Wenn manche es so handhaben wollen... (Hobby? Barfuß! 2)

Jay, Stammposter, Friday, 18.05.2007, 08:50 (vor 6336 Tagen) @ Kai (Ostfildern)

Hi Kai,
ich weiß nicht, ob das, worauf ich jetzt schreibe, als Test für Nicht-streitinduzierendes Verhalten gedacht ist...
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Hallo Jay,
Du schriebst:

Im folgenden entwickle ich nun mit Ingenieur-"Denke" optimierend meine generelle Konzeptempfehlung für souveränes barfüßiges Auftreten anhand des von dir berichteten Vorkommnisses im ICE. Für mich gilt die Maxime:


1. Überangepasstes Verhalten an der Supermarktkasse, um ja nicht negativ aufzufalle

Ich weiß nicht, ob es überangepaßt ist, an der Supermarktkasse das Geld passend bereitzuhalten. Die Preise im Kopf zu addieren & den Zaster dann herauszusuchen [falls er überhaupt wirklich oder einigermaßen passend in der Geldbörse ist] ist ja kein allzu großer Aufwand und spart auch mir Zeit. Wenn ich z. B. wen an der Kasse vorlasse, weiß ich es zu schätzen, wenn er sich dafür erkenntlich zeigt, indem er wenigstens bemüht ist, seinen Warenabfertigungs- & Bezahlvorgang zügig abzuwickeln. Ich bin nicht danach süchtig, aber finde es nicht schlecht, wenn an der Kasse weiter hinten in der Warteschlange Passanten tuscheln: "Ein freundlicher & höflicher junger Mann, ich meine den, der da vorn barfuß geht..."
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2. Übertriebene Körperhygiene, völlige Verleugnung von individuellem Körpergeruch.

Diesen Punkt halte ich sogar für den allerwichtigsten, man tut als BF gut daran, seinen Körpergeruch total zu verleugnen [siehe das weitverbreitete Fußgeruchsklischee]. Riecht man nämlich tatsächlich, egal von woher und sei es auch nur schwach, hat man ein Problem - weil der BF-Gegner Recht hat, es ist eine real existierende Tatsache, daß irgendwas riecht (beweis' ihm & evtl. vorhandenen Dritten situativ mal, daß der Geruch nicht von den Füßen herstammt). Sicher möchtest auch du nicht in diese Lage geraten...
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3. Beeindrucken des Kellners/Ausspielen von Kellnern durch unmäßiges Geben von Trinkgeld.

10...15 % sind in den USA Standard, bei erstklassigem Service noch etwas mehr. Da man nicht weiß, ob im von Markus U. berichteten Fall des ICE-Bordrestaurants sich der freundliche & höfliche Kellner nur perfekt zurückgehalten hat (wenn eben seine Kollegin bereits nach allen Regeln der Kunst stänkert, Kellner sind durchaus darauf getrimmt, "appetitlich" und "unappetitlich" [ich mußte diesen 1 Wort-Kommentar zu meiner BFigkeit 1993 im "Gasthaus zur Post" in Wolnzach hören] zu empfinden), könnte es das gewesen sein, was man erstklassigen Service nennen könnte. Ob ein Trinkgeld als unmäßig oder künstlich imponierend (zu hoch kann auch als schwülstig-herablassende Beleidigung gewertet werden) gesehen wird, ist des Kellners Sache. Im Fall von Markus U. hätte ich das Trinkgeld so dimensioniert, daß der Kellner einfach zusätzlich noch so etwas wie absolute Gewißheit bekommt, daß die Anti-BF-Argumente seiner Kollegin haltlos sind.
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4. "sperrige" 100-, 200 € -Noten in der Brieftasche zu haben und dort situativ z. B. herumspielend "nach dem Rechten zu sehen"

Läßt du dir denn [Fall: Juchz(Wien)] von einer alten Schachtel sagen: "Gesindel, das sich nicht mal Schuhe kaufen kann"? Ist das persönliche Souveränität? Ganz falsch wäre natürlich, zurückzubrüllen a 'la "ich verbitte mir das!"
U. U. hätte man in dieser Situation auch gar nichts machen können - mit "situativ" meinte ich, daß sich das Spiel nur aufführen läßt, wenn z. B. eine Parkbank o. dgl. zur Verfügung steht, auf die man sich "rein zufällig" niederläßt, um 'mal "nachzusehen", und man lächelt ihr dann huldvoll-mitleidserfüllt zu, evtl. mit dem Kommentar: "ich hab' übrigens noch viel mehr davon". Der Fall brachte mich auf die Idee, mich einmal mit der Kürschnerei zu befassen, weil alte, schrullige, etikettebewußte Frauen oft auf so etwas abfahren. Man kann dann ggf. sagen: Was wollen´s denn, Sie haben ja gar keinen [Nerz/Zobel/etc.] an, sondern nur...[z. B. ein Imitat]...das hat maximal XXXX gekostet (man signalisiert Pelz-Expertenwissen. Wem Bluff nichts ausmacht [ich mag ihn nicht], fügt hinzu: Gestern hab ich für meine Freundin einen ... gekauft), da ist sie platt. Fast sollte man dann noch 'draufsetzen: "Ich kann es mir leisten, auf Schuhe zu verzichten. Sie nicht." Dann versteht Frau Alzheimer die Welt nicht mehr.
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Ich bedauere Dich ja sehr, dass Du soviel Zeit und Energie damit verschwenden musst, Dich auf Konfrontationen mit Barfußgegnern vorzubereiten und dabei auf solche Ideen kommst.

