In Handschellen abgeführt (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Monday, 27.08.2007, 08:45 (vor 6234 Tagen)

Seit Jahren kommt es immer wieder vor, daß ich an einem sonnigen und warmen Sommerwochenende nach Basel fahre, um dort im Rhein zu baden. Und seitdem ich häufiger barfuß bin, beschränkt sich meine Barfüßigkeit nicht auf das Schwimmen selbst, sondern ich lasse die Schuhe einfach zu Hause. So auch am vergangenen Wochenende. Am Samstag gegen 7.15 Uhr radelte ich barfuß los über den Hauensteinpaß in Richtung Basel.

Eigentlich nichts besonderes - am Anfang. Ich hatte den Basler "Aeschenplatz" hinter mir gelassen, da bemerkte ich, wie sich an der Tramhaltestelle "Bankverein" zwei Straßenbahnen (von mir ausgesehen in Gegenrichtung) aufhielten und auch so ein Stau auf den Schienen herrschte. Ein Polizeifahrzeug, das auf dem Trottoir in Gegenrichtung stand, konnte ich auch noch erkennen. Ich glaubte an einen Unfall, etwa an eine Kollision mit einem Auto. Anstatt wie geplant in die Freiestraße gerade aus zu fahren, stieg ich ab und schob mein Velo über den beampelten Fußgängerüberweg (es war grün für die Fußgänger) und dann auf dem Trottoir zurück, um mir die Art des vermeintlichen Unfalls anzusehen.

Ich rechnete mit Scherben von Autoglas, aber ich hatte keine Angst, daß mir die Polizisten was antun würden. Bei dem warmen Wetter waren zwar keine Leute ohne Schuhe auf der Straße, jedoch etliche in Flipflops. Auch waren viele Männer in kurzen Hosen unterwegs. Ein Unfallauto sah ich nicht, auch das Tram sah sehr heil aus, es mußte wohl was anderes gewesen sein. Dann verließen zwei Polizisten die Straßenbahn, dabei ein Schwarzer und ein wild gestikulierender Mann mit "Schnapsnase". Die Worte konnte ich nicht verstehen. Während das Tram weiterfuhr, sagten die Beamten irgendetwas zu dem Schwarzen, vermutlich wollten sie seinen Ausweis sehen. Der Schwarze rührte sich nicht und verhielt sich auch sonst nicht wie ein Verbrecher. Die Beamten legten ihm Handschellen an. Der andere Mann schien sichtlich erleichtert, die Worte des Beamten "Und bei Ihnen ist alles in Ordnung!" konnte ich verstehen.

Dann versuchten die Beamten, den Schwarzen zum Polizeifahrzeug zu bringen. Offensichtlich ging es den Beamten nicht schnell genug, einer versetzte dem Schwarzen einen Schlag ins Gesicht. Nicht gerade wie es Bud Spencer in den Filmen tut, eher symbolisch, aber immerhin. Ich fühlte mich an Karlsruhe erinnert, wo ich einfach so aus dem Tram geholt wurde, weil ich barfuß war und kurze Hosen trug. Zum Glück war ich nicht schwarz und ich hatte einen Ausweis bei mir. War das etwa der Grund, weshalb man mich damals ohne Handschellen auf die Wache transportiert hat? Wohl kaum. Ich weiß ja nicht, was der Schwarze im Tram gemacht hat. Dem anderen versucht, Geld wegzunehmen? Oder sonst etwas, was eine Straftat ist? Aber es kommen halt solche Vergleiche hoch.

Langsam schob ich mein Velo in die Richtung, aus der ich gekommen war. Dabei mußte ich am leeren Polizeifahrzeug vorbei. Erst jetzt registrierte ich eine zerbrochene Flasche auf dem Trottoir (ausgerechnet hier, wo doch Basel ansonsten eine saubere Stadt ist). Instinktiv wich ich aus. Dabei hatte ich nicht bemerkt, daß die Polizei es eiliger hatte als ich. Jedenfalls hörte ich eine barsche Stimme: "Passen Sie doch auf, Sie behindern den Verkehr!" "Da liegt doch Glas!" entgegnete ich. "Wieso laufen Sie dann barfuß? Das ist doch eine Zumutung für andere Leute!" rief der Beamte. "Wollen Sie mich deswegen etwa auch schlagen, so wie Sie diesen Gentleman geschlagen haben?"

