Carpe diem (Hobby? Barfuß! 2)

Jay, Thursday, 18.01.2007, 08:36 (vor 6457 Tagen) @ aquajeans

Hi!
Taipeh (Hauptstadt des übrigens äußerst BF-freundlichen Taiwans)...

Bin sehr erstaunt über diesen Satz. Ich selbst war selbstredend noch nie in Taiwan, habe aber Freunde, die als Piloten bei einer CARGO Airline arbeiten, und regelmässig dorthin müssen.
Sie beschrieben mir die Insel als industrialisiert, total versmogt und unvorstellbar hektisch.
Selbstverständlich ist die Sicht des Piloten, der eine Nachtschicht durchfliegt, in Taiwan in ein Hotel gekarrt wird, dort eine Mütze Schlaf kriegt, und dann über Alaska wieder zurück nach Europa muss, nicht unbedingt von Symphatie für den Ort geprägt, und über BF -freundlichkeit denkt er schon gar nicht nach: er muss ja in Uniform und gewienerten Schuhen rumlaufen.
Basiert der Satz auf Deinen persönlichen Erfahrungen, und wenn ja, welchen ?
MfG
aquajeans

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Hi aquajeans,
zunächst zur abschließenden Frage: Ja. Allerdings ist das der Stand der Dinge von November 1991 (KONTRON ließ dort von der PHIHONG Corporation in Sanchung City, einem Industrie-Stadtteil von Taipeh [County altogether damals: 13 Mio. Einwohner], von mir entwickelte Elektroniksachen fertigen), ich war seither nie wieder dort, habe allerdings gute Connections dorthin und würde mich riesig freuen, wieder mal dort zu sein. Jedoch: Taiwan ist eine chinesische Spielzeugausgabe der USA. So werden es dir auch deine Pilotenfreunde beschrieben haben: Alles ist dort von den Amerikanern abgekupfert, sie benutzen dieselbe "Elektrizität" (110 V AC, 60 Hz), dasselbe TV-System (NTSC), dieselben Lichtschalter, Steckdosen, Telefone, Hotel-Emergency-Lights, Gebäude- u. Städtebauprinzipien, Kernsprengkopf-Kurz- & Mittelstreckenraketen (angesichts der gewaltsamen Rückannexions-Drohungen der VR China), kurz, es scheint so, daß sie wg. der ständigen chinesischen Festlands-Bedrohung alles von den Amerikanern geschenkt erhielten.
"USA-abgekupfert" heißt aber auch, daß es BF-mäßig HEUTE so sein kann wie jetzt in den USA, vor 16 Jahren war es nicht im geringsten so. Im "First Hotel" (das ist übrigens ein relativ schlichtes Mittelklassehotel inmitten der City, nicht zu verwechseln mit dem "Grand Palace Hotel" oder dem "Ambassador") wurde ich ständig für einen Rockmusiker gehalten und die holde (übrigens wunderschöne) taiwanesische Weiblichkeit lag mir zu Füßen. Das "First" hatte 2 Speisesäle (mit super angenehmem US-Teppichboden), einen für "Chinese", und den anderen für "Western" Food.
Das wußte ich ursprünglich nicht, und so versuchte ich (am Abend nach dem spätnachmittäglichen Check In noch Quasi-BF in den Clogs) mit Stäbchen essen zu lernen, was (trotz Unterstützung wie durch Eltern) nicht gelang. Am nächsten Morgen frühstückte ich dann im "Maxim´s" (so hieß der Saal für "Western Food") BF in Adiletten, ließ sie unter dem Tisch gleich liegen und ging als Experiment, um was nachzulegen, BF zum 10 m entfernten Buffet. Nichts passierte, und danach gab´s mich im "First", im Taxi zu PHIHONG und bei PHIHONG selbst (immer mit der Politik der kleinen Schritte, einfach Adiletten mal "versehentlich" abgelegt) nur noch BF. Ständig wurde ich nunmehr noch stärker für einen Künstler gehalten, mit meinen Beteuerungen "Engineer" wohl Ingenieur, der irgendwelche Art Works erstellt oder betreut. So manches war anders, als man vermuten würde. Am Vorabend vor dem "Independence Day" oder wie das hieß gingen wir (eine R&D-Division von PHIHONG, der F&E-Chef Jerry Wu und ich, natürlich BF) in den Mongolian Barbecue, und Mr. Wu soff mich mit Sake (den haben nicht nur die Japaner) unter den Tisch (glücklicherweise konnte ich mich dann an den Folgetagen im "First" ausschlafen). Passiert ist viel, es war hyper Klammer zum Quadrat. Man ist als "Nicht-Schlitzer" in Taipei natürlich eine auffällige Sondererscheinung, auch wenn dort genug Amerikaner etc. 'rumlaufen, aber ich vermute, daß meine zwar legeren, aber gepflegten Klamotten und vor allem mein LH mir den Rockmusikerstatus verschafften, der mit BF halt eben einfach eine Laune hat. BFige Taiwanesen habe ich nirgendwo gesehen. Ich könnte mir vorstellen, daß es einfach mit extremer Armut assoziiert würde und glaube beobachtet zu haben, wie man bei mir darauf stierte, eben ALLES ANDERE ALS ZERLUMPT
'rumzulaufen. Vermutung: "Rundaugen" scheinen einen Sonderstatus zu haben, weil sie viel Geld im Land lassen, dort investieren und können sich viel erlauben. Auch LH bei Männern habe ich auf Taiwan nie gesehen. Denkbar, daß das Theater mit BF bei einem Einheimischen groß ist. Sofern keine Manager, sind alle BF in Flipflops und sie scheinen sehr darauf fixiert zu sein, niemals von diesen getrennt zu werden. Sie wirken in dieser Hinsicht immens diszipliniert - es kommt höchstens vor, daß sich jemand per horizontalem 'Rausschlüpfen' nach hinten max. 1 cm von der Fuß-"Sollposition" in ihnen entfernt, wie z. B. bei in der Produktion sitzenden Bestückerinnen zu sehen war.
Selbst wenn ich Dias zur Verfügung hätte, wäre ein Reisebericht höchstens im eine ganze Nacht langen persönlichen Gespräch oder "Vortrag" bei einem BF-Megatreffen möglich, keinesfalls in diesem Forum. Es war von Oktober 1989 (mein erster Taiwan-Aufenthalt) bis 11/1991 so:
* Außer Managern (die hatten aber häufig irgendein offenes Kragenhemd, irgendeine Hose und Slipper-Halbschuhe an, schmissen sich aber völlig "in Schale", wenn ein "Rundauge" [westlicher Besucher] kam, so war's auch bei mir, ich war eben mit neuer Jeans, neutralem hellblauem T-Shirt und zurückhaltendem Quasi-BF in den Clogs eine Überraschung und wir freundeten uns wg. 'Unkompliziertheit' blitzschnell an) liefen alle Taiwanesen BF in Flipflops. Im Sommer ist BF auf dem relativ hellen Straßen- & Gehsteigplattenasphalt bei Sonnenschein & ca. 45 - 50° C unmöglich.
* "Industrialisiert": Ich kenne nur die Capitol City Taipei und die andere große Fernost-Silicon Valleystadt Kaohsiung. Beide sind natürlich nur Industriegebiet, das Landesinnere von "Formosa" (so der portugiesische [Kolonial-]Name: Schöne Insel) habe ich nur flüchtig gesehen: Es ist wunderschön.
* "Total versmogt": Ja. Umweltschutz ist (zumindest, als ich dort war) ein unbekannter Begriff, interessiert überhaupt niemanden. Vollkommen wurscht, ob der ohnehin schon 'umgekippte' Tanshui-River durch die Kanaldeckel-Ritzen in Taipei seine Salzsäure- & Trichlortriflouräthan-Nebel warf...Er verläuft durch die City nicht offen und hat die Funktion eines Industrieabwasser-Wegspül-Kanals. Der Verkehr in Taipei und Kaohsiung ist natürlich gigantisch, viele Taiwanesen (alle BF in Flipflops) fahren (genaugesagt fuhren vor 15 Jahren) mit Zweitaktmotorrollern ähnlich wie der Vespa 'rum, die ihr blaues Gemisch in ungeheuren Mengen in die Luft bliesen.
* "Unvorstellbar hektisch": Ja, aber nicht stressig im "nervigen" Sinne. Action herrscht natürlich gewaltig und Chinesen sind in allen ihren Handlungen rasend schnell, ob sie nun ihre Hieroglyphen aufs Papier werfen (wenn man das einmal gesehen hat, wie ein Chinese schreibt, ist man platt), Schaltungen zusammenlöten, Buildings aus dem Boden stampfen oder sonstwas. Was deren Leistungsfähigkeit anbelangt: Eine gefährliche Nation! Ich hab' auch schon Vorlesungen und Seminare über ausgewählte Elektronikkapitel in Taipeh gehalten - die grotesk schnelle Lernfähigkeit dieses Menschenschlages ist - ich sage es offen - beängstigend. Action scheint vor allem auch darin zu bestehen, daß man nicht ständig irgendeinen ökologisch oder sonstwie bedenklichen Pfurz bei irgendwelchen Obrigkeiten oder sonstwo genehmigen lassen muß. Es gibt in Unternehmen nicht viele Hierarchiestufen, die Macht eines "Leitenden" ist allerdings enorm.
So. Ich hoffe, daß der Anteil an Off-topic-Inhalten noch erträglich war, aber anders waren die Reizwort-Fragen nicht beantwortbar. Weiteres zu der Sache ist nur auf einem größeren BF-Treffen (kommt heuer in München der große Event?) möglich, persönliches Meeting unbedingt sinnvoll.
Am besten nimmst du wiederum einen Datenabgleich der hier gemachten Angaben mit deinen Pilotenfreunden vor; man sollte hier selbstverständlich auf dem Laufenden sein, wie die gegenwärtige Lage auf Taiwan in Sachen BF ist. Ich befürchte, daß sich - analog zu USA - viel geändert hat.
MfBFG
Jay


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