Sensibilität der Forumsnutzer (Hobby? Barfuß! 2)
Hallo Markus,
es ist nicht einfach zu sagen, in welchen Landstrichen Leute toleranter gegenüber Barfüßern sind. Beurteilen kann man es nur, wenn man über einem längeren Zeitraum sich dort aufgehalten hat.
Meine Herkunft ist der hohe Norden. Als ich dort war, war barfuß für mich kein Thema. Mir ist aber aufgefallen, daß man in den katholischen Landstrichen Norddeutschlands öfters angepflaumt wurde, wenn man speziell am Sonntag in kurzen Hosen mit dem Fahrrad unterwegs war als in den Bebieten mit überwiegend evangelischer Bevölkerung. Man sagte, wir Norddeutschen wären stur, steif und zurückhaltend. Als ich bei der Bundeswehr (auch in Norddeutschland) war, jedoch die meisten meiner "Kriegskameraden" aus Nordrhein-Westfalen stammten, merkte ich den Unterschied. Aber wie gesagt: Es waren nur Leute um die 20, die nur das tun mußten, was sie im innersten eher verfluchten. Also kein repräsentativer Querschnitt für alle Leute aus Nordrhein-Westfalen.
Dann die Schweiz. Vom Temperament her sind Schweizer den Norddeutschen ähnlicher als den aus NW, öfters etwas stur und zurückhaltend. Ob Schweizer barfußfreundlicher oder barfußfeindlicher sind als Leute in den verschiedensten Gegenden Deutschlands, kann ich nicht generell sagen.
Ich könnte beispielsweise sagen: Die Region Zofingen ist besonders barfußfeindlich, weil ich dort am meisten Ärger mit Spießern und Polizisten habe. Letzteres stimmt zwar, aber die Erklärung ist sicher eine andere. Hier gehe ich auch mal barfuß auf die Straße, wenn das Wetter nicht unbedingt ideal ist. Bei solchem Wetter halte ich mich in der Regel nicht woanders auf.
In Bayern war ich noch nie barfuß. In Baden-Württemberg schon öfters, meistens irgendwie auf der Durchreise, meist im Sommer. Selten irgendwelche Blicke. Wohl aber, als ich im Dezember nach dem Barfußtreffen in Düsseldorf noch die Straßenbahnen in Karlsruhe unsicher machte. Ich wage es auch nicht, Köln und Düsseldorf bzl Barfußfeindlichkeit zu vergleichen. In Köln war ich mit dem Fahrrad im September und mit dem Zug im Oktober barfuß, in Düsseldorf dagegen nur im Dezember. Und nur in Düsseldorf bekam ich Ärger mit der Polizei und mit Aufsichtspersonal der lokalen Verkehrsbetriebe. Hauptursache des unterschiedlichen Verhaltens war sicher die Jahreszeit, nicht die unterschiedliche Mentalität.
In Norddeutschland war ich nie barfuß, die nördlichste Stadt war Dresden. In dieser Stadt gab es um die Osterzeit zwar ein paar dumme Blicke und Kommentare, aber Ärger mit "Schrotern" bekam ich nur in Außenbezirken der Stadt und am Bahnhof in Lohmen.
Grundsätzlich habe ich den Eindruck, als ob ein großer Teil der Schweizer und der deutschen Bevölkerung tolerant gegenüber Barfüßern ist, solange man nicht näher mit ihnen zu tun hat. Wenn aber jemand etwas dagegen hat, dann äußert sich ein Deutscher, speziell ein Westdeutscher eher über den Unmut (und greift im Extremfall auch eher zur Waffe), während ein Schweizer eher die Polizei ruft.
Bei der letzten Abstimmung hat die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung übrigens für eine Verschärfung des Ausländergesetzes und des Asylgesetzes gestimmt, ein Zeichen für "versteckte Ausländerfeindlichkeit"? Mich kann man zum Glück nicht mehr ausweisen, da ich seit gut 1,5 Jahren Schweizer bin. Ein Polizist, der mich beim Barfußlaufen bei nicht allzu sommerlicher Witterung erwischte, hatte mich mal als "Ausländer mit Schweizer Paß" bezeichnet. Das ist eine Beleidigung! Da ich aber keine Zeugen hatte (außer einen zweiten Polizisten), hätte es sicher nichts gebracht, die Gerichte einzuschalten. Mich stört es nicht, wenn man glaubt, ich wäre ein Deutscher. Aber die Bezeichnung "Ausländer mit Schweizer Paß", noch dazu aus dem Mund eines Polizisten, deutet darauf hin, daß er mich als minderwertiges Menschenmaterial ansieht.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen