300 Kilometer Barfußmarsch (Hobby? Barfuß! 2)

Andreas ⌂ @, Sunday, 09.09.2007, 17:33 (vor 6221 Tagen)

300 Kilometer Barfußmarsch

Hallo liebe Freunde des Barfußlaufens;

Wie schon vor ein paar Wochen zugesagt, nun auf die Schnelle, ein paar Eindrücke meines Barfußmarsches vom Bodensee nach Nürnberg.

Schon seit vielen Jahren setze ich mich mit außergewöhnlichen Aktionen für den Schutz der Delfine & Wale ein. Dieses Jahr (UNO-Jahr des Delfins) war nun ein Marsch gegen die Haltung von Delfinarien in Gefangenschaft angesagt. Da sich in Nürnberg die übelste Anlage, der noch vier vorhandenen Delfinarien, in Deutschland befindet (34 tote Delfine bisher) stand natürlich Nürnberg als Zielort fest.

Ich selbst lebe in Radolfzell am Bodensee. Da ich von hier aus schon mehrere Märsche aus startete, - letztes Jahr lief ich mit einem 200 Kilogramm schweren Wal-Anhänger vom Bodensee nach Norwegen- wollte ich das dieses Mal auch tun. Aber natürlich nicht, wie bisher, mit Schuhen, sondern barfuß. Etwa 450 Kilometer lang ist die Strecke. Mitgenommen habe ich einen drei Meter langen und 100 Kilogramm schweren Delfin-Sarganhänger.

Im April d. J. startete ich meine Trainingseinheiten und dehnte sie immer weiter aus. Erst Wiese und Waldwege, dann Sportanlagen und dann Teerstraßen. Ich lief solange, bis ich Blasen hatte und beendete dann das Training und ließ alles verheilen, bis zum nächsten Training. Die Tetanusimpfung wurde aufgefrischt und ich wähnte mich gut vorbereitet für den Marsch, den ich Anfang Juli startete.
Von Radolfzell nach Konstanz: alles Radweg und geteert. Viele Campingplätze. Leider war der Boden schon morgens um 11 Uhr so heiß, dass ich alle 20 Meter ins Gras stehen musste, um meine Füße zu kühlen. War schon krass. Mit dem Anhänger war das Laufen natürlich was ganz anderes, als ohne ihn, wie bei den Trainingsläufen. Andere Fußbereiche wurden belastet und weitere Blasen an anderen Stellen waren die Folge. Die Hitze verpasste mir gar eine fette Brandblase, welche sich mit Blut füllte. Ich stach sie auf, ließ das Blut herausfließen und desinfizierte die Stelle. Vier Tage Zwangspause war angesagt. Ist am See natürlich nicht so schlimm.
Mit der Fähre ging es nach Meersburg und dann nach Friedrichshafen. Wieder gab es in jedem Ort einen Campingplatz. Alles geteerte und auch schattige Radwege. Der Bodenseeradweg war ein echtes Highlight. Überall gab es Einkehr- und Bademöglichkeiten. Leider lagen auf den Radwegen direkt neben den Hauptstraßen viele Glasscherben. Auch in Friedrichshafen selbst. Weiter ging es Richtung Ulm. Zwischen Bodensee und Ulm in Steinhausen nur einen einzigen Campingplatz. Üble Steigungen im Schussental - bis zu 18 %. War natürlich eine fürchterliche Quälerei mit dem Anhänger. In Ravensburg fand gerade das Rutenfest statt. Eine Stadt übersät mit zerborstenen Bierkrügen und Bierflaschen. Ohne Notschuhe wäre ich wahrscheinlich noch heute dort unterwegs.
Ulm - Donauwörth. Meistens Donauradweg und immer geteert. Aber auch viele Scherben. Einige Campingplätze. Gute Einkehrmöglichkeiten. Zwischen Donauwörth und Nürnberg gab es die übelsten Berge, aber auch gute und geteerte Radwege. Weniger Scherben, da die Radwege meistens von den Hauptstraßen etwas abseits liegen und es nur wenige größere Städte gibt. Allerdings auch fast keine Campingplätze.
Der Anhänger bot mir viel Nutzen. Auch war das Mitführen von Getränken (bis zu sechs Liter am Tag brauchte ich) notwendig - es gab kaum Brunnen. Ich lief bis zu 25 Kilometer am Tag und nahm insgesamt acht Kilogramm ab. Von den insgesamt 450 Kilometer konnte ich nur 300 KM ohne Schuhe laufen. Gerade in Städten und an den Hauptstraßen entlang scheint mir das Barfußlaufen kaum noch möglich zu sein. Krass war es bei Regen. Man sieht die Scherben kaum noch. Und dann dieser von Radlern verursachter Matsch von tot- oder angefahrenen Schnecken und sonstigem Getier. Wahrlich kein Vergnügen. Eine schwarze Schlange sah von Weitem wie ein Gummiteil aus. Als es sich bewegte, war ich doch sehr froh, dass ich immer den Weg genau inspizierte. Man blickt fast immer nur auf den Boden und verliert etwas den Blick für die Umgebung.
Dauer der Tour: insgesamt fünf Wochen - zwei Wochen gemütlich am Bodensee und dann drei Wochen Bodensee/Nürnberg - fast ohne Ruhetage und marschieren von morgens bis in den Abend hinein.

Fazit: Ich bin von dem Barfußlaufen begeistert. Es ist faszinierend, die Natur oder auch das Nichtnatürliche hautnah erleben zu können. Selbst der Temperaturunterschied in nur wenigen Metern (Schatten, Sonne) ist schon allein etwas faszinierendes. Ideal war natürlich auch, dass ich unterwegs von vielen Menschen auf diese Aktion angesprochen wurde und somit konnte ich 10 000 Flyer verteilen und auf die Aktion gegen das Delfinarium aufmerksam machen. Es gab gar Leute, die ganz spontan ihre Schuhe auszogen und mich ein Stück begleiteten. Durch die vielen Zeitungsberichte gehe ich davon aus, dass ich so manchen für das Barfußlaufen begeistern konnte. Je mehr Barfußläufer es gibt, umso mehr wird die Natur pfleglicher behandelt, denn nicht nur der Mensch, sondern auch die Haus- und Wildtiere sollten die Möglichkeit haben, sich in der freien Natur aufhalten zu können, ohne sich durch den menschlichen Müll verletzen zu müssen. Ich fragte mich oft, wie man so manchen umweltfrevelnden Autofahrer dazu bewegen könnte, seinen Müll nicht aus dem Auto zu werfen, sondern ihn umweltgerecht zu entsorgen. Strafen durchsetzen? Erziehung? Barfußzwangsmarsch? Führerscheinentzug auf Lebenszeit? Keine Ahnung...

Ich werde wohl noch viele, wohl etwas kleinere, Möglichkeiten nutzen, um auch in Zukunft ohne Schuhwerk unterwegs sein zu können. Was ich mir schon bei meinen Trainingsläufen angewöhnt habe: Um mich nicht ständig bücken zu müssen, um kleine Steine etc. von den Sohlen zu entfernen, habe ich mir größere Schwitzarmbänder, welche man normalerweise an das Handgelenk anbringt, über die Knöchel gezogen. War ne tolle Erleichterung.

Außerordentlich dankbar bin ich natürlich über die vielen Tipps und Hinweise aus diesem Forum, welche mir die Vorbereitungen für so eine Reise doch unheimlich erleichtert haben.

Ich wünsche Euch nun viel Spaß auf all den Wegen, die noch vor Euch liegen.

Andreas

[image] http://www.walschutzaktionen.de


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