Zur Haftungsfrage aus Sicht des Juristen (Hobby? Barfuß! 2)

Jörg (Hanna), Stammposter, Friday, 08.12.2006, 22:03 (vor 6563 Tagen) @ Oliver S.

Hallo Oliver,

Du hast vollkommen Recht und sprichst mir mit jedem Satz absolut aus der Seele! (Dass ich das jemals von einem Juristen behaupten würde... ;-).

Für mich als juristischen Laien gilt eigentlich die Idealvorstellung von der Gesetzgebung als verschriftlichem "Common Sense", wobei sich über letzten natürlich auch wieder streiten lässt. Nach dieser Maxime stellt sich die Haftungsfrage wie von Dir bereits erklärt im geschilderten Fall gar nicht. Wie sich man auf der einen Seite über die vollkommen schwachsinnigen amerikanischen Verhältnisse (zurecht) aufregen kann, auf der anderen Seite aber eben genau den gleichen Schwachsinn für sich selbst beansprucht, erschliesst sich auch mir nicht. Hätte ich einen Supermarkt und würde mich ein Barfüßer wegen einer Scherbe bzw. der Verletzung an selbiger erfolgreich verklagen würde ich 1. auch an der Vernunft der Rechtssprechung zweifeln und 2. ein Barfußverbot verhängen, obwohl ich selber gerne barfuß laufe. In den USA werden die hohen Strafen zudem auch durch das dortige System der Anwaltshonorare, die stark vom Streitwert abhängen, befeuert, so dass selbst Kleinigkeiten gerne aufgebauscht werden. Auf der Strecke bleibt dabei der gesunde Menschenverstand (Common sense). Das führt dann eben dazu, dass man zwar Schuhe aber kein Hirn mehr braucht, weil andere ja schon die Verantwortung für einen übernommen haben...

Ich hoffe, dass wir hier keine amerikanischen Verhältnisse bekommen und weiterhin die Freiheit besitzen auf Schuhe zu verzichten, wo wir sie für entbehrlich halten und unser Hirn zu benutzen, wo wir es benötigen. (Ich arbeite übrigens seit einem Jahr in einer US-amerikanischen Firma.) Sonst wird das von Dir geschilderte Horrorszenario von der Fremdbestimmung selbst im Supermarkt bald Wirklichkeit und wir laufen bald wirklich nur noch barfuß auf abgesteckten Barfußpfaden, die wegen der Produkthaftung minütlich gesäubert werden und daher sündhaft teuer im Eintritt sind.

Juristisch sicherlich auch interessant: Ich laufe barfuß durch den Supermarkt, verletze mich, blute und versaue dadurch den ganzen Laden. Muß ich für die Reinigung aufkommen und für den entgangenen Schaden (Umsatz), weil Kunden in Panik vor aidsverseuchtem Blut den Supermarkt verlassen?

Also nochmal an ALLE hier im Forum: HIRN EINSCHALTEN!

Serfuß an alle, die noch denken können,
Jörg


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