Nicht traurig sein! (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Tuesday, 14.10.2003, 06:58 (vor 7657 Tagen) @ Lotsi

"Deshalb bin ich beim Einzug des Herbstes immer so traurig."

Hallo Lotsi,

Deine Texte haben so etwas poetisches in sich. So etwas lese ich gerne, es ist eine Bereicherung für dieses Forum. Mit Texten, bei denen etwa alles klein geschrieben wird und Satzzeichen ausgelassen werden, habe ich meine Mühe. Meine Texte sind dagegen eher technisch-formal (wie sie bei einem Chemiker und nebenamtlichen Leiter der Firmenbibliothek auch sein müssen), wobei ein Schuß schwarzer Humor nicht fehlt. Meine geschäftlichen Berichte sind ähnlich verfaßt, sie werden von "einfachen" Mitarbeitern gerne gelesen, aber die Herren Direktoren und Hauptabteilungsleiter fühlen sich vera....t!
An Deiner Stelle würde nicht traurig sein, wenn der Herbst kommt. Zwar ist die "Schonzeit" Deiner Schuhe vorbei und sie müssen Dich nicht mehr aus dem Schrank ansehen. Dafür müssen jetzt zu Dir raufsehen, ist das nicht ein Aufsteller. Auch der Herbst hat seine schönen Tage. Ist es nicht herrlich, wenn die Sonne den Nebel besiegt und dann eine Art "Restsommer" über dem Land liegt? Dann kannst Du immer noch Deine Schuhe ausziehen und durch das kühle Gras schweben. Es ist weniger problematisch, mit Schuhen irgendwo anzukommen und sich dann ihrer zu entledigen als irgendwo ohne zu erscheinen und bei Verletzungen keine dabei zu haben. Nicht überall fährt alle 5 Minuten eine Straßenbahn.
Ich selber lebe im Schweizer Mittelland, dieses wird etwa ab Mitte Oktober bis etwa April "vom Nebel verwöhnt". Ein Grund zum Traurigsein? Nein! Nur wenige hundert Meter über mir scheint die Sonne! Das nächste Gebirge, der Jura, ist gut 10 km entfernt. Wenn die Nebelgrenze tief liegt, dann genügt es, wenn ich ca. eine Stunde mit dem Fahrrad fahre, dann das Velo an einem Baum ankette und loswandere. Ein sonniger Tag liegt vor mir, angenehm warm oberhalb der Nebelgrenze. Ist es so tragisch, daß in diesen Gegenden fast alle Wege so konstruiert sind (steinig, Diesteln), daß Schuhe eher praktisch als unpraktisch sind? Für mich ist es immer ein schönes Erlebnis, wenn ich während des dunkleren Jahreshälfte am Wochenende Sonne tanken kann, während in der Woche der Tag eher so aussieht: Im Dunkeln zur Arbeit fahren, während der Arbeit grauer Nebel, im Dunkeln wieder nach Hause. Noch schöner ist es, wenn auch die Temperaturen noch mitmachen (ja das gibt es). Es ist durchaus möglich, im November oberhalb der Nebelgrenze in T-Shirt und kurzen Hosen durch den Schnee zu wandern. Und niemand starrt einen dort an, zumindest dort nicht, wo die "richtigen" Wanderer unter sich sind. Barfuß wäre prinzipiell sicher auch kein Grund, sich darüber aufzuregen (ich habe es noch nie getan). Böse Blicke und fiese Kommentare wegen barer Füße (bei mir in arg strapazierten Turnschuhen) oder blutter Beine sind nur dort zu erwarten, wo sich "Pseudowanderer" teils mit untauglichen Halbschuhen, teils mit Wanderschuhen, die kein bißchen schmutzig sind (d.h. so gut wie nie benutzt werden, außer zum Prahlen), aufhalten, nämlich in unmittelbarer Nähe von Autoparkplätzen, Seilbahnstationen, Bergrestaurants usw. Aber solche Leute sind nicht repräsentativ! Sie gehören nicht in die Berge, sie sind Fremdkörper (die Touristenbranche möge mir diesen Ausdruck verzeihen).
Traurig kann ich jedoch werden, wenn ich gegen Abend wieder aus der Sonne in den Nebel muß. Aber was nützt es. Irgendwann wird es auch in den Bergen dunkel. Und kalt! Da ist man doch manchmal dem Nebel dankbar, daß er extreme nächtliche Kälte im "Tiefland" verhindert.
Ein Blick auf die Wetterkarte: Nächstes Wochenende Nebel, darüber Sonne, Temperatur zwischen 5 und 12°C. Aber wo die Nebelobergrenze liegt weiß ich nicht. Abwarten!
Also: Nicht traurig sein! Der Herbst ist schön. Und: Der nächste Sommer kommt bestimmt!

Mit herbstlichen Grüßen

Michael aus Zofingen


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