BF & persönliche Souveränität (Hobby? Barfuß! 2)

Jay, Stammposter, Thursday, 17.05.2007, 08:15 (vor 6337 Tagen) @ Markus U.

Hi Markus,
dies ist in Wirklichkeit in "BF-philosophischer" Hinsicht ein sehr schwieriges Post, sodaß es nicht verwundern darf, wenn bislang kaum etwas "draufgeschrieben" wurde. Eine mir äußerst wichtige Nebenbemerkung @ all: Wenn ich mich zu einem - auch aus Sicht der allgemeinen HBF-Userschaft - offenkundig interessanten/wesentlichen Post- oder Replikenbeitrag NICHT äußere, BESAGT DAS in meinem Fall GAR NICHTS. Es darf keineswegs dahingehend gewertet werden, daß ich den Beitrag "links liegen" lasse, weil ich davon nichts hielt (während "paradoxerweise" zu beobachten ist, daß ich auf 'Belangloses' [sei das nun berechtigt oder nicht] reagiere). Das kann einfach daran liegen, daß mir zu 'Höherem' grad' nichts einfällt - es ist ein Unterschied, ob man sich spätabends nach einem äußerst stressigen Arbeitstag - er wird nicht weniger stressig, wenn man ihn barfuß verbracht hat, man erleichtert sich nur die "äußeren Umstände" (so wie ich mir Kragenhemd & Schlips & den dadurch bewirkten dunkelrot aufgescheuerten Hals erspare) - mit schwierigen teils [barfuß-]philosophischen, teils [BF-]psychologischen Fragen befassen muß oder sich "nette" BF-Alltagsreports 'reinzieht (@ Descalzar: Danke für "Schokolade", ich war sehr happy über diese nächtliche Entspannungslektüre, das Forum bräuchte mehr in diesem Stil). Eines ist mir schon seit geraumer Zeit klargeworden: Schreiberische Aktivitätspausen zum Refresh der eigenen Kreativität sind Gold wert...ich hatte es eigentlich für diesen beruflich völlig überlasteten Monat vor.
Es gibt viel zu tun. Arbeiten wir´s ab:
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Hi zusammen,
gestern habe ich einen kleinen Ausflug nach Eßlingen gemacht und Franz (S) besucht (herzliche Grüße an alle, die ihn mögen).

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Grüße auch von mir zurück (schade, daß er so selten schreibt).
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Meine Beobachtungen auf der Fahrt möchte ich zum Anlaß nehmen, um ein bißchen über die Wirkung der Barfüßigkeit auf andere Menschen nachzudenken. Jeder hier hat ja hierzu seine speziellen Erfahrungen, die ja immer jeweils ganz von der Situation, der Struktur ders gegenübers sowie der eigenen Persönlichkeit abhängen. Bei mir ist es so, daß ich meine Barfüßigkeit inzwischen als den "Normalzustand" und Schuhe als Beeinträchtigung empfinde. Daher denke ich gewöhnlich auch nicht darüber nach, daß ich barfuß bin, werde aber hin und wieder von meinen Mitmensche daran erinnert. Als ich auf der Hinfahrt im Speisewagen des ICE saß und eine Kleinigkeit verzehrte, wurde ich von einem Kellner nett & höflich bedient, während seine Kollegin offenbar eine Giftziege war, denn als der Zug sich allmählich Stuttgart näherte, hörte ich sie plötzlich keifen: "Hat der sich inzwischen die Schuhe wieder angezogen?" "Der hat, soweit ich sehen konnte, gar keine Schuhe dabei." "Wahrscheinlich hat er nicht einmal Geld dabei. Unverschämtheit!" "Er hat bereits bezahlt." (Der geschilderte Dialog spielte sich zwischen dem Kellner, der mich bedient hatte, und seiner giftigen Kollegin ab. Weil sie sich dabei in ihrem "Kabuff" befanden, konnte ich die beiden auch nicht sehen, sondern nur hören.) Hier begegnete mir also das Vorurteil, daß jemand, der echt barfuß, also ohne Schuhe reist, wahrscheinlich kein Geld und vermutlich nicht einmal eine Fahrkarte besitzt, so daß man ihn am besten gleich vorbeugend rausschmeißt.

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Hier gelten eigentlich Strukturen, die ich als Grundregel pauschal für jene empfehle, die am Arbeitsplatz beispielsweise wg. BFigkeit gemobbt werden (sodaß ich das jetzt auch an Jerry2 nachhole): Es gibt Menschen, in deren Gehirnen bestimmte Programme einfach pauschal ablaufen, so wie sich der Coloradokäfer auf Kartoffelfelder stürzt, um sie leerzufressen, so gibt es durch nichts veränderbare Anti-Barfuß-Psychopathen, die je nach Situation etwas differenziert, per Sprachoutput ihre Gehirnspeicherinhalte 'rauslassen (zuerst BF-neurotisch, glaubte aber immer noch, du hättest Schuhe dabei & wärst bloß temporär BF, dann die Gleichung [Keine Schuhe dabei] = [Kein Geld dabei] = "Unverschämtheit" - diese Stil- & Etikettetante scheint gar nicht zu wissen, daß das Speisewagenpersonal jeden 'zechprellenden' Gast sogar quasi festnehmen kann, bis am nächsten Haltepunkt schlimmstenfalls die Polizei zwecks zwangsweiser Feststellung der Personalien eintrifft). Diese Menschen interessieren mich überhaupt nicht - wohl aber optimiere ich die Situation ingenieurmäßig. Es gibt sie einfach, die BF-Gegner - so wie halt eben im Winter draußen weiße Sch... & Glatteis 'rumliegen. Noch kurz zu Mobbing: Um mobbingresistent zu werden, besteht der 1. Schritt darin, zu differenzieren: Zwischen dem Theaterstück, das die mobbenden Kollegen mit dem Gemobbten aufführen (genau als solches muß man es sehen, dann wird es psychodimensional unwirksam, sie machen es eben einfach PAUSCHAL so, so wie morgens die Sonne aufgeht - unabhängig davon, ob man im Beruf oder allgemeinmenschlich als barfüßiger Typ IN DER WIRKLICHKEIT gut oder schlecht ist) - & eben dem Realteil (der kostet allerdings zusätzlichen Aufwand wie Schutz vor Sabotage an Arbeits"werken", Verzerrung des Leistungsbildes etc. beim Chef, ich möchte wg. off-topic nicht näher darauf eingehen, die Fa., deren Führungskräfte so etwas zulassen, kann man sowieso in der Pfeife rauchen). Zurück zum Thema: Barfußgegnerisches, genaugesagt, Barfuß-Nicht-Neutralität, gründet sich im Wesentlichen auf 3 Features:
1. Die Hygienedimension - ein "unappetitlicher, schmutziger" Körperteil wird freigelegt. Die Zerstörung des ["Käse"/"Stinke"]fußklischees ist denn auch die primäre & vordringlichste Aufgabe jedweder Öffentlichkeitsarbeit. Der Rest ist dann nur mehr irreal & ideologisch - während eben [leider] nicht geruchsneutrale Füße bei nicht wenigen "gewöhnlichen" Nicht-BF-Zeitgenossen real sind.
2. Überkommene Retro-Stil- & Etikette-Traditionalismen (ich weise darauf hin, daß in jedem Science Fiction-Film von Format Kragenhemd, Jackett & Krawatte bzw. Äquivalentes bei Damen abgeschafft ist, man trägt meist bequeme Pullover oder Shirts) bzw. "Moralismen" (fehlende Respektsbezeugung vor irgendwem oder der Gesellschaft allgemein durch Nicht-Schlips & Nicht-Schuhe... "Unhöflichkeits"-"Schuld"bewußtseinserzeugung), die man uns jetzt wieder als ultramodern und "in" verkaufen will;
3. Armutsdimension

Im folgenden entwickle ich nun mit Ingenieur-"Denke" optimierend meine generelle Konzeptempfehlung für souveränes barfüßiges Auftreten anhand des von dir berichteten Vorkommnisses im ICE. Für mich gilt die Maxime:
x Man sei ein ehrenwerter barfüßiger Gentlemen (oder im Falle anderen Geschlechts eine ehrenwerte barfüßige Lady) mit unauffälligem, aber ÜBERLEGENEN Verhalten. Ich möchte das als Erweiterung zu Descalzar´s Thesen "So sammelt man als Barfußläufer Pluspunkte" verstanden wissen. Ein paar kleine Beispiele:
xMan kauft BFig im Supermarkt ein. Man hat sich an einer Kasse angestellt, an der es wieder einmal mit irgendeiner Kreditkartenauthentifizierung hakt & jemand den ganzen Betrieb aufhält. So etwas darf einem BF niemals passieren, alles derartige muß perfekt funktionieren. Um fit zu bleiben, habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, die Preise der gekauften Waren im Kopf zu addieren und das Geld (während ich in der Warteschlange stehe) im Portemonnaie nach Möglichkeit passend zusammenzusuchen. Obwohl ich natürlich nicht weiß, ob ich besser oder freundlicher aussehend oder charismatischer als Descalzar bin, kann ich den von ihm beschriebenen Kaufhaus-Freundlichkeits-Erzeugungseffekt Barfüßern gegenüber bestätigen; es geht mir oft so, mit wenigen Waren an der Kasse vorgelasen zu werden. Kann ich dann sagen: "Danke, Sie verlieren keine Zeit dadurch" und den Betrag passend an die Kasse legen, macht die Geschwindigkeit, mit der mein Einkaufsvorgang vonstatten geht, in der Sicht des "Publikums" etwas aus. Besonders die Person, die mich vorließ, wird es positiv verbuchen (seit der Entdeckung von LSD weiß man, daß jede einzelne Sekunde im Leben eines Menschen im Gehirn gespeichert wird, nur kann man nicht so ohne weiteres darauf zugreifen).
xHygienedimension: Ich empfehle jedem BF, darauf zu achten, auch in Sachen "allgemeiner Körpergeruch" absolut geruchsneutral zu sein, zuviel Deodorant wirkt aufgesetzt. Irgendwelche Gerüche aber (man kann sich bei dieser Wahrnehmungsdimension besonders leicht etwas nicht Vorhandenes einbilden) könnte man tatsächlich in die Füße geschoben bekommen! Es gibt ein Geruchsoptimum für BFs: Den etwas herben Duft nach total frischer Wäsche, den z. B. die sog. "aprilfrischen" Waschmittel haben - diese Substanz wäre das optimale Deospray für BFs, weil es der Komplementärgeruch zu Schweiß & "Käsigem" ist (ich glaube, dieses Prinzip hat erstmalig der französische L'Oreal-Konzern erforscht).
xBF-Gegner gegen andere voll ausspielen. Deswegen gibt es bei mir bei freundlichen Kellnern nur amerikanische Trinkgelder, dann steht in deinem Fall seine giftige Kollegin dumm da.
xArmutsdimension: Zu Psycho-K.O.schlagstrategien (werden meist von Superschwergewichts-Weltmeistervätern an ihre barfüßigen Söhne weitergegeben) hole ich jetzt noch nach, was ich terminbedingt an Juchz(Wien) nicht schreiben konnte (berichtete von einer alten Frau, die sich lautstark über "Gesindel, kann sich nicht 'mal Schuhe kaufen" verbreitete): Accessoire-Spielereien wie die bekannten nobel-preisigen Armbanduhren & Feuerzeuge [bzw. deren Imitate] will man weder ständig mit sich 'rumschleppen, noch kann eine alte Frau irgendwas damit anfangen. Trotz aller Risiken ist es jedoch zweckmäßig, einige "sperrige" 100-, 200 € -Noten (500er wirken ggf. übertrieben) in der Brieftasche zu haben (& wenn´s das letzte Geld ist, was man hat), dort situativ z. B. herumspielend "nach dem Rechten zu sehen" oder auch im vorliegenden Fall zu bezahlen. Viele reden von "Ethik" und "moralischen Werten" (wie z. B. auch ordentliche Kleidung & Beschuhung) - nur: noch nie war Geld ein derartiger Fundamentalparameter menschlichen Daseins wie gegenwärtig. Banknoten kennt auch der dümmste vergreiste BF-Gegner. Passender Kommentar ggf. in etwa: Warum sollte ich diese schönen Dinger - bloß für Schuhe - weniger werden lassen? Der BF-Gegner rennt bei mir in ein komplett zubereitetes Abwehrsystem, nicht grundlos prägte man für mich den Spitznamen "Barfuß-Außerirdischer", weil darin die Verhöhnung & Verulkung menschlicher Gefühle eine wesentliche Rolle spielt.
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Als ich mich spätabends auf der Rückfahrt befand, waren zwischen Eßlingen und Stuttgart viele Jugendliche in der S- Bahn. Als ich durch den Wagen ging, um mir einen Platz zu suchen, hörte ich verschiedentlich etwas wie "barfuß" und "ohne Schuhe", was sich zweifellos auf mich bezog, aber weiter nix Besonderes.

