Jetzt kommen wir tief in die juristischen Feinheiten (Hobby? Barfuß! 2)

Dr. Oliver Schloz @, Wednesday, 08.09.1999, 19:07 (vor 9144 Tagen) @ Heiko

Hallo Heiko,

ich denke, dass der Vergleich Geschaeft oder Fabrik zur Mensa hinkt. Die Mensa ist Teil des Studentenwerks und damit sowas wie eine Anstalt öffentlichen Rechts oder so. Mir ist klar, dass aus Gründen der Hygiene da auch spezielle Regeln gelten duerfen, z.B. darf man wohl nicht mit Schuhen ins staedtische Hallenbad und ähnliches.
Die einzige Regel die ich aus der Mensa kenne und ich wünschte es würde noch konsequenter darauf geachtet ist, dass Speisen nicht zurückgestellt werden dürfen. Aber jetzt schweife ich gerade ab.
Inwieweit dürfen Behörden und ähnliche Institutionen Menschen wegen ihrem Äusseren/Kleidung zurückweisen?

Du hast zunächst einmal natürlich völlig recht, wenn du darauf hinweist, dass für Behörden und auch das Studentenwerk als Anstalt des öffentlichen Rechts strengere Regeln gelten als für x-beliebige Private. Aber auch hier muß man ganz klar trennen:

Zunächst ist da die konkrete Anweisung des Bediensteten vor Ort, die sich in etwa auf "Zieh dir Schuhe an oder verschwinde" zurückführen lässt. Unabhängig davon, ob das nun im konkreten Fall als privatrechtliche Ausübung des Hausrechtes oder als öffentlich-rechtlicher Verwaltungsakt zu werten ist, muß das zunächst mal befolgt werden, sonst Strafbarkeit wegen Hausfriedensbruch.

Das nächste ist die Frage, ob dieser Verwaltungsakt möglicherweise rechtswidrig ist oder ein öffentlich-rechtlicher Zugangs- und Benutzungsanspruch besteht, der gegebenfalls verletzt wäre. Das müsste man dann im Nachhinein - notfalls gerichtlich, wenn jemand wirklich soweit gehen will (die Chancen auf einen verständnisvollen barfüssigen Richter zu treffen sind indes nach meiner Einschätzung...ähm...gering)- geltend machen.

Zur Verdeutlichung: Sehr viele Tempo-30-Zonen in Innenstädten sind eklatant rechtswidrig, weil die Voraussetzungen der Strassenverkehrsordnung für deren Ausweisung einfach nicht vorliegen. Wenn du dort mit 50 geblitzt wirst, musst du trotzdem das Verwarnungsgeld bezahlen und kommst normalerweise vor Gericht mit dem Argument, dass das Verkehrsschild rechtswidrig war, nicht durch (auch wenn die Chancen, hier einen verständnisvolllen autofahrenden Richter zu finden, erheblich grösser sind). Gegen die Rechtswidrigkeit des Verkehrsschildes muss man vor der Verwaltungsbehörde bzw. vor den Verwaltungsgerichten vorgehen (für die Einsprüche gegen die Bußgeldbescheide sind dagegen die Amtsgerichte zuständig).

Jetzt reicht's aber wirklich dazu. Die Details dürften für die grosse Mehrzahl der Forumsteilnehmer nun wirklich uninteressant und eher nervig sein - ganz abgesehen davon, dass dafür auch ich mich tiefer in die Materie einarbeiten müsste, wozu ich angesichts real existierender auf meinem Schreibtisch zur Bearbeitung liegender Fälle (in denen kein Beteiligter barfuss ging) keine Zeit habe.

Das wäre vielleicht mal ein Thema für die Doktorarbeit eines engagierten barfüssigen Jurastudenten (auch wenn die Chancen, zur Betreuung einen aufgeschlossenen barfüssigen Jura-Professor zu finden...na ja, lassen wir das).

Jetzt muss ich weiterarbeiten, damit ich möglichst bald nach Hause und dann endlich aus meinen Schuhen 'rauskomme :-)

Euer anderweitig spezialisierter Rechtsanwalt
Dr. Oliver Schloz

P.S.: Das mit der neuen Rechtschreibung muss ich vielleicht auch noch üben...


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