Habe beim WDR (Hobby? Barfuß! 2)

Michael (wat) @, Saturday, 28.12.2002, 07:07 (vor 7945 Tagen) @ H

Auf der genannten WDR-Seite, die Teil einer allgemeinen Reihe zum Thema "Fitness durch Laufen" ist, steht u.a.:

| Vielleicht denken Sie jetzt: Warum dieser Aufwand? Sogar Weltklasseläufer aus Afrika sind teilweise barfüßig zu Wettkämpfen angetreten, da kann ein Schuh doch gar nicht so wichtig sein! Falsch. Denn jeder, wirklich j e d e r afrikanische Profiläufer bedeckt nach kurzer Exoten-Karriere seine "Arbeitsgeräte" mit HighTech-Schuhen. Denn meist früher als später entdecken die "Natur-Läufer", dass sie mit modernen Sportschuhen besser laufen.

| Für unsere verwöhnten westeuropäischen Füße geht es gar nicht ohne. Uns fehlt Hornhaut an den Sohlen, und viele Mitmenschen müssen sich mit Fußfehlstellungen herumplagen. Seit Generationen stecken unsere Füße in Schuhen und daran haben sie sich gewöhnt. Bei außergewöhnlicher Belastung brauchen unsere Beine Unterstützung.

Ich bin mir bewusst, dass ich voreingenommen und nicht umfassend informiert bin, aber trotzdem ein paar Kommentare dazu:

1. Auf welchen Böden arbeiten afrikanische Profiläufer? Die Spitzenathleten können natürlich von der Teilnahme an nur den größten Veranstaltungen gut leben, der "Normalläufer" wird aber regelmäßig auf kleineren Sportfesten und gesponserten Volksläufen unterwegs sein, um dort bescheidenere Beträge zu erarbeiten.

Kann es sein, dass solche Volksläufe überwiegend so angelegt sind, dass sich die Läuferinnen und Läufer einerseits nicht nur durch schlammige Waldstücke arbeiten müssen und andererseits möglichst häufig vom Publikum und evtl. Kameras gesehen werden können, also möglichst viel auf befestigten Wegen in Orten bzw. auf Sportplätzen laufen werden? Dass ein künstlicher Boden allen Dämpfungsqualitäten des Vorderfußgangs zum Trotz die beim Aufprall Energie verzehrenden Schuhe begünstigt, erscheint mir einsichtig.

2. Bei Fußfehlstellungen ist es sehr gut denkbar, dass Schuhe zum Ausgleich der durch die Fehlstellungen bedingten unnatürlichen Belastungsmuster nützlich sind. Die Frage ist, was ist Ursache und was Wirkung? Wo kommen die Fehlstellungen her? Werden die westeuropäischen Füße von Schuhen am Ende doch nicht so verwöhnt, wie hier impliziert wird?

3. Meines Erachtens wertet die Äußerung, dass uns die Hornhaut fehle, den Text deutlich ab. Es ist einfach ungenau: Hornhaut an den Sohlen ist nicht erstrebenswert, eine flexible Lederhaut dagegen ein großartiger Schutz. Weiterhin wird so als gegeben vorausgesetzt, dass wir uns die schützende Hautschicht, wie auch immer man sie nun nennen mag, als Resultat einer "seit Generationen" andauernden Gewöhnung an Schuhe nicht mehr antrainieren können. Das ist falsch, wie jede/r halbwegs regelmäßige/r Barfußläufer/in hier wird bestätigen können.

4. Es dürfte klar sein, dass bei wirklich außergewöhnlicher Belastung jede Hilfe gut und nützlich ist, die man nur bekommen kann. Nur, was hat das in einem Text über Laufschuhe verloren? Laufen ist doch ein derart grundlegender Akt, dass es - zumindest bei kurzen bis mittleren Distanzen - an sich nicht außergewöhnlich sein sollte. Wie weit führen ein unnatürlicher Boden und unnatürliche Haltungs- und Bewegungsmuster erst zum Entstehen der außergewöhnlichen Situation?

Nachdenkliche Grüße,
Michael


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