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Damit mußte man unbedingt rechnen, da die heutige Generation bis ca. 20 restlos schuhfixiert ist, um "Nike" & "Reebok" "rankt" & in samstagspätabendlicher Diskotheken- & allgemeiner Freizeitlaune nicht ganz schweigen wird, wenn jemand gänzlich auf das Stilmittel "Schuhe" verzichtet...
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Im Stuttgarter Hauptbahnhof waren etliche Polizisten, die mich nicht beachteten; ansonsten bemerkte ich nur einzelne verwunderte Blikke, und auch als schließlich eine größere Menge besoffener Fußballfans angegrölt kam, geschah nichts weiter (ich hatte allerdings als Vorsichtsmaßnahme meinen entschlossenen Blick drauf).

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Das war auch genau richtig. Ich unterstreiche nochmals, daß dieser wirklich geeignet ist, speziell BF-Gegnern das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. Das hab' ich mit meinem nichtssagenden 0815-Gesicht leider nicht zur Verfügung. Bislang bin ich von alkoholisierten Fußballfans immer in Ruhe gelassen worden, ich könnte mir vorstellen (da man anhand von Wimpeln & Abzeichen schnell sieht, auf wessen Seite sie stehen), bei Bedarf ein paar zynische Äußerungen oder schmutzige Witze in bezug auf den jeweiligen Gegner (TSV 1860 München bei 1. FC Bayern-Typen & umgekehrt) loszulassen & schon müßte man einigermaßen akzeptiert sein & bekommt evtl. zusätzlich Bier angeboten. Bei Neonazis dürfte es sehr viel schwieriger sein - ob man mit kundigen Zitaten aus Führer´s "Mein Kampf" Eindruck schinden kann? Barfuß kommt darin nicht vor - der Führer schrieb aber öfters von einem "gesonden, schönen Körrperr, den jäderr mätthelfenn kann zo bildenn!!!" Bei den alten Germanen galten lange Haare zusätzlich als Symbol äußerster Würde...Ich weiß, es ist profillos, bloß kann´s im Fall des Falles lebensrettend sein...
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Die nächtliche Fahrt mit dem Zug nach München verlief ereignislos, ebenso die Fahrt mit der letzten, ziemlich vollen Münchener U- Bahn und schließlich auch die Wanderung durch nächtliche stille Straßen zu meinem Domizil (es fuhr kein Bus mehr).
Alles in allem also eine angenehme, völlig unspektakuläre Reise, die eigentlich kaum einen Bericht lohnt, ein Stück meines Barfuß- Alltages halt. Andere, wie beispielsweise Michael aus Zofingen, erleben auf ihren barfüßigen Reisen spannende Abenteuer und gerdezu sensationelle Reaktionen ihrere Umwelt, wovon ich gern lese und was ich auch durchaus für glaubwürdig befinde, aber darüber, daß ich dergleichen selbst nicht erlebe, bin ich kein bißchen neidisch, sondern lobe mir vielmehr das völlig Unspektakuläre an meiner Barfüßigkeit (vielleicht paßt barfuß zu mir ja besonders gut?), was ich mit niemandem tauschen mag.

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Es ist eine gemein schwierige Frage, die in einem eigenen Post behandelt werden müßte, zu wem BF evtl. besonders & zu wem es evtl.weniger paßt. Chronologisch war´s in meiner Jugend so, daß BF in den 70ern fast nur bei LH, Hippie & niemals winters vorkam, während das ja jetzt reichlich anders ist. Wie man gesehen hat, ist die Vielfalt der einzelnen BF-Gesamttypen in diesem Forum enorm. Bei der allgemeinen Leserschaft möchte ich mich für die unvermeidbare extreme Länge dieses Replikenbeitrages entschuldigen.
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Barfüßige, ganz unspektakuläre Sommergrüße,
Markus U.

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"Derr toittsche Volkskörperr, seine Volksgenossinnen und Volksgenossen haben gesonde Füss-se zo haben!!! Äch befähle daherr: Äs ist im gesammtenn Rreichsgebiett mät Ausnahme zwängender Ärfordernisse stäts barr-foss zo gehen!!! Wir brauchen Läderr ond andere Schohmaterialien fürr Panzerr ond Kanonen!!!!"
Könnte man das vom Führer zitieren, wären Neonazis für BFs weit weniger gefährlich. Trotzdem wäre ich kein Anhänger dieser Ideologie.

Barfüßige Grüße an diesem verregneten, gar nicht sommerlichen Tag, Jay


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