Deine Argumentation hinkt ! (Hobby? Barfuß! 2)
Liebe Lotsi
ob Du barfuss in Kirchen gehst oder nicht, ist einzig und allein D E I N E Sache. Allerdings scheint mir Deine Argumentation schon etwas zu 'banal'. Leider ist es heute wohl so, dass man und frau zur Kirche gehen um zu sehen wer sonst noch kommt und in welchem 'outfit'. Schliesslich gibt's ja einen Dresscode und über was wollte man denn nach der Kirch auch diskutieren,wenn nicht über Frau Meiers neue Robe oder Herr Müllers abgelatschte Schuhe? Sicher nicht über die Predigt, das wär ja viel zu 'banal'... Verständlich, dass man sich in einer solchen Umgebung nicht den Hunden zum Frass vorwirft. Doch, ist das noch eine christliche Glaubensgemeinschaft, die aus inniger Überzeugung zusammenkommt um gemeinsam vor dem Herrn ihren Glauben kund zu tun oder ein religiöses Fest zu feiern? Oder handelt es sich, gerade bei einem Fest wie der Hochzeit vielmehr um einen social event wo Dresscode, Erscheinungsbild etc. viel mehr zählen? Bei uns war es zu 90% so und ich hab mich dafür am nächsten Tag in der gleichen Kirche, barfuss und in einfachen Kleidern, vor meinem Gott entschuldigt...Seit damals geh ich nur noch barfuss in die Kirche und im Winter zieh ich mir vor der Tür die Schuhe aus. Wieso? Weil ich nach unserer Hochzeit dem Thema barfuss und christlicher Glaube etwas nachgegangen bin. Im Internet findet man recht viel dazu. Hier ein recht interessanter Artikel der DSS:
http://world.std.com/~rice/plain/bf/
Nun aber zu Deiner Argumentation.
Die biblische Überlieferung ist sicher - um es so banal zu sagen - nicht barfußfeindlich.
Die Bibel ist weder noch.
Gut, dass darin soviele Barfüße vorkommen ist - ebenfalls banal festgestellt - auch eine Frage des Raums und der Zeit (Naher Osten vor 2000 Jahren).
Nein, im Sommer in Jerusalem die Via Dolorosa am Mittag barfuss zu begehen war mir wegen der Hitze unmöglich!
Fact ist, dass Barfüssigkeit in der Bibel mehrere Synonyme widerspiegelt. Zum einen ist es ein Ausdruck des sich öffnen, den Harnisch der einem umgibt ablegen. Empfänglich sein, also auch im Geist offen für Gottes Wort. [Moses 3.5] Deutet dies an, beinhaltet aber auch, dass ich mit meinen baren Füssen symbolisiere, meinem Gegenüber Respekt zu zollen (in dem Fall Gott). Eine etwas abgewandelte Steigerung davon ist der christliche Brauch der Fusswaschung. Diese hat ja auch Jesus praktiziert, heute müsste der Pfarrer analog nicht die Füsse waschen seiner Gemeinde sonder mit dem Schuhputzzeug durch die Bankreihen gehen....
Und schlussendlich kann es ein Zeichen von Solidarität und Nächstenliebe sein. Insbesondere auch zu den Armen. Als Ausdruck ihrer asketischen Lebensweise liefen, die bereits von Lorenz erwähnten, Bettelmönche und NachfolgerInnen von Franz von Assisi, einfach gewandet und barfuss. Dies war um 1200 in Mitteleuropa, in der Schweiz finden sich Kloster von barfüssigen Orden auf über 1000 müM. Also an der Geografie scheints wohl kaum zu liegen....
Wir aber haben uns - auch - mit der kirchlichen Realität in Mitteleuropa 2000 Jahre später auseinander zu setzen.
Du nennst den Schlüsselbegriff ja selbst: "Dresscode". Das ist es. Den hat die Kirche (oder haben die Gläubigen) entwickelt; dieser bildet eine gesellschaftliche Norm (naja, eher ein Dogma).
Leider richtig!
Es ist schlicht provokant, barfuß in Kirchen zu laufen.
Entschieden dagegen. Umkehrung: Es ist provokant gegenüber Gott sein heiliges Haus mit schmutzigen Strassenschuhen zu treten...In einem moslemischen Gotteshaus (so viel anders ist Allah auch nicht...) müsste man bei selbigem Verhalten mit einer hohen Strafe rechnen, übrigens auch in asiatischen Tempelanlagen...Aber die einzigen die ja wirklich wissen wie's gemacht werden soll sind wir mitteleuropäischen, materialistisch geprägten Christen, oder?
Ich möchte dies einfach nicht.
Dann tu es auch nicht, es zwingt Dich ja keiner!
Auch wenn - wie Du richtig sagst, Lorenz - die Argumente sozusagen durch Gottes Wort gesprochen auf Seiten der Barfüßer sind - so ist es doch eine Provokation der meisten anderen Gläubigen, eine Unhöflichkeit,
wem schuldest Du mehr Respekt? Dem Herrn dem das Haus geweiht ist oder den andern?
derer ich mich irgendwie schämen würde.
Dazu besteht m.E. absolut kein Grund. (Ich finds aber schön das Du so sozial denkst und fühlst.)
Auch wenn Du, Lorenz, so gute Erfahrungen gemacht hast: wie lange musstest Du quasi "missionieren", bis Dein Lebensstil so weit beachtet wurde? Diese Energie (und für Deinen missionarischen, nein, eher aufklärerischen Enthusiasmus verdienst Du auch höchste Anerkennung!!) bringt nicht jede(r) auf! Ich z.B. kneife da, ich will nicht derart die Speerspitze der Aufklärung sein, und deshalb gehe ich mit Schuhen in die Kirche. Weiß Gott, ich laufe so viel barfuß; die paar Stunden überstehe ich schon.
Aber sicher, es wär schad um Dich !
Nochmals: Prinzipiell hast Du völlig Recht! Aber es gibt "Codes", "Normen", "Dogmen", wasweißich, die zu befolgen leichter (und ratsamer) ist, ohne an Lebensqualität einbüßen zu müssen.
Dieser "Dresscode" ist ja schon seit Jahrhunderten eingeübt.
Noch heute haben über 2/3 der Mwenschen keine Schuhe und vor Einhundert Jahren gabs auch in Mitteleuropa noch recht viele...Die Entwicklung dürfte eher so gehen: von der mit barfüssigen Armen vollen Kirche hin zur reichen Mittelstandsgesellschaft mit heute doch oft eher leeren Kirchen....
Ein Freund von mir, der Geschichte studiert hat, erzählte mal (weiß nicht, wie er mir gegenüber da drauf kam ...), dass es schon im Mittelalter (das ja keine Freiheitsstrafen kannte) eine schlimme gerichtlich auferlegte Strafe war, barfuß vor der Kirche herumlaufen zu müssen und zu kehren. Barfuß ist gleich Büßer; in jeder Beziehung.
Noch bis ins vergangene (also das 20.) Jahrhundert hinein haben die Leute in (ländlichen) Regionen, wo sonst alle fast das ganze Jahr barfuß liefen, Sonntags die Schuhe bis vor die Kirche getragen und (um sie zu schonen) und erst dann angezogen (und nachher gleich wieder aus; noch meine Oma hat das so gemacht). Schuhe in der Kirche zu tragen ist also nicht erst eine Degeneration in Zeiten der Moderne, es war wohl schon immer so.
siehe oben...
Also: Wir dürfen uns nicht nur auf die biblische Überlieferung berufen, sondern müssen auch die kirchliche Tradition im Alltag in Betracht ziehen, wenn wir über "Normen" des Kirchenbesuchs reden.
Wer es aber sich traut, selbstbewusst barfuß in die Kirche zu gehen, der hat meine Anerkennung, nicht meine Geringschätzung!
Das ist schön von Dir! Eine solche Einstellung wäre wünschenswert bei jedermann/frau.
Ich persönlich mache es nicht, aber ich bin keinesfalls beleidigt, wenn es einer tut; im Gegenteil.
Ich war mal barfuß auf einem Kirchentag, aber da ist das wiederum fast ganz normal. Nur im Kirchengebäude eben nicht. Sicher, Lorenz: Das ist eigentlich nicht in Ordnung.
Soviel (wieder viel zuviel) dazu
Liebe Grüße
Lotsi
PS: Lorenz, Deine Wochenendschilderung ist wieder sowas von klasse! (und Neid erregend!) Einfach schön zu lesen!
Stimmt absolut!!!
Wird Zeit, dass es Sommer wird!!
Barefoot forever!
Du sagst es!
Gruss aus Bern
Marc
P.S. Irgendwie hab ich das Gefühl als würdest Du trotzdem gerne barfuss in eine Kirche gehen. Sie fühlen sich übrigens unter den Füssen ganz anders an als 'normale' Gebäude. Das ist aber ein spezielles Thema für sich.
Auf Websites von Wallfahrtsorten sieht man oft barfüssige Pilger um und in Kirchen. Den Aspekt des 'Busse tun' habe ich oben vergessen, sorry!