Ihr Lieben,

der diesjährige Barfußsommer war ja nun so großartig und reich an schönen Erlebnissen, daß es mir fast Probleme bereitet, eines davon zum schönsten zu erklären. Und obwohl es oft die kleinen, irgendwie unverhofften Momente waren, die ich als besonders lustvoll empfunden habe, fällt meine Wahl denn doch auf eine viertägige Städtetour nach Gent und Brügge, zu der mich meine gute Freundin Sabine eingeladen hat - daß wir von Anfang bis Ende barfuß unterwegs waren, versteht sich ja von selbst, nicht wahr? Wir sind also betont langsam mit dem Zug gereist und haben schon in Köln einen ersten Halt eingelegt, weil Sabine unbedingt "in dieses tolle Museum direkt am Bahnhof" wollte, von dem ich ihr schon so oft vorgeschwärmt hatte: Alle anderen Leute trotteten mit Schuhen durch die Ausstellung, obwohl einige von ihnen uns fast ein klein wenig neidisch betrachteten. Auch in den Zügen gab es (außer uns beiden) keinen einzigen Menschen, der barfuß war. Aber das sollte sich dann in Gent ganz schlagartig ändern - wir begegneten wirklich Dutzenden von gutgelaunten Barfüßigen und sind mit etlichen von ihnen auch gleich ins Gespräch gekommen. Und am nächsten Tag in Brügge war´s eigentlich nicht viel anders. Man muß allerdings sagen, daß jene beiden Städte mit ihren historischen Kernen und ihren vielen Kanälen zum Barfußlaufen geradezu einladen, und zudem ist das soziale Klima dort überaus aufgeschlossen und freundlich. Abschätzige Blicke oder dümmliche Bemerkungen sind uns jedenfalls nicht aufgefallen, und in dieser Hinsicht haben wir andernorts doch schon so einiges erlebt. Abends waren wir dann vom vielen Laufen jeweils todmüde, und auch für leidenschaftliche Asphalt-Barfüßer wie uns ist ein 14-Stunden-Tag auf ebenso harten wie heißen Böden eine strapaziöse Angelegenheit - aber zum Glück hat Sabine mir mittlerweile die hohe Kunst der Fußmassage beigebracht, und nach einer solchen "Behandlung" konnte es am Morgen darauf wieder frohen Mutes losgehen! Je länger ich nun beim Schreiben darüber nachdenke, desto sicherer bin ich mir eigentlich, diese Reise nach Belgien zu meinen beeindruckendsten Barfuß-Erlebnissen überhaupt zählen zu müssen!

Viele Grüße
Joachim