Eventuelles Mitleid hat übrigens keine Grundlage. Das ganze System ist nicht durch ständiges nervendes Durchwalken von Gehirnschmalz entstanden, sondern einfach im Laufe von fast 33 Jahren Barfuß-Lebenspraxis [mit Winter-Interrupts] "gereift", ich empfand es nicht als zeit- & kräfteraubend.
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Mit etwas Selbstbewusstsein (und vielleicht etwas geringerer "ingeneurmäßiger Denke" ließe sich all dieser Popanz vermeiden und ein ganz normales barfüßiges Leben führen.
Kopfschüttelnd
Kai
Künstliches, zwanghaftes Verhalten, ständig auf den Anderen achten und diesen beeindrucken wollen ist exakt das Gegenteil von persönlicher Souveränität.

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Selbstbewußtsein ist bei mir vor allem Selbstrealismus, d. h. ich weiß genau, was ich kann (das erzeugt dann bei mir Selbstsicherheit) & was ich nicht kann. Ich betrachte mein BFiges Leben als ganz normal, zufällig ist es derzeit das Leben eines Bohemiens (da gab es auch schon ganz andere Abschnitte, 2001 war ich fast pleite, meine finanzielle Situiertheit unterliegt enormen Schwankungen). Wenn ich heute meine BFigen Schritte aus der Privacy hinauslenke, geschieht dies übrigens sehr entspannt, locker & natürlich, es ist nicht so, daß ich jede andere Person im Fadenkreuz oder auf einem Radarscreen habe. Allerdings darf ich sagen, daß der bekannte Vorspann bei James Bond-Filmen realistisch ist, dasselbe Behaviour Pattern ist auch bei mir zu haben. Barfußgehen in der Öffentlichkeit ist ein hervorragendes situatives Intelligenztraining. Man lernt, wohlüberlegt & ggf. blitzschnell zu handeln, sei es z. B. auch nur beim BFigen Betreten eines Nobelrestaurants. Wenn ich BF-Gegnerisches in mein "System" rennen lasse oder blöd zurückrede, tue ich dies ohne große geistige Anstrengung, weil ich - wie ich schon oft schrieb - im Wesentlichen auf ein bereits im Hirn vorgespeichertes Repertoire zurückgreife. Der ultraschlagfertig rotzfrech zurückredende tolle Typ bin ich gar nicht so sehr, ich hab' eher einen autistischen Einschlag.
Persönliche Souveränität kann bei einem BF-Geher bedeuten, daß ihm andere Personen einfach wurscht sind. Das ist auch bei mir letzten Endes der Fall. Einigen wir uns darauf, daß die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt. Es gibt einen quantitativ definierbaren Grad, ab welchem es jemandem nicht mehr wurscht ist, wie andere Personen reagieren. Zu deinem obigen Punkt 2 "Übertriebene Körperhygiene" mag der eine sagen: Ja mei... (ist er dann souveräner, als derjenige, der Deospray benutzt?) und dann gibt´s noch Perfektion in Form von teils Beseitigung (Vernichtung der schweißzersetzenden Bakterien), teils Kaschierung mit dem erwähnten optimalen Komplementärgeruch.
Persönliche Souveränität ist außerdem schwer zu definieren (dann müßte aus deiner Sicht bei Politikern & hohen Industriemanagern die persönliche Souveränität = 0 sein, weil sie ja wie irrwitzig sogar von zahlreichen Beratern permanent darauf schauen lassen, wie sie auf andere wirken, mit etwas anderem beschäftigen sie sich ja fast gar nicht, ihre Entscheidungen treffen in Wirklichkeit oft ebenfalls Berater), ferner hat sie viele persönliche Facetten. Ich könnte mir vorstellen, daß du - als Familienvater - das Wort "asozial" auf deine BFigkeit vielleicht doch nicht so ganz gerne hörst, mir macht dieses Wort z. B. nichts aus. Aus Gründen, die jetzt viel zu lang werden würden, zaubert es mir sogar oft ein leichtes, leuchtendes Lächeln aufs Gesicht.
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... kleiner Nachtrag. Der Titel des Beitrags "persönliche Souveränität" ist natürlich durch die von Jay genannten Beispiele völlig ad absurdum geführt worden.

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Echt? Die Menschen sind wohl verschieden. Einigen wir uns darauf, daß es bei uns 2 Barfußmenschen wahrscheinlich sehr unterschiedliche Dinge gibt, die den einen auf die Palme bringen & den anderen gar nicht und umgekehrt. Sollten wir das evtl. auf dem Streetlife-Festival in München einmal durchdiskutieren? Kommt auch jemand von der Admin?

Freundliche barfüßige BMW-Fahrergrüße, Jay (dieses 4rad fahre ich primär wg. dem angenehmen Fahrfeeling & -handling & um schneller von A nach B zu kommen)


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