Fröhliches Aarau (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 23.02.2004, 12:07 (vor 7525 Tagen)

Letzten Samstag (21.02.2004) wagte sich die Sonne gegen Mittag bei ca. 8°C durch die Wolken. Zu spät, um noch eine allzu lange Fahrradtour zu unternehmen. Aber für eine Fahrt zum Stauwehr nach Schönenwerd, gefolgt von einer Wanderung an der Aare, reichte es allemal. Irgendwie zieht es mich häufiger dorthin, im Sommer zum Baden, bei nicht ganz so heißem Wetter zum Wandern. Gerade hier gibt es auch ein Stück Wanderweg, das man auch ohne abgeschlossene Laufbahn eines Fakirs ohne Schuhe begehen kann, ohne sich gleich zu verletzen. Ich nahm mir vor, eine ähnliche Strecke abzureißen wie zwei Wochen vorher, davon habe ich hier berichtet. Ich hätte es also einfach haben können und den Beitrag mittels "copy paste" und Änderung des Datums nochmals zu versenden. Aber "leider" kam etwas dazwischen. Als ich die Aarauer Altstadt erreichte, war gerade ein Karnevalszug in Gang, mit Guggemusik usw. Wobei man diesen Zug selbstverständlich nicht mit den Rosenmontagsumzügen etwa in Köln vergleichen kann. Für derartige Umzüge sind die Gassen der Aarauer Altstadt einfach zu schmal. Aber etliche Leute waren in irgendeiner Form verkleidet. Prozentual wurde meine Schuhlosigkeit (meine Schuhe hatte ich am Velo deponiert) von weniger (speziell erwachsenen) Leuten wahrgenommen als in der Einkaufszone, die ich vorher durchwandert hatte. Kinder, deren Augen meinen Füßen näher waren als die Augen von Erwachsenen, nahmen das schon eher wahr. Besonders drollig fand ich die Bemerkung eines Mädchens: "Der läuft ja barfuß! Mohr!" Der Zug bewegte sich auch durch die Straße, durch die der Stadtbach fließt, vergleichbar mit den "Bächles" in Freiburg. Ich ließ es mir nicht nehmen, durch den Bach zu waten, so kalt war das Wasser nicht. Die Folge war, daß einige Kinder mit als "Zielscheibe" für Konfettiwürfe benutzten. Einige glaubten sogar, daß ich "im Auftrag von irgendjemandem" durch den Bach watete. Als ob ich den "personifizierten Stadtbach" darstellen sollte. Sollen die es doch glauben! Ein nicht mehr ganz nüchterner Fotograf mußte mich unbedingt vor die Linse bekommen. Als er mich, als ich mich bereits wieder außerhalb des Baches aufhielt, fragte, wo ich meine Schuhe hätte und ich ihm den Platz nannte, meinte er: "Was! Du ist barfuß vom Stauwehr nach Aarau gekommen." Worauf ich entgegnete, daß der nördliche Aareuferweg ideal zum Wandern ohne Schuhe sei, der südliche dagegen sei zu stark gekiest.
Zwei andere Männer unterhielten sich gerade, meinte der eine: "Der hat sich ja als Sommer verkleidet!" Meinte der andere: "Bist du sicher? Als Sommer VERkleidet? Ich würde sagen: als Sommer ENTkleidet!" Nach einiger Zeit war ich an der Stadtkirche angekommen und belauschte, an einer Treppe stehend, die Musik. Zwei Frauen, etwa Mitte dreißig hielten mich wohl für einen, der aus Königsfelden ausgebrochen war. Eine fragte mich: "Wo haben Sie denn Ihre Schuhe?" "Beim Stauwehr in Schönenwerd, in der Gepäcktasche meines Velos!" Darauf fiel ihr der Kinnladen runter: "Wissen Sie überhaupt, wo Sie jetzt sind?" "Neben den Stadtkirche von Aarau." Ich deutete Richtung Westen: "Da hinten, Richtung Kernkraftwerk, sehen Sie die Kirche von Niedergösgen, eine umgebaute Burg. Etwa zwei Drittel des Weges dorthin steht mein Velo. Bisher habe ich mein Velo IMMER wieder gefunden (wobei ich verschwieg, daß ich schon mal mein Velo erst eine Woche später wiedergefunden hatte)." Von soviel Ortskenntnis meinerseits war die Frau doch überrascht. Später fragte mich noch eine junge Mutter, nachdem ihre Tochter auf meine Füße gestarrt hatte: "Um was haben Sie gewettet, daß Sie ohne Schuhe hier erscheinen?" "Um gar nichts! Mit mir wettet keiner erst. Weil er weiß, daß ich nur auf Wetten eingehe, die ich garantiert einhalten kann!" Einen Nachahmungseffekt anderer, wie er in diesem Forum beschrieben wurde, habe ich nicht beobachtet. Da das Kopfsteinpflaster der Aarauer Altstadt nicht kalt war und ich mich nicht allzu viel bewegte, merkte ich selber in dem fröhlichen Treiben bald meine Schuhlosigkeit nicht mehr. Erst als ich wieder zurück zu meinem Velo ging, teilweise über rauhen Asphalt, wurde mir das wieder bewußt. Daß ich zu faul war, für die ca. einstündige Heimfahrt extra die Packtasche zu öffnen, überrascht nicht.
Heute ist Rosenmontag. Aber in Zofingen gelten bezüglich Fasnacht "Basler Gesetze", also das ganze mit einwöchiger Verspätung. Jetzt schneit es heftig. Wer gerne barfuß an Karnevalsumzügen teilnimmt, wenn frischer Schnee liegt, der käme heute auf seine Kosten. Ist in der Innerschweiz (z.B. in Giswil, wo gestern ein Umzug war) die barfüßige Teilnahme an Fasnachtsumzügen "nicht unüblich"? Wer ohne Schuhe an eine Schulabschlußfeier geht, der macht es sicher auch beim Karneval.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen


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