"Die Jungs sind auch nicht mehr das, was sie mal waren! Wir mussten seinerzeit barfuß turnen, wenn man die Turnschuhe "vergessen" hatte (de facto also ein Wahlrecht). Ich denke mal, dass so ein Drittel der Klasse immer sehr "vergesslich" war. Ist allerdings auch schon 100 Jahre her "

Hallo Ralf,
da ich 1975 Abitur machte, liegt meine Schulsportzeit auch schon "fast 100 Jahre" zurück. Ich selber trug grundsätzlich Turnschuhe, barfuß genierte ich mich, was einem "psycholigischen Trick" meiner Eltern zu "verdanken" ist. Es mag verständlich sein, daß Eltern es nicht gerne haben, wenn Kinder auf einem Grundstück, das noch einer Baustelle gleicht, barfuß laufen wegen erhöhter Verletzungsgefahr. Aber sie haben es sich ein bißchen einfach gemacht, indem sie sagten: "Nur böse Kinder laufen barfuß". Zufällig wohnte in der Nachbarschaft ein frecher Junge, der oft barfuß lief. Er war 2 Jahre älter als ich und er verprügelte auch gerne schwächere Kinder. Da ich diesen Jungen nicht zum Vorbild hatte, glaubte ich meinen Eltern und zog immer brav Schuhe an, was noch jahrzehntelang Nachwirkungen zeigte.
Andere Schulkinder turnten barfuß, während der ersten Schuljahre rund ein Viertel, kurz vor dem Abitur keiner mehr. Letzteres liegt vielleicht auch daran, daß zuletzt nur noch Handball und Volleyball gespielt wurde. Was die Geschlechter anbelangte, so war die Zahl der barfüßigen Sportler etwa gleich. Unter den guten Sportlern waren prozentual mehr Barfüßer als unter den schlechten. Andererseits waren Turnschuhe bei Kindern aus "reichen" Familien häufiger als bei Kindern aus "Arbeiterfamilien". Wobei ich jedoch nicht annehme, daß in Arbeiterfamilien das Geld für Turnschuhe nicht vorhanden war. Vermutlich hatten sie nur ein "natürlicheres" Verhältnis zum Barfußlaufen als andere.
Übrigens: Ich stamme eigentlich auch aus einer "Arbeiterfamilie". Meine Mutter stammt jedoch aus einer Hamburger Kaufmannsfamilie, die zwar nicht reich war, aber so tat, als ob sie es wäre. Mein Vater stammt zwar aus einfachen Kreisen. Da jedoch unter seinen Vorfahren etliche Schuhmacher waren und er selber auch diesen Beruf erlernte, ist es in gewisser Weise nachvollziehbar, daß er das Barfußlaufen nicht gerade für das non plus ultra hält.
Mit unsportlichen Grüßen
Michael aus Zofingen