Das "Provokante" am Barfußlaufen (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Friday, 24.11.2006, 12:00 (vor 6512 Tagen) @ Jay

Hi Jay,

auch wenn ich nicht Lorenz bin, antworte ich mal.

Hi Lorenz,
weil sich das bei dir so ein wenig zwischen den Zeilen liest, darf ich zunächst einmal sagen, daß auch ich mich, wenn ich BF in der Öffentlichkeit gehe, eines absolut unauffälligen Verhaltens befleißige. Clowneske Darbietungen, auffällige Mimik, Gestik & Körpersprache wird man bei mir vergeblich suchen.
Ich hab' mir deine Page und dein Foto angesehen. Nun, du bist ja äußerlich ein Gentleman und wirkst auf jeden Fall wie ein Vorstands- oder Aufsichtsratvorsitzender im Freizeitdress, auf jeden Fall seriös, finanziell wohlsituiert und gebildet. Dagegen bin ich halt ein schlabbriger Hippie (stell' dir einfach den einstigen Tenniscrack Björn Borg in jungen Jahren, ohne Stirnband mit frei herunterhängender Mähne, in Jeans u. T-Shirt, ggf. Lederjacke und halt eben einfach BF vor, dann hast du praktisch mich).

Viele Menschen sind leider oberflächlich, urteilen nach dem ersten (visuellen) Eindruck und stekken das, was sie sehen, in eine ighnen bekannte Kategorie. Lorenz provoziert duch seine Barfüßigkeit wirklich nicht, weil er eben ansonsten so seriös wirkt, einen sehr ordentlichen Beruf hat und wohl auch sonst aktiv am Leben der Gemeinde (kommunal & kirchlich) teilnimmt (hoffentlich hab ich jetzt nix Falsches behauptet). So jemandem sieht man die Vorliebe fürs Barfußlaufen als "persönliche Makke" nach, so daß er zumindest in seiner gewöhnlichen Umgebung keine Schwierigkeiten damit hat (daher wohl auch Eure diametral entgegengesetzten Ansichten zu "entspanntem Barfußlaufen in Oberbayern"). Mit einem hippiehaftem Äußeren kann man gewisse Spießer dagegen immer noch aufregen ("Wenn es nur die langen Haare wären, aber..."), und dann ist die Barfüßigkeit nur das i- Tüpfelchen bzw. der Auslöser einer Reaktion (gewissermaßen "die Provokation der Provokation"). Eines besonders provokanten Verhaltens bedarf es da gar nicht erst.
Möglicherweise hängt es auch damit zusammen, daß etliche Menschen mit so einem im Alltage nix zu tun haben und, weil ihnen eine inhaltliche Auseinandersetzung zu mühsam ist, auch nix zu tun haben wollen. Rumzugiften und sich provoziert zu fühlen ist nämlich alleweil leichter.

Wer ganz einfach und ohne Aufhebens barfuß läuft, eckt dagegen kaum an. Mir ist das so am liebsten, weil mir das Barfußgehen Entspannung, aber keinen Stress bringen soll!!!

--
Kannst sicher sein, daß auch ich ganz einfach und ohne Aufhebens barfuß laufe und stresse weder mich selbst noch andere damit. Allerdings, in 1 Beziehung wäre Anecken schon möglich: Nicht nur, daß ich am liebsten nur noch BF laufen würde, ich habe ein Faible dafür, es an ungewöhnlichen "gesellschaftlichen" Orten zu tun, so wie Michael aus Zofingen vielleicht einmal über einen BF-Trip (+ Badehose u. sonst nichts) von Rußland nach Alaska über die zugefronene Beringstraße berichtet oder Descalzar möglicherweise irgendwo Spaß daran hat, wie Phönix aus der Asche aus einem Meer von Scherben, nichtentgrateten Metallresten etc. barfüßig unversehrt hervorzugehen.
Mit meinem nihilistischen Post wollte ich eigentlich auf etwas anderes hinaus.
Erkläre mir doch einmal expressis verbis, weshalb ein Toter "entehrt" wird, wenn man an seinem Requiem BF teilnimmt (da verstehe ich Alan nicht). Was ist das Besondere an der Feature "BF", weshalb fällt das überhaupt unter die Emotionen-Kategorie "Provokation" und das quantitativ weit mehr als z. B. kurze Hosen, sei´s in der Kirche, in Meetings höherer industrieeller Führungsebenen etc., - selbst (ich glaube sogar insbesondere) wenn die Dimension "Gestank/unhygienisch" aus "gesellschaftlicher Sicht" nicht gegeben wäre?

Weil der heutige "zivilisierte Mensch" von kleinauf aufs Schuhetragen konditioniert ist, kann er allermeist nicht mehr barfuß über Stock und Stein hupfen und ist daher neidisch auf jene, sie es (wieder) könnn. Und weil kaum jeman die Notwendigkeit eines entsprechenden Trainings sieht, sind Barfüßer in der Stadt ein seltener Anblick und erregen bei jenen, die es sehen, insbesondere an ungewöhnlichen Orten zu ungewöhnlicher Zeit (z. B. auf dem Weihnachtmarkt) starke emotionelle Reaktionen, auch wenn diese vielleicht gar nicht gezeigt werden. Die ungewöhnlichste Reaktion habe ich einmal bei einem Winterbarfußtreffen in einer Karlsruher Straßenbahn erlebt: Als eine ältere Italienerin plötzlich mehrere nackte Fußpaare um sich herum bemerkte, bekreuzigte sie sich spontan...

Barfüßige Herbstgrüße,
Markus U.


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion