Sensibilität der Forumsnutzer (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Thursday, 28.09.2006, 12:06 (vor 6570 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hi Michael!

Hallo Markus,
es ist nicht einfach zu sagen, in welchen Landstrichen Leute toleranter gegenüber Barfüßern sind. Beurteilen kann man es nur, wenn man über einem längeren Zeitraum sich dort aufgehalten hat.
Meine Herkunft ist der hohe Norden. Als ich dort war, war barfuß für mich kein Thema. Mir ist aber aufgefallen, daß man in den katholischen Landstrichen Norddeutschlands öfters angepflaumt wurde, wenn man speziell am Sonntag in kurzen Hosen mit dem Fahrrad unterwegs war als in den Bebieten mit überwiegend evangelischer Bevölkerung. Man sagte, wir Norddeutschen wären stur, steif und zurückhaltend. Als ich bei der Bundeswehr (auch in Norddeutschland) war, jedoch die meisten meiner "Kriegskameraden" aus Nordrhein-Westfalen stammten, merkte ich den Unterschied. Aber wie gesagt: Es waren nur Leute um die 20, die nur das tun mußten, was sie im innersten eher verfluchten. Also kein repräsentativer Querschnitt für alle Leute aus Nordrhein-Westfalen.

Sicher nicht für alle Leute aus Nordrhein- Westfalen, aber doch ein gewisser repräsentativer Querschnitt durch eine Bevölkerungsgruppe (junge Männer um die 20), die für das Naturell, den "genius loci" der Bewohner einer Gegend durchaus repräsentativ ist, wobei man in Nordrhein- Westfalen noch zwischen dem rheinischen und dem westfälischen Landesteil unterscheiden muß - hier hat man nach dem Zweiten Weltkrieg künstlich zusammengefügt, was nicht zusammengehört (und statt dessen auseinandergerissen, was zusammengehört).
Aber ich gebe zu, daß es auch im Rheinland mürrische Miesepeter gibt.

Dann die Schweiz. Vom Temperament her sind Schweizer den Norddeutschen ähnlicher als den aus NW, öfters etwas stur und zurückhaltend. Ob Schweizer barfußfreundlicher oder barfußfeindlicher sind als Leute in den verschiedensten Gegenden Deutschlands, kann ich nicht generell sagen.
Ich könnte beispielsweise sagen: Die Region Zofingen ist besonders barfußfeindlich, weil ich dort am meisten Ärger mit Spießern und Polizisten habe. Letzteres stimmt zwar, aber die Erklärung ist sicher eine andere. Hier gehe ich auch mal barfuß auf die Straße, wenn das Wetter nicht unbedingt ideal ist. Bei solchem Wetter halte ich mich in der Regel nicht woanders auf.

Ist Zofingen wirklich besonders barfußfeindlich oder sind Deine besonderen Schwierigkeiten mit der Zofinger Polizei nicht vielmehr ein besonderes Kapitel, bei dem Barfüßigkeit eher die Rolle eines Katalysators spielt, der die wechselseitigen Reaktionen zwischen der Zofoinger Stadtpolizei und Dir erst auslöst? Hier hat die "Chemie" wohl von Anfang an nicht gestimmt.

In Bayern war ich noch nie barfuß. In Baden-Württemberg schon öfters, meistens irgendwie auf der Durchreise, meist im Sommer. Selten irgendwelche Blicke. Wohl aber, als ich im Dezember nach dem Barfußtreffen in Düsseldorf noch die Straßenbahnen in Karlsruhe unsicher machte. Ich wage es auch nicht, Köln und Düsseldorf bzl Barfußfeindlichkeit zu vergleichen. In Köln war ich mit dem Fahrrad im September und mit dem Zug im Oktober barfuß, in Düsseldorf dagegen nur im Dezember. Und nur in Düsseldorf bekam ich Ärger mit der Polizei und mit Aufsichtspersonal der lokalen Verkehrsbetriebe. Hauptursache des unterschiedlichen Verhaltens war sicher die Jahreszeit, nicht die unterschiedliche Mentalität.

Nanana, in Düsseldorf gab es auch freundliche Reaktionen wie auf dem Weihnachtsmarkt in Kaiserswerth, wo eine Frau uns spontan Reibekuchen spendierte und sich als eloquente Sprecherin unserer Sache gegenüber einem erstaunten, aber nicht feindseligen Publikum erwies, sowie Deine Beobachtungen in den Kirchen, kaufhäusern und Restaurants, wo wir stets unbehelligt blieben bzw. sehr freundlich und zuvorkommend bedient wurden. Damit will ich Dein Erlebnis mit dem Aufsichtspersonal der Düsseldorfer Verkehrsbetriebe (welches unmittelbar nachdem ich Dich aus den Augen gelassen hatte, passiert sein muß) nicht verleugnen, aber diesen Ärger hattest Du alleine, Lothar und ich dagegen nicht.

In Norddeutschland war ich nie barfuß, die nördlichste Stadt war Dresden. In dieser Stadt gab es um die Osterzeit zwar ein paar dumme Blicke und Kommentare, aber Ärger mit "Schrotern" bekam ich nur in Außenbezirken der Stadt und am Bahnhof in Lohmen.
Grundsätzlich habe ich den Eindruck, als ob ein großer Teil der Schweizer und der deutschen Bevölkerung tolerant gegenüber Barfüßern ist, solange man nicht näher mit ihnen zu tun hat. Wenn aber jemand etwas dagegen hat, dann äußert sich ein Deutscher, speziell ein Westdeutscher eher über den Unmut (und greift im Extremfall auch eher zur Waffe), während ein Schweizer eher die Polizei ruft.

Weiß ich nicht, nur daß es kleinliche Spießer und mürrische Menschen halt überall gibt.

Barfüßige sommergrüße,
Markus U.


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