Gegen das körpereigene Empfinden (Hobby? Barfuß! 2)

Bernd (Wiesbaden), Stammposter, Sunday, 18.12.2005, 13:59 (vor 6916 Tagen) @ Leo

Ich finde, dieser Beitrag stellt auf plastische Weise sehr gut dar, wie unvernünftig, geradezu schwachsinnig es ist, im Winter (!) in unseren Breitengeraden ohne Schuhe rumzustapfen. _Natürlich_ bringt so etwas oft schmerzhafte Folgen mit sich. Ich kann dieser kalten Jahreszeit ohnehin nichts abgewinnen, wieso also sollte man seine nackten Füße der Kälte bzw. Eis und Schnee aussetzen? Tun es da nicht auch Kneipp-Bäder oder Sauna-Besuche, wenn man sich unbedingt abhärten will?

Bernd

Hallo alle,
als Warnung, das Barfußlaufen im Winter nicht zu übertreiben, hier meine Erfahrung vom Anfang diesen Jahres:
Im kalten München und Umgebung waren meine Füße Barfußlaufen kaum noch gewohnt - mit Ausnahme kurzer Spaziergänge von 30 bis max. 40 Minuten an den raren "warmen" Tagen (über 5 Grad) von der U-Bahnstation auf Umwegen zur Schwimmhalle oder zum Eisstadion. (Die 20m bei jeder Temperatur zur Mülltonne zähle ich hier mal nicht.) Da kam Mitte Januar 2005 ein Wärme-Einbruch: Sonne und Tages-Höchsttemperaturen um 7 Grad. Ich startete so gegen 2 vom S-Bahnhof Solln. Barfuß ging es zunächst an der Bahn entlang und dann runter ins Isartal. Zunächst störte der Split deutlich, doch dann hatte ich mich scheinbar daran gewöhnt. Es war 7 Grad, aber im Schatten lag noch Schneematsch, der doch verdammt kalt war.
Nach einiger Zeit genoß ich die Wanderung: Die Kälte an den Füßen machte mir nichts mehr aus, und die im Sommer sonst immer so unangenehme Passage mit dem spitzen Schotter ca. 1 km entlang der Isar unterhalb der Brücke zwischen Pullach und Grünwald machte erstaunlicherweise kaum Schwierigkeiten: Anstatt wie sonst auf möglichst sanften Pfoten rumzueiern ging ich mühelos einfach zügig darüber. Dann kam eine sehr lange schattige Passage mit Matsch und Eis, in der meine Füße nun doch unangenehm kalt wurden. Ich steigerte das Tempo - insbesondere bergauf zum S-Bahnhof Buchenhain, wo die Wanderung endete.
Als meine Füße auftauten, fingen sie höllisch an zu schmerzen, insbesondere an den beiden unerklärlichen Wunden, die ich mir vollkommen unbemerkt wo auch immer zugezogen hatte: Aus einem Ballen holte ich einen kleinen Split-Splitter raus, womit die Sache dann nach einiger Zeit auch erledigt war. An dem anderen war eine recht tiefe und stark schmerzende Wunde, aber es war kein Fremdkörper zu entdecken.
Nach ca. 1 Woche war ich beim Schwimmen, von der großen Wunde war nur ein winziges Loch geblieben, in das ich nachher vorsichtshalber noch etwas Desinfektionsspray spritzte. Trotzdem fing die Wunde nach 2 Tagen an zu eitern, so dass ich meinen Arzt aufsuchte, der das Loch in der Hornhaut etwas vergrößerte, damit der Eiter abfließen konnte. Jetzt war regelmäßiges Desinfizieren und Fußbäder angesagt.
Schwimmen war mir natürlich nach den Erfahrungen zu gefährlich und ich ging viel Eislaufen. Nach dem Schnüren der Schlittschuhe trat nun aber immer so ein merkwürdiges Druck- und Fremdkörpergefühl auf.
Es war nun ca. 5 bis 6 Wochen nach der folgenschweren Wanderung: Das Fremdkörpergefühl war immer stärker geworden, und das kleine Rest-Loch der Wunde war immer noch nicht verschlossen, sondern wurde komischerweise sogar größer! Als ich der Sache auf den Grund ging, stieß ich mit der Spitze des Taschenmessers auf einen Widerstand. Nach und nach beförderte ich dann ein Steinchen mit einer sehr spitzen Ecke und einem Durchmesser von ca. 4 mm zu Tage, das jetzt immer noch in 2 mm Tiefe lag. Nach dem Entfernen blieb ein recht großes Loch übrig, das bereits vollkommen mit Hornhaut ausgekleidet war. Beim nächsten Mal Eislaufen war das Fremdkörpergefühl dann weg, und das Loch war hinterher ziemlich platt. Die Hornhaut an der Stelle unter dem Steinchen war übrigens knochenhart, wie ich einige Zeit später feststellen konnte.
Ich weiß jetzt auch, was an dem diabetischen Fuß so gefährlich ist - wie beim Barfußlaufen mit durch die Kälte betäubten Füßen: Man spürt keine kleine Verletzung und rennt munter weiter, so dass aus der kleinen dann eine große Verletzung wird, an der man lange Zeit Freude hat...
Gerade Kälteunempfindliche wie mich möchte ich nach dieser Erfahrung warnen, es nicht genau so wie ich zu übertreiben.

Gruß
Leo


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