auch in den zwanziger Jahren (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Monday, 19.03.2007, 23:41 (vor 6396 Tagen) @ Mike S

Gegen Ende des 1. Weltkriegs wurden im Deutschen Reich gewisse Rohstoffe knapp, darunter (Schuh-)Leder. Als Folge davon riefen die Studentenschaften von Leipzig, Breslau und Würzburg die Studenten dazu auf, barfuss zu gehen, um die Lederbestände zu schonen. Dieser Aufruf stiess aber nur auf mässigem Erfolg.
Gruss
Mike

Hi Mike,

in dem Buche von Jürgen Mirow, Geschichte des deutschen Volkes, Parkland Verlag, Köln 1996, heißt es auf S. 826:

"Im Ersten Weltkriege setzte eine deutliche Verarmung breiter Bevölkerungsschichten ein, die bis 1923 anhielt. Der durchschnittliche Fleischverbrauch pro Kopf betrug 1923 im Deutschen Reiche nur noch gut die Hälfte des Wertes von 1913.
Bei den Unterschichten war Unterernährung verbreitet und der Speiseplan weitgehend auf Kartoffeln, Schmalzbrote und trockenes Brot reduziert. Ihre Kleidung zerlumpte zunehmend. 1921 ergab eine Umfrage unter Volksschülern in Hamburg, daß nur 30 Prozent der Schüler ein zweites Paar Schuhe und nur 44 Prozent ein zweites Hemd zum Wechseln besaßen. Manche Eltern schickten ihre Kinder ohne Schuhe zur Schule oder hielten sie sogar aus Mangel an ordentlicher Kleidung ganz zu Hause."

Und im "Katholischen Volks- Katechismus" von Franz Spirago, 10. Auflage, Prag 1926, heißt es auf S. 475:

"Arme Leute können aber anstandslos barfuß in die Kirche kommen."

Beide Beispiele zeigen, daß in den zwanziger jahren des vorigen Jahrhunderts Barfüßigkeit aus Armut weitverbreitet war - ein Umstand, der als Vorurteil bis heute nachwirkt und das Barfußgehen in den Augen gewisser Kreise ein Stückweit diskreditiert.

Barfüßige Frühlingsgrüße,
Markus U.


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