Grundsätzliches zu unserem Barfuß - Projekt (Hobby? Barfuß! 2)

Projektleiter, Wednesday, 10.10.2001, 18:38 (vor 8450 Tagen)

Hallo zusammen,

ich hatte ja versprochen, nach der Schilderung der Abläufe des Barfußerfahrungen - gegen - Gewalt - Projektes noch einige weitere Informationen zu geben.
Ich greife dazu auf verschiedene Unterlagen zurück und hoffe, dass sie auch für andere hilfreich sein können.
Vielleicht hat ja auch noch jemand eine gute Idee zu ergänzen ?

1) Zur Organisation :

a) Meine Kollegin und ich sind beide Strecken vorher abgegangen und haben uns eine Wegebeschreibung verschriftet. Ich glaube, dass es gerade bei einem solchen Vorhaben wichtig ist, dass zwei Begleiter leidlich ortskundig sind - man weiß ja bei aller Zuversicht, Vorsicht und guter Vorbereitung doch nie, was sein wird.
b) Eine gute Information von Teilnehmern und Eltern ist wichtig, da immer mit den bekannten Falschinformationen und Vorurteilen zu rechnen ist.
Wir haben deshalb Elterninformationsbriefe geschrieben, die ich gesondert mitteile.

2) Das theoretische Gerüst

ist ja schon angefragt worden - im Forum, aber immer wieder auch von Kolleg(innen und anderen Schüler(inne)n.
Zur Erinnerung : das Projekt war für die 6. / 7. Jahrgangsstufe (also 11 und 12jährige Schüler(innen) angelegt.

Die Hauptargumentationsline - auch wegen der leicht einsichtigen Vermittelbarkeit - beruht auf dem Ansatz als "Körpererfahrungsprojekt" : ausgehend von der sicher richtigen Annahme, dass in unserem Raum die meisten Schüler Barfußerfahrungen vorwiegend zwischen Bett und Badezimmer und im übrigen noch im Freibad sammeln, wird das Barfußwandern als (kleine) Herausforderung dargestellt, die es ermöglicht, eine zunächst als unwahrscheinlich oder sogar unmöglich eingestufte Leistung zu vollbringen : etwa barfuß einen Berg zu ersteigen (selbst wenn er nur 313 m hoch ist). So kann jeder sich selbst beweisen, dass mehr in ihr oder ihm steckt, als sie oder er sich zugetraut hätte - und Selbstvertrauen bzw. Selbstsicherheit sind ganz wesentliche Faktoren bei der Abwehr und der Abkehr von Gewalt (auf diesen Ansatz setzen z. B. auch Kletterprojekte u.a.m.).

Unsere weiteren Überlegungen sind in folgendes Schema gefasst : (Achtung, Tabelle, evtl. scrollen !)


Barfuß

Sinneserfahrung / Umgang mit dem eigenen Körper


Umgang mit anderen


Umgang mit der Natur


Gewalt

der Fuß und sein Aufbau (etwas Biologie);
Fußreflexzonen;

die Lehren von Kneipp

etwas barfüßige Menschheits - Geschichte

ein Auszug aus dem Buch von Browne, Mein linker Fuß, oder eine Schilderung von Contergangeschädigten, die mit Hilfe der Füße statt der Hände vieles erledigen können bzw. müssen

die Fußsohlen und ihr Tastsinn;

Empfindsamkeit = Verwundbarkeit ?

Rücksichtnahme im ureigensten Interesse;

spielerische "Fußgymnastik" unterwegs : Bar-Fußaktivitäten wie Balancieren und Klettern, das Weitergeben von Gegenständen, das Zurechtlegen oder Sortieren von Gegenständen (Packen des Rucksacks ?) nit den Füßen und an Malen oder Schreiben

Ergänzung: Kimspiele zur Sinneswahrnehmung

sich verlassen können auf andere - z. B. dem Vordermann folgend (Steigerung : mit verbundenen Augen);

Gedanke der Solidarität und Rücksichtsnahme (in zunächst ungewohnter Situation, die man mit anderen teilt)

Thematisierung von seelischer Gewalt gegenüber denen, die z. B. "die falschen Schuhe" tragen (In-/ Outgroup - Problematik bei Jugendlichen);

Ergänzung : gewaltfreie und kooperative Spiele ( New Games)

Barfuß unterwegs - als ein Teil der Natur

Barfuß = "schutzlos"
und
Barfuß = "rücksichtsvoll"

denn Schuhe ermöglichen ein Abstumpfen und unbeabsichtigtes, auch beabsichtigtes Zerstören von Pflanze, Tieren, Biotopen - Natur

ist dann das, was als konträres Verhaltensmodell dasteht

Die römische Legionärssandale als Beispiel für den "technischen Fortschritt" und als Grundlage des Römischen Imperiums

Die Springerstiefel des Rechtsradikalen heute als äußeres Zeichen einer gewaltbereiten Einstellung


(gemacht haben wir das - u. a. aus Zeitgründen - letztlich nicht alles, zumindest nicht in der Großgruppe. Es ergaben sich aber unterwegs ganz viele Gelegenheiten, um in Einzel- oder Gruppengesprächen über viele der o. g. Aspekte - und andere mehr - miteinander zu reden.)

3) Für den bei Projekttagen notwendigen und sinnvollen Präsentationstag hatten wir angedacht :

a) den Bau eines Tastpfades;
b) eine Dokumentation des Projektablaufs in Wort und Bild;
c) eine Reflektion und
d) ein bildhafter Dialog zwischen unterschiedlich beschuhten (Springerstiefel, Damentanzschuh, In-Turnschuh ...) und Bar- Füßen über Schutz, Gefühl, Verkleidung, Prestige, Gewalt ...

(3d) haben wir - auch aus Zeitgründen - nicht realisiert; die reich bebilderte Darstellung zu 3b) erwies sich als sehr lohnend !)

Das Ergebnis der Reflektion teile ich - wie den Inhalt der Briefe - gesondert mit.

Gruß vom Projektleiter


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