Kinderfüße - Brief an das Hess. Sozialministerium (Hobby? Barfuß! 2)

Martin (Giessen), Stammposter, Thursday, 02.03.2006, 09:27 (vor 6781 Tagen)

Hallo!
Vor 2 Tagen wurden die (katastrophalen) Ergebnisse einer Untersuchung von über 1000 Kindern an hess. Grundschulen veröffentlicht. Ihr könnt Euch sicher schon denken: 30% der Kinder haben behandlungsbedürftige Befunde, die Fußmuskulatur ist viel zu schwach etc.
In keinem der Berichte tauchte bei vielen gut gemeinten Ratschlägen an die Eltern auch nur einmal das Wort "Barfuss" auf!!!
Das hat mich veranlasst der Schirmherrin der Aktion, unserer Sozialministerin einen netten Brief zu schreiben um sie auf diese Lücke hinzuweisen.

Ihr findet weiter unten den Brieftext, aber zuvor noch den Text der Pressemeldung:

Sozialministerin Silke Lautenschläger: "Fehlstellungen der Füße bei Kindern haben Auswirkungen bis ins Erwachsenenalter."
Wiesbaden. Mehr als 1.000 Kindergartenkinder sind im Jahr 2005 im Rahmen des Präventions- und Bewegungsprojekt "Kinderfüße auf dem Prüfstand" untersucht worden. Darauf hat Sozialministerin Silke Lautenschläger, die die Schirmherrschaft für das Projekt übernommen hatte, heute aufmerksam gemacht. Beinahe jedes dritte Kind (28 Prozent) muss nach Ansicht der Experten dabei in medizinische Betreuung. So zeigten fast 18 Prozent der untersuchten Kinder orthopädische Auffälligkeiten wie etwa Knick-Senk-Füße. Die Untersuchungen deckten aber auch Muskelverkürzungen, Skoliose und Koordinationsstörungen auf. In zwei Dritteln aller Fälle tragen die Kinder außerdem zu kleine oder zu große Schuhe. Sozialministerin Lautenschläger appellierte deshalb an die Eltern, sich frühzeitig und kontinuierlich um die Gesundheit der Kinderfüße zu kümmern und für das passende Schuhwerk zu sorgen: "Zu kleine, zu enge oder luftundurchlässige Schuhe tragen dazu bei, dass die Kinderfüße in eine Fehlstellung hineinwachsen. Im Erwachsenenalter kann das Auswirkungen auf den gesamten Bewegungsapparat haben." Zugleich müssten die Eltern dafür sorgen, dass sich die Kinder genügend bewegen, um die Fußmuskulatur zu stärken. Dabei komme den angeleiteten Gymnastikstunden im Kindergarten eine besondere Bedeutung zu.
Die 17 initiierenden hessischen Betriebskrankenkassen unterstützen diese Initiative bereits seit zwei Jahren und begrüßen die interdisziplinäre Zusammenarbeit. "Wir freuen uns zudem, das Frau Soziaministerin Silke Lautenschläger (CDU) die Schirmherrschaft für das Projekt übernommen und an einem der Aktionstage teilgenommen hat. "Sie unterstreicht damit die Bedeutung gesunder Füße noch einmal", so Manfred Engel, Vorstand der BKK R+V, im Namen aller beteiligten BKK Vorstände.
"Wir bedanken uns ebenso für die fachliche Unterstützung durch Orthopäden der Universitätsklinik Frankfurt, Stiftung Friedrichsheim, des Sankt Josef Hospitals, Wiesbaden, der Orthopädischen Klinik Braunfels sowie der Klinik für Orthopädie und Rheumatologie der Philipps-Universität Marburg und der Orthopädischen Klinik Kassel. Die regionale fachliche Einbindung ist ein wichtiger Bestandteil des Projekts und stellt einen wesentlichen Vorteil für die weitere medizinische Betreuung orthopädisch auffälliger Kinder dar", so Engel weiter.
Auch im Jahr 2006 wird das Projekt in der zweiten Jahreshälfte durch hessische Kinder-gärten und erstmals durch Grundschulen touren.
Alle Informationen zum Projekt sowie Informationsmaterialien zur Fußgesundheit können bei den teilnehmenden BKK oder unter: 0611 / 7102770 oder info@come-unicate.com abgefragt werden.

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Sehr geehrte Frau Staatsministerin!

Am 28.2.06 stellten Sie die Ergebnisse der Untersuchung zur Kinderfußgesundheit der Öffentlichkeit vor. Die Aussagen der Studie sind erschreckend und es freut mich, dass Sie sich persönlich diesem Problem angenommen haben, wodurch in der breiten Medienlandschaft ein entsprechendes Echo erzeugt werden kann.

Enttäuscht bin ich angesichts der Präsentation alleine aus der Tatsache heraus, dass in keinem der Berichte auch nur ein einziges Mal der Begriff "barfuss" auftaucht.
Wenn Eltern, wie Sie völlig richtig schreiben auf eine ausreichende Bewegung Ihrer Kinder achten sollten um im speziellen die Entwicklung der Fußmuskulatur zu fördern, so gibt es dafür kein besseres Mittel, als Kinderfüße OHNE Schuhe die Welt erkunden zu lassen. Die Fußgymnastik-Einheiten in den Kindergärten tragen dem sicher Rechnung, können aber alleine nicht das notwendige Maß der freien Bewegung und Entwicklung bieten.

Erfreulicher Weise wird die Bedeutung des Barfußlaufens - idealer Weise auf geeigneten Naturböden - in den letzten Jahren von immer mehr Erwachsenen und Familien wieder entdeckt. Zahlreiche Freizeiteinrichtungen, sog. "Barfussparks" sind in der jüngeren Vergangenheit in Hessen und den anderen Bundesländern entstanden und verstehen sich als Erlebniswelt und Anregung zugleich.
Die Förderung des Barfußlaufens zu Hause und in der Natur zieht weitere positive Konsequenzen nach sich wie z.B. einen naturnahen Wegebau, familienfreundliche Freizeiteinrichtungen etc.

Sicherlich stellt die Veröffentlichung der Studienergebnisse nicht den Endpunkt Ihres Engagements in dieser Sache dar und es werden weiterhin Arbeitsgruppen oder Initiativen aus Ihrem Ministerium heraus Unterstützung finden. Vielleicht könnten Sie persönlich einmal im kommenden Sommer das Thema durch einen öffentlichkeitswirksamen Besuch eines hessischen Barfußparks erneut aufgreifen.
Für Ihre Arbeit wünsche ich Ihnen im Sinne unserer Kinder viel Erfolg!

Informationen zum Thema Barfußparks und Barfußlaufen in der Natur finden sich z.B. im Internet unter: www.barfusspark.info

Martin Caspari
Arzt


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