Klima und Kleidung: kurze Hosen und barfuß (Hobby? Barfuß! 2)
Hi Pedro!
es steht mir völlig fern, Markus U. zum Tragen von kurzen Hosen zu überreden. So etwas würde ich als intolerant empfinden. Aber wer für andere (nicht nur für sich selbst) eine Kleiderordnung propagiert, darf auf die historischen Ursprünge dieser Kleiderordnung hingewiesen werden. Ein Blick in die Geschichte relativiert (entlarvt?) so manches.
Ich gebe Dir recht, daß Kleidung sehr viel mit Klima zu tun hat, und danke Dir für die Mühe, historische Bezüge aufzuzeigen. Dabei ist allerdings zu bedenken, daß Kleidung nicht nur mit dem jweiligen Klima zu tun hat. Das Christentum (nicht nur die Orthodoxe Kirche) hat seinen Ursprung im Vorderen Orient, wo man sich seit jeher durch weite, luftige und möglichst große Teile des Körpers bedekkende Kleidung vor der Sonne schützen mußte, aber die Orthodoxe Kirche hat sich auch in Gegenden mit gänzlich anderem Klima ausgebreitet, etwa nach Rußland mit seinem extrem kontinentalen Klima, oder nach Serbien, wo das Klima mit dem von Mitteleuropa durchaus vergleichbar ist. Umgekehrt ist die römisch- katholische Kirche vor allem in den westlichen Mittelmeerländern wie Spanien, Frankreich und Italien beheimatet, und auch da ist Schutz vor der Sonne vor allem im Sommer nicht verkehrt. Auch in einigen "traditionell katholischen" Ländern wie Italien wird man zumindest durfch Schilder an den Kirchentüren darauf hingewiesen, daß schulterfreie Bekleidung bei beiden Geschlechtern, kurze Hosen bei Männern und Minirökke bei Frauen oder gar Strandkleidung (Bikini) absolut fehl am Platze sind! Oft sind in diesen Kirchen, wie auch in allen Kirchen des Heiligen Landes (egal welcher Konfession) Leute zugegen, die aufpassen, daß niemand die Kirche in ungeziemender Kleidung betritt, und solche, die dies dennoch versuchen, eben wieder hinausweisen! Von einem Verbot, eine Kirche barfuß zu betreten, weiß ich hingegen nichts, und in einem alten katholischen Katechismus aus dem Jahre 1926 steht sogar ausdrücklich drin, daß arme Leute sich nicht zu schämen brauchen, barfuß am Gottesdienste teilzunehmen.
Daß man das in protestantischen Kirchen alles viel lokkerer sieht, bestreite ich hingegen nicht, und auch in Brasilien, wo ich noch nie war, scheinen lokkere Sitten zu herrrschen, aber auch die Religion ist dort sehr komisch, denn auch jene, die katholisch getauft sind, hängen oft gleichzeitig Religionen afrikanischen Ursprungs wie Macumba, Umbanda und Candomblé an.
Darüber hinaus hat sich die Kleidung der Menschen auch innerhalb eines bestimmten Landes im Laufe der Zeiten gewandelt, und in den meisten Ländern der Erde, auch hier in Deutschland, kleiden sich die Menschen heute ganz anders als vor Jahrhunderten. Im Mittelalter etwa gingen die Menschen auf dem Lande barfuß, weil Schuhe Luxusgegenstände waren, die sich nur reiche Leute leisten konnten.
Im übrigen hast Du richtig beobachtet, daß ich eine bestimmte Art, sich zu kleiden, als vorbildlich ansehe (und mich dementsprechend selber kleide), aber ich lasse jedem seinen Geschmack, und ich pflege die Kleidung eines Menschen, der mir begegnet, nicht zu kommentieren, solange ich nicht um meine Meinung gefragt werde. Das ist mein Verständnis von Toleranz.
Barfüßige Herbstgrüße,
Markus U.