Richtiger Text: "Zofinger Verhältnisse in Mülhausen" (Hobby? Barfuß! 2)
"Wie bist Du denn da hingekommen? Ist Dir beim Erstellen Deiner Beiträge vielleicht ein Fehler unterlaufen? Immerhin hat der Beitrag "Zofinger Verhältnisse in Mülhausen" den gleichen Inhalt, wie Dein zuvor erstellter Beitrag "Barfußspaziergang durch Mülhausen". Fehlt dadurch ein Beitrag?"
Hallo Ulrich,
wie auch Markus U. schon bemerkt hat:
Der Text "Barfußsparziergang durch Mülhausen" war richtig. Beim Beitrag "Zofinger Verhältnisse in Mülhausen" habe ich versehentlich den selben Text noch einmal reinkopiert, wofür ich mich entschuldige. Zum Glück habe ich den Originaltext des "fehlenden Stückes" noch, und der folgt hier (zum Neuschreiben hätte ich keine Lust gehabt):
Zofinger Verhältnisse in Mülhausen
Samstag, 14.10.2006: Ich war barfuß parallel zur Mülhausener Straßenbahnlinie 1 vom Automuseum durch ein kurzes Stück Straße mit "Hinterhofromantik" gewandert. Vor den Häusern lungerten fremdländische Gestalten. Führten auch die etwas gegen mich im Schilde. Zumindest beäugten die mich argwöhnisch. Einige kleinere Kinder schielten auch um die Ecke, traten dann wieder hervor. Ich ging langsam weiter. Plötzlich verschwanden die älteren Kinder, nur die jüngeren blieben stehen. Ein Polizeifahrzeug kam angefahren. Ich nahm an, das die Jugendlichen wohl irgendwas verbrochen haben und nun die Polizei ihnen auf der Spur war. Würde ich nun Zeuge werden, wie sich kriminelle Jugendliche mit Polizisten prügeln?
Die mit 3 Personen besetzte Bullenschleuder der Stadtpolizei hielt an. Erst jetzt wurde mir klar, daß auch französische Polizisten "Zofinger Charakterzüge" haben können. Nicht die Jugendlichen hatte sich die Polizei als Opfer ausgesucht, sondern mich. Ob sich irgendein besorgter Bürger wegen meiner Barfüßigkeit oder/und meiner im Vergleich zu anderen Leuten geringfügig weniger winterlichen Kleidung Gedanken gemacht hat oder ob sich ein Spießer durch meine Aufmachung bedroht fühlte oder ob die Polizei eigenmächtig gehandelt hat, kann ich nicht sagen.
Der Polizist auf dem Beifahrersitz rief mir irgendetwas auf französisch zu, worauf ich antwortete: "Tut mir leid, ich verstehe kein französisch!" Der Beifahrer, ein Polizist, der kurz vor der Pensionierung stehen dürfte, konnte zum Glück deutsch, während die anderen, ein völlig unsympathischer Mann Mitte 30 als Fahrer und eine relativ junge Frau auf dem Rücksitz kein Wort deutsch sprachen. Der Beifahrer sagte: "Haben Sie keine Schuhe? Keine Hose? Keinen Pullover?" "Schuhe habe ich nicht hier, eine lange Hose auch nicht, nur eine Jacke." "Ziehen Sie sich wärmer an!" befahl er. "NEIN!" sagte ich. "Sie ziehen sich jetzt an. Es ist kalt. So etwas trägt man im Sommer am Strand, nicht hier in der Stadt!" "Ist das denn verboten?" fragte ich. Nach einigem Überlegen sagte er: "Nein, das nicht gerade." Worauf ich entgegnete: "Na bitte. Also haben Sie auch nicht das Recht, mir vorzuschreiben, wann ich was anzuziehen habe. Also ziehe ich dann etwas wärmeres an, wenn es MIR zu kalt ist. Würde ich jetzt etwas wärmeres anziehen, hätte ich, wenn es später kälter wird, keine Kleidungsreserven mehr!" "Wie reden Sie überhaupt, Sie sind hier in Frankreich!"
Das ganze verlief etwas mühsam, da der Beamte es noch seinen Kollegen übersetzte. So konnte ich langsam mitteilen, daß ich aus der Schweiz komme, mit dem Fahrrad angereist war, letzteres in der Nähe des Illbergs abgestellt hätte um von dort zu Fuß durch die Stadt zu wandern, wobei ich auch angab, wo ich überall schon war. Er fragte noch: "Und wieso gehen Sie ohne Schuhe?" "Das ist gesund!" "Im Sommer vielleicht. Haben Sie die Schuhe beim Fahrrad gelassen?" "Nein, zu Hause!" "Soso, ohne Schuhe aus der Schweiz, das geht also auch!"
