Barfuß bzw. leichte Kleidung = Armut? (Hobby? Barfuß! 2)

Bernhard aus HH @, Monday, 20.12.2004, 21:19 (vor 7222 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael,
da hast du den Leuten vom Amt ja eine ordentliche Leseportion zugemutet. Erstaunlich eigentlich, dass es gelesen wurde und du eine Reaktion bekommen hast. Das alles scheint doch zu unterstreichen, dass es ehrliches Bemühen und ehrliche Sorge waren.

Ich sortiere für mich immer genauer, mit wem ich ein ernstes Gespräch führe und wen ich kurz abblitzen lasse. Dabei mache ich sehr häufig die Erfahrung, dass die Menschen im Grunde recht offen sind. Gerade die explodierenden Gesundheitskosten scheinen mir ein Faktor zu sein, der Menschen ins Nachdenken bringt und offener werden läßt. Das nutze ich in Gesprächen gerne als Sprungbrett.

Aktuelle Szene von heute:
Ich hatte heute beruflich in einem Einkaufzentrum zu tun. In einer Arbeitspause trank ich einen Kaffee im Stehen bei einem Bäcker. Plötzlich bekam ich von hinten eine Tafel Schokolade gereicht, mit den Worten "Weil bald Weihnachten ist!" Ich musterte den Herrn und bedankete mich höflich. Ich konnte die Situation nicht sofort einschätzen, sah aber, das es eine edle Tafel Schokolade war und begann ein Gespräch darüber. Da erst sah mich der Mann genauer an. Er stutzte und sagte: "Sie machen das vielleicht sogar das ganze Jahr?" wobei er auf meine Füße sah. Offenaber hatte er vorher nur auf die Füße gesehen und nicht bemerkt, dass der Rest an mir sehr ordentlich gekleidet war. Erst jetzt sah er mich offenbar richtig an. Er hatte wohl verfilzte Haare und kaputte Zähne erwartet und sah nun in ein gepflegtes Männergesicht. Ich erzählte kurz über meine Motive. Er etschuldigte sich halbwegs, indem er sagte, es sein eine sehr hochpreisige Schokolade, er hadele damit. Schließlich ging er noch mal los, holte eine Schachtel Pralinen aus seinem Musterkoffer und schenkte mir diese auch noch mit den Worten: "Wer so gepflegt aussieht wie Sie und dabei barfuß läuft, der hat sich das verdient." Gemeint hat er wohl "... der kann einen erstmal vor den Kopf stoßen." Mir ist bewusst, dass ich das tue und ich nehme es keinem übel. Schade finde ich nur, wenn es nicht zu so wohlgefälligen Auflösungen solcher Situationen kommt, weil ich entweder keine Lust/Zeit/etc auf Gespräche habe, oder weil von der Seite des Erstaunten kein Öffnen stattfindet. Aber der Sonderling bin ich, das ist mir total klar. Da kann und will ich niemandem Vorwerfen, dass er oder sie sich wundert.

Und über Gesprächsanlässe wie den oben beschriebenen freue ich mich nach wie vor. Hast du eigentlich auch solche Erlebnisse? Oder liegt es an meiner noch recht jungen Barfüßigkeit und im nächsten Jahr wird mich jeder nerven, der mich anspricht?

Viele Grüße aus Hamburg,

Bernhard


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