich trage aber sowieso wenig Schmuck, so dass ich auch selten Fußschmuck trage. Ich warne übrigens vor Zehenringen im Winter: Bei einigen Grad unter Null ist mir bei einem kurzen Gang einmal fast ein Zeh abgefroren (jedenfalls bohrte sich die Kälte richtig schmerzhaft in ihn hinein), weil die Metallringe die Kälte des Bodens viel schneller in den Fuß leiten. Ohne Ring ist mir solches jedenfalls nie passiert. Besonderen Mut, sie hier bei uns zu tragen, brauchst Du aber wohl nicht. In Sandalen sieht man sie ja mittlerweile recht oft, also warum nicht ohne Sandalen?
See you
Julia