Barfuß mit der Bahn Zofingen - Penn Station? (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Wednesday, 03.08.2005, 07:59 (vor 6995 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

"Ja, die Unwissenheit mancher US-Bürger ist schon wirklich erschreckend, aber vielleicht interessiert es dich, dass tatsächlich mal eine Eisenbahn nach Amerika geplant war. Sie sollte von der Transsibirischen Eisenbahn abzweigen und nach 5000 km die Behringstraße erreichen, die über verschiedene Inseln und einen 48 km langen Tunnel zu überwinden gewesen wäre. Anschließend sollte nach weiteren 3500 km Vancouver erreicht werden, wo Anschluss an das amerikanische Eisenbahnnetz bestand. Ob man in einem solchen Zug heute barfuß reisen dürfte, weiß ich nicht. Ich habe auch keine Erfahrungen mit russischen Zügen."

Hallo Ulrich,

wie schnell man doch von einem Thema zum anderen kommt. Im Gedanken war ich schon dabei, eine Reiseroute in die USA mit der Bahn auszumalen: Zofingen, Lenzburg, Zürich, St. Gallen, München, Moskau, Behringstraße, Vancouver, New York! Ich schätze, bei der langen Strecke würde selbst der überzeugteste Eisenbahnfan einmal die Nase voll haben, wenn er die ganze Zeit im Zug sitzen müßte. So eine Reise möchte ich nicht einmal geschenkt haben, auch nicht dann, wenn ich an keinerlei Anzugs- und Schuhordnung gebunden bin. Aber eine solche Linie gibt es ja nicht. Selbst wenn es zum Bau und Betrieb gekommen wäre, wäre er garantiert nach dem 2. Weltkrieg zum Erliegen gekommen und nach Ende des kalten Krieges hätte der Russe kein Geld gehabt, den Betrieb wieder aufzunehmen und der eisenbahn- und barfußfeindliche Ami kein Interesse.

Wenn es damals planmäßig zum Bau und Betrieb gekommen wäre, sah es mit der Barfußfeindlichkeit der Amis noch nicht so aus wie heute. Soviel früher lag die Zeit von Tom Sawyer und Huckleberry Finn noch nicht zurück. Beide Jungs liefen doch barfuß, so oft Mark Twain es wollte. Aber: Damals war Barfüßigkeit noch ein Zeichen von Armut und Bahnfahren derart teuer, daß es sich nur reiche Leute leisten konnten. Wer also mit der Bahn reisen konnte, der hatte auch Geld für Schuhe. Und wer Geld für Schuhe hatte, der trug sie auch, um anderen zu zeigen, daß er was besseres war als die, die sich keine leisten konnten. Und wer Geld für Schuhe hatte, sie aber aus Prinzip nicht trug, der wurde gemieden, wenn nicht gar in die Irrenanstalt eingeliefert.

Reisten damals wirklich nur Leute aus der Oberschicht mit der Bahn? Nein! Viele Leute der Oberschicht benötigten ihre Dienerschar gleich mit. Die Diener waren zwar aus heutiger Sicht arm, da sie kaum Geld zur Verfügung hatten und keine Freizeit. Aber barfuß liefen die auch nicht. Denn anhand der Bekleidung der Bediensteten konnten andere erkennen, wie reich die Herrschaft war.

Die ärmsten Leute, die damals Bahn fahren durften waren wohl die Bahnbediensteten selber. Aber auch die liefen nicht barfuß, im Gegenteil: Ein Kondukteur (Angestellter mit Kundenkontakt) mußte natürlich ordentlich gegenüber den reichen Reisenden auftreten, dazu gehörte eine steife Uniform, eine unbequeme Mütze und selbstverständlich äußerst unbequeme Stiefel. Lokführer und Heizer trugen sicher auch Schuhe, da sie zwar keinen direkten Kontakt mit den Reisenden hatten, jedoch immerhin in Sichtweite waren. Ob die Bahnarbeiter, die die Strecke verlegten, barfuß waren oder nicht, kann ich nicht beurteilen. In Deutschland, der Schweiz oder den USA wohl kaum, aber in Indien schon.

Wenn es zum Bau der Strecke mit dem Streifen amerikanischem Land auf russischen Gebiet gekommen wäre, dann wäre das ja amerikanisches Hoheitsgebiet, also Barfußverbot! Wie sich die Russen mit Barfüßern im Zug anstellen, weiß ich nicht.

Sollte es tatsächlich mal eine direkte Bahnverbindung von Zofingen nach New York geben, dann dürfte wohl ein solcher Triebzug [image], wie er auf der Seetalbahn (Luzern-Lenzburg) und auf der Nationalbahn (Zofingen-Lenzburg) eingesetzt wird, ideal sein. Er ist zwar klein, aber wer will denn schon von Zofingen nach New York oder umgekehrt! Dafür hat man eine gute Übersicht, und irgendwie hat man das Gefühl, man befände sich in einer Straßenbahn. Auch wenn eine Straßenbahn auf Eisenbahnschienen weder "Fisch noch Fleisch" sein sollte, wie in diesem Forum bereits behauptet, so haben dieses Triebwagen eines: Sie lassen sich ideal barfuß benutzen. Habe ich schon gemacht, und zwar auf dem Stück Zofingen-Lenzburg. Damals mußte ich noch in Suhr umsteigen. Heute geht das ohne Umsteigen. Vielleicht ist diese Verbesserung bereits der erste Schritt zum durchgängigen Betrieb der Eisenbahnverbindung Zofingen Hauptbahnhof - New York Penn Station. Mit Fahrzeugen mit Schweizer Qualitätsstandard, und ohne Barfußverbot!

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen


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