Erst jetzt wollte er den Ausweis sehen. Um uns herum wurde die Schar an fremdländisch aussehenden Kindern größer. Sie ergötzten sich daran, wie die Polizei mich schikanierte. Es dauerte noch eine Zeit, dann mußte ich einsteigen. Bevor der Wagen abfuhr, sprach der alte Polizist noch ein paar freundliche Worte zu den Kindern und Jugendlichen. Sie winkten, als der Wagen abfuhr.
Man hört ja immer von der Kriminalität der Jugendlichen in Frankreichs Großstädten. Mülhausen als kleine Großstadt im Elsaß wurde nie erwähnt, wohl aber das größere Straßburg. Vielleicht ist Mülhausen vergleichsweise friedlich und Arschtritte wie kurz vorher gegen mich sind schon die Ausnahme. Vielleicht ist es Plan der Stadt unter Bürgermeister Bockel, die fremden Leute zu assimilieren anstatt auszugrenzen. Und vielleicht hat deswegen die Stadtpolizei den Auftrag, freundlich zu den Kindern zu sein, damit diese erkennen, daß die Polizei nicht ihr prinzipieller Feind ist. Aber ob es richtig war, mich in Gegenwart der Kinder abzuführen. Auch mir versuchte man früher beizubringen: Die Polizei tut niemanden was, der artig ist. Die Polizei fängt nur die bösen Leute. Wenn dieses Prinzip auch hier gilt, dann könnten die Kinder ja interpretieren, das Leute, die barfuß sind oder/und sonst wie leicht bekleidet sind, böse Menschen sind, da sie ja mit eigenen Augen gesehen haben, wie ein Barfüßer abgeführt wurde. Das könnte zur Folge haben, daß diese Leute nie den Spaß am Barfußlaufen finden. Und für die rabiateren Leute könnte es ein Grund sein, den "bösen" Barfüßern extra in den Arsch zu treten. Da fällt mir ein ähnlicher Fall ein: In der Schweiz gab es mal eine Aktion, in der die Eltern von kleinen Kindern aufgefordert wurden, ihren Kindern beizubringen, daß sie nie mit fremden Menschen mitgehen sollten. Es könnte ein böser Mensch sein. Und abgebildet war die schwarze Silhouette eines Mannes mit Hut. Worauf sich ein Leserbriefschreiber im Rentenalter bitter beklagte, weil Kinder plötzlich einen Bogen um ihn machten und mit dem Finger auf ihn wiesen. Der Mann war nämlich Hutträger, und die Kinder hatten die Silhouette des "bösen Mannes" auf dem Plakat im Kopf. Wie soll ein Kind auch wissen, daß Bosheit nichts damit zu tun hat, ob man einen Hut trägt oder nicht. Und vielleicht könnten die Mülhausener Kinder nackte Füße als "typische Anzeichen für Bosheit" einprägen.
Ich wurde auf die nicht allzu weit entfernte Wache gefahren, einem Komplex, in dem offensichtlich nicht nur die Stadt-, sondern auch die Bundespolizei untergebracht war. In einem Raum mit vergittertem Fenster mußte ich mich setzen, ab und zu weitere Fragen. Meistens aber stand der "alte Schroter" breitbeinig wie John Wayne im Türrahmen, während in anderen Räumen seine Kollegen telefonisch oder wer weiß wie Auskünfte über mich einzuholen versuchten. Würden sie Kontakt mit der Zofinger Polizei aufnehmen, wo ich ja längst als Barfüßer berüchtigt bin? Oder geht das nicht, weil die Schweiz kein EU-Staat ist. In Frankreich war ich ja noch nie vorher in eine Polizeikontrolle geraten, dafür aber im anderen EU-Staat Deutschland. Die schlechte Laune, die ich nach dem Arschtritt durch jugendliches Gesocks bekommen hatte, war mittlerweile einer gewissen Schadenfreude gewichen. Ich hatte ja nichts getan, was verboten war, nicht einmal in Frankreich. Ich rechnete damit, daß irgendwann Entwarnung kommen würde und ich die Wache verlassen dürfte. Oder daß man mich zum Standplatz meines Velos fahren würde.
Aber es kam ganz anders.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen