So ganz glaub ich´s nicht ... (Hobby? Barfuß! 2)

Lotsi, Tuesday, 14.10.2003, 01:28 (vor 7657 Tagen) @ Christine

Hi Ihr!

Über das viele Lob habe ich mich riesig gefreut! Euch allen herzlichen Dank! Ich hege oft die Befürchtung, etwas naiv drauf los zu plappern und einigen Kitsch abzuliefern (so à la naturliebendes Mädel hüpft jauchzend durch die Welt). Dass dem offenbar nicht so ist, erleichtert mich. Ja, meine Berichte sind aus dem Leben gegriffen - und meine Traurigkeit ist ehrlich empfunden.

Zu Deinen Zweifeln, Christine:
So ganz kann ich Deine Skepsis nicht nachvollziehen. Was genau glaubst Du mir denn nicht? Sicher, ich bin keine Forstarbeiterin, keine Postbotin, auch keine Sennerin im Hochgebirge oder eine Forscherin im tropischen Regenwald (wäre ich aber gerne). Solches habe ich nie behauptet. Ich bin eine (manchmal etwas träge) Studentin, die gerne barfuß durch überaus gemäßigte Breiten läuft, fußunfreundlichen Schotter vornehmlich aus Biergärten kennt und auch sonst lieber unter Bäumen sitzt, als irgendwelche selbstkasteienden Gewaltmärsche zu unternehmen.
Ich habe nie versucht, mich als Hardcore-Barfüßerin zu stilisieren. Schließlich war es gerade in diesem Sommer gar kein Problem, möglichst oft und lange barfuß zu laufen. Es ließ sich wie sonst auch mit meinem Grundsatz vereinbaren, auf missbilligende Blicke meiner Mitbürger zu pfeifen, gleichzeitig aber nicht zu provozieren. Ich zähle auch etwa zu jener Fraktion hier im Forum, die barfüßige Gottesdienstbesuche ablehnt (da wird mir der Lorenz wieder widersprechen; ich erinnere mich an intensive Diskussionen über dieses Thema und auch daran, dass Lorenz' Argumentation sehr überzeugend war. Einzig: Mein Gefühl sträubt sich dagegen, barfuß eine Kirche zu betreten).
Wie auch immer: Da ich noch nicht berufstätig bin, fällt es mir leicht, barfuß zu sein, (fast) wann immer ich es will. Meine privilegierte Situation habe ich schon betont.
Vielleicht liegt das Missverständis hier: Rein körperlich würde es mir wenig ausmachen, auch bei sehr kühlem Wetter draußen barfuß zu sein, und natürlich sind meine Sohlen relativ strapazierfähig. Aber: Es macht mir keine Freude. Es ist eine mentale Barriere. Ich will und muss niemandem beweisen, wie hart ich bin. Am wenigsten mir selber. Barfuß ist ein Gefühl, dass ich mit Wärme verbinde. Deshalb bin ich beim Einzug des Herbstes immer so traurig.
Konnte ich Dich ein wenig überzeugen, Christine?
Würde mich freuen.

Liebe Grüße
Lotsi

Liebe Lotsi!
Also so ganz kann ich Deinen - sprachlich wirklich hübsch gestalteten - Ausführungen nicht folgen. Wenn Du wirklich seit April non-stop barfuß bist (immerhin weitest Du deine Barfußperiode nicht wie andere Damen bis in den März aus und gibst eine Handvoll "Verstöße" zu, die denn doch wahrscheinlich auf sozialen Zwängen beruhten und nicht auf Kälte oder Bodenbeschaffenheit) und dies sogar in freier Natur, dann müßten Deine Füße doch im Prinzip für JEDEN Boden abgehärtet sein. Also Schmerzempfinden kommt schon mal nicht mehr in Frage, in überdachten Einrichtungen wirst Du ohnehin keine Schuhe tragen, bleiben also nur Aufenthalte im Freien. Da Du aber, wie ich mich zu erinnern meine, auch Studentin bist (und nicht Forstarbeiterin oder Briefträgerin), reduziert sich das Problem darauf, ob Du auf dem Weg zur Uni oder zu Deiner Freizeitaktivität lieber bibberst oder Dir Schuhe überziehst. Da Du´s aber offenkundig bis jetzt ohne geschafft hast (und morgens wars doch mitunter der Frostgrenze nah), werden das auch nicht so viele Tage sein, an denen es noch kälter wird ...
Also ganz so traurig sieht´s auch im Winter nicht aus, und wenn Du wirklich im Sommer pausenlos barfuß auf jedem Boden sein kannst, hast Du - denk ich mal - ohnehin den Eignungstest bestanden, der den meisten Nicht-Barfüßer (mich eingeschlossen) unüberwindlich bleibt. Was mich interessieren würde: Was machst Du eigentlich, wenn Du malirgendwo, wo Du gar keine Schueh dabei hast, auf einen wirklich fiesen Schotterweg triffst?
Mit (noch etwas ungläubigen) Grüßen
Christine


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