Dann entfernte ich mich rasch. Ich wußte, daß DIESE Beamten genug mit dem Schwarzen zu tun hatten und sich nicht gleichzeitig auch noch um mich kümmern konnten. Die "Schnapsnase" bewegte sich in Richtung Freiestrasse, dort, wo ich hin wollte. Während ich mich auf dem linken Trottoir bewegte, wechselte er die Straßenseite. Immer drehte er sich zu mir um, dann verschwand er von der Straße in eine Auffahrt. Irgendwie war mir dieser Mann nicht ganz geheuer. Von Anfang an war mir dieser Mann unsympathischer als der Schwarze und selbst als die beiden Polizeibeamten. Nicht etwa, weil er fett beschuht war (so etwas ist für mich nie ein Grund). Mich interessierte doch, was er im Schilde führte. Daher schob ich mein Velo zurück und sah, wie der Mann mit dem Handy telefonierte. Als er mich sah, schrie er mich mit heiserer Stimme (vermutlich wegen Alkoholgenuß) an: "Sie Schwein da ohne Schuhe, verschwinden Sie hier!" Darauf meine Antwort: "Ich befinde mich hier in einer öffentlichen Straße mit so ziemlich der größten Fußgängerdichte Basels. Und ausgerechnet Sie wollen mir die Benutzung verbieten? Ausgerechnet Sie? Wenn Sie meine Anwesenheit in der Freienstraße stört, dann rufen Sie doch die Polizei, so wie Sie das bei dem Afrikaner getan haben. Solche Rassisten und Barfüßerfeinde wie Sie gehen mir auf den Geist!"

Sehr höflich war meine Antwort zweifellos nicht, aber ich war in Rage. Andererseits hielt ich es nicht für ausgeschlossen, daß der Mann wegen mir die Polizei rufen würde. Oder daß die "schlagfertigen" Beamten Verstärkung gerufen haben. Und die Wahrscheinlichkeit wäre groß gewesen, daß sie mir in der Freienstraße entgegen kommen würden. Also schob ich mein Velo in Richtung Münster, dann hinunter zur Mittleren Brücke. Dann radelte ich zum Messeplatz, zum Badischen Bahnhof, über Waldwege zum Fluß Wiese, dem ich nach Kleinhüningen folgte. Dann folgte ich dem Rhein zum Kraftwerk Birsfelden, überquerte ihn dort und begab mich zum Birskopf, dort, wo ich auch hin wollte. Hier war ich sicher, denn ich Badekleidung unter anderen in Badekleidung fiel ich hier wohl weniger auf. Ganz davon abgesehen, daß ich mich hier bereits im Halbkanton Baselland befand, nicht mehr im Kanton Basel-Stadt. Die Birs ist die Grenze. Zwar konnte ich, als ich am Birsufer stand und in Richtung Rheinbrücke blickte, als ein Zug hinüberrollte, zufällig erkennen, wie auf Basler Gebiet ein Polizeifahrzeug sehr langsam fuhr, aber das war sicher 4 Stunden später. Sicher hatte das nichts mit mir zu tun. Und wenn die Polizei nach 4 Stunden im Sommer immer noch nach einem kurz behosten Barfüßer suchen würde, dann würde es sicher nicht gerade für die Polizei sprechen.

Und wenn jemand aufgrund der Überschrift befürchtet (oder gehofft?) hat, man hätte MICH wegen barfuß in Kombination mit kurzer Hose in Handschellen abgeführt, der kann beruhigt sein: So etwas geschieht in der Schweiz nicht, zumindest nicht in Basel.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion