Übungsfeld (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Tuesday, 21.12.2004, 13:12 (vor 7221 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Hallo Ulrich,

ich kann Markus nur zustimmen: Eine Großstadt ist ein besseres Übungsfeld zum Barfußlaufen als eine Kleinstadt, wo jeder jeden kennt. Wenn man in der Gruppe unterwegs ist, sind die Hemmungen im allgemeinen weniger stark als wenn man allein unterwegs ist. Das gilt allerdings nicht nur für das Barfußlaufen an sich, sondern auch für den "Unfug", den man so treibt. Mir wäre es alleine nicht im Traum eingefallen, nachts die Eisbahn barfuß zu betreten, mit Schuhen aber auch nicht.

In der Gruppe ist die Wahrscheinlichkeit auch geringer, daß man Ärger mit der Obrigkeit bekommt. Das hängt vielleicht damit zusammen, daß man eine barfüßige Gruppe weniger leicht für "hilflos" hält als einen einzelnen Barfüßer. Ein saures Gesicht setze ich aber nicht auf, wenn ich alleine barfuß unterwegs bin. Direkte Fragen einzelner stören mich nicht, dumme Bemerkungen von Jugendlichen kann ich auch verkraften, solange sie nicht in Handgreiflichkeiten ausarten.

Mühe habe ich allerdings noch dann, wenn "Amtspersonen" sich einmischen, obwohl mir bewußt ist, daß diese Würdenträger nicht "per Definition" schlecht sind, sondern nur die schwarzen Schafe unter denen. Vermutlich ist das noch eine Spätfolge eines Erziehungsfehlers. Meine Großmutter pflegte zu sagen, wenn ich unartig war (oder auch nur barfuß oder auf Strümpfen durch die Wohnung mit altem, splittrigem Holzfußboden ging): "Michael, laß das, sonst kommt der Udel (frühere Bezeichnung für einen Hamburger Polizisten) mit dem Gummiknüppel!" Das wirkte. Meine Mutter hat das auch manchmal gesagt, nur sagte sie einfach: "Dann kommt die Polizei!" Früher mußte meine Mutter auch viele Behörden aufsuchen und hat mich mitgenommen, noch heute erinnere ich mich an das Warten in der Schlange. Damals störte mich das Warten gar nicht, als kleines Kind findet man immer etwas, womit man sich beschäftigen konnte (Lichtschalter betätigen, an Heizkörpern drehen, Wasserhähne öffnen usw., jedoch nicht etwa Schuhe ausziehen, was andere Kinder gerne taten). Meine Mutter sagte dann: "Michael, nichts anfassen, sonst wird der Onkel böse!" Da der "Onkel" nicht selten ein gestreßtes Gesicht machte (sicher nicht wegen mir), hat sich bei mir im Unterbewußtsein eine gewisse Abneigung gegen Amtspersonen (und Leute, die die Meinung vertreten: Was ein Beamter amcht, ist IMMER richtig!) eingefressen, die noch heute wirkt, was sich darin äußert, daß ich leicht gereizt reagiere, wenn sich Amtspersonen in mein Leben einmischen, unabhängig davon, ob es mit barfußlaufen zusammen hängt oder nicht.

Vielleicht gelingt es mir auch irgendwann, meine Hemmungen gegenüber Amtspersonen abzulegen, genauso wie ich die Hemmungen beim Barfußlaufen in der Öffentlichkeit weitgehend (aber noch nicht vollständig) abgelegt habe. Vollständig abgelegt hätte ich sie erst, wenn ich genauso fröhlich, wie ich in Düsseldorf war, zu einem Barfußtreffen in Hamburg gereist wäre und zum Übernachten die elterliche Wohnung aufgesucht hätte, ohne die Kleidung auch nur in der geringsten Form abzuändern. Aber bis ich soweit bin, wird noch viel Wasser die Elbe, die Spree, den Rhein, die Wigger hinabfließen.

Mit freundlichen Grüßen

Michael aus Zofingen


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion