Barfuß als Strafe (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Sunday, 13.01.2008, 21:53 (vor 6159 Tagen)

Hi zusammen,

sicherlich wißt Ihr, daß zur Zeit eine Diskussion darüber im Gange ist, ob und wie das Jugendstrafrecht verschärft werden soll (ich selbst bin gegen eine Verschärfung, sondern für eine sinnvollere Anwendung des geltenden Rechts). Ein besonders kontrovers diskutierter Punkt ist die Einrichtung von "Erziehungslagern", die es freilich bereits seit etlichen Jahren auch bei uns in Deutschland gibt. Über eines dieser Erziehungslager habe ich folgende Notiz gefunden:

"... Doch populär sind derzeit wesentlich härtere Alternativen. Ein Aufenthalt beim Ex- Boxer Lothar Kannenberg, 50, etwa.
Der Schnee in Kannenbergs Camp im nordhessischen Diemelstadt- Roden ist fast schon Matsch, ein rauher Winterwind peitscht kalten Graupelregen in den Jackenkragen und ins Gesicht des Ausbilders. Die Wangen der 20 Jungs in den dünnen Trainingshosen glühen nach wenigen Minuten, die Haare kleben naß am Kopf. Ein Pfiff aus der Trillerpfeife. 'Los jetzt!', Trainer Patrick, 34, kennt keine Gnade. 'Schneller!', Pfiff, 'raus aus den Schuhen!' Die letzte Runde Tauziehen wird heute barfuß absolviert. 'Lothars Idee', erklärt einer, grinst, die Jungs zittern.
An Bäume gelehnt, von einem Fuß auf den anderen hüpfend, streifen sich die Jugendlichen die ausgetretenen Turnschuhe und Sportsocken ab. Die meisten bleiben trippelnd und bibbernd auf ihren nassen Socken stehen, beim ersten kullern die Tränen. Andere fluchen. Die, die schon auf der Wiese stehen, das Tau in der Hand, die nackten Füße im Graupelschnee, brüllen die Zögerer an.
Es ist das Kollektiv, das zählt, im Boxcamp von Lothar Kannenberg, 'der einzelne hat hier nix zu melden', stellt Kannenberg klar. Die meisten müssen das hier erst mühsam lernen: Wenn einer Mist baut, bekommen es alle zu spüren. Dann kommen zu den täglich 500 schnell noch einmal 100 Liegestütze dazu oder eine zweite Runde Barfuß- Tauziehen im Schnee. Der Tagesplan ist straff: 'Wer schlägt, der geht', heißt die wohl wichtigste Regel. 'Abhauen tut hier fast jeder einmal', erklärt Kannenberg, das gehört dazu, aber die kommen alle wieder.' ..." (DER SPIEGEL, Nr. 2, 07.01.2008, aus dem Artikel "Exempel des Bösen", S. 20, 36/38)

Nun zum Thema: Welche Wirkung wird es wohl haben, wenn jemandem Barfüßigkeit wie in dem zitierten Artikel (also z. B. im Schnee barfuß Tauziehen) nahegebracht wird?
Ich bin mir nicht so sicher, ob die Reaktion auf lange Sicht gesehen ablehnend bleibt, zumal ich davon ausgehe, daß es den Jugendlichen noch nie zuvor in ihrem Leben in den Sinn gekommen sein dürfte, daß es überhaupt möglich ist, im Schnee barfuß an einem Tau zu ziehen, oder zu marschieren, oder sonst etwas Derartiges zu tun. Vielleicht entdekken sie (so hoffe ich jedenfalls), daß Barfüßigkeit gerade im Winter besonders tough und männlich ist, und daß man so über sich hinauswachsen und seine Grenzen sinnvoll verschieben kann, ohne anderen Menschen Gewalt anzutun. Wenn der Zweck der beschriebenen Einrichtung darin besteht, das Verhalten der delinquenten Jugendlichen dauerhaft zu ändern (damit sie keine strafbaren Handlungen mehr begehen), kann dann nicht gewissermaßen als "Nebeneffekt" auch eine positive Einstellung zum Barfußlaufen dabei herauskommen?

Barfüßige Wintergrüße ohne Schnee,
Markus